Filmkritik "Belle"

Die Schöne und das Biest reloaded

06:16 Minuten
Der Avatar "Belle", ein junges Mädchen mit rosa Haaren, blickt mit aufgerissenen Augen in die Ferne.
Popstar "Belle": Die Netzwelt forscht nach ihrer wahren Identität. © picture alliance / dpa / AP / KSM Anime
Von Anke Leweke · 09.06.2022
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Ein hart vom Schicksal getroffenes Teenagermädchen wird in der virtuellen Welt zum Popstar. Der neue Anime von Mamoru Hosoda zeigt, dass uns Probleme und Ängste überall einholen - in der Realität wie im Cyberspace.

Um was geht es?

Die 17-jährige Suzu lebt mit ihrem Vater in einer ländlichen Gegend. Seit dem Unfalltod der Mutter spricht das einst lebhafte Mädchen kaum noch. Und Suzu kann ihrem liebsten Hobby nicht mehr nachgehen: Beim Singen versagt ihr die Stimme.
Eines Tages legt sie sich einen Account in einer virtuellen Welt namens "U" mit fünf Milliarden Mitgliedern an. Ihr Avatar wird automatisch generiert. Suzu verwandelt sich in Belle, die mit ihrem Gesang zum Star wird.

Außerdem sprachen wir mit der Japanologin Dinah Zank über den preisgekrönten Anime-Film. Für sie ist "Belle" ein poetischer Transfer von "Die Schöne und das Biest" ins digitale Zeitalter.

Ihre Followerzahl explodiert. Die Netzwelt forscht nach ihrer wahren Identität, während Belle sich zu einem monströsen Avatar hingezogen fühlt. Belle ist eine moderne Adaption des klassischen Märchenstoffes „Die Schöne und das Biest“: Zwei verletzte Wesen treffen aufeinander und erkennen einander als Seelenverwandte.

Was ist das Besondere?

Welche Gestalt geben sich junge Menschen in der Cyberwelt? Wie sehen sie sich selbst? Wie erfinden sie sich neu?
Der Animation sind hier keine Grenzen gesetzt. "U" ist ein abgefahrenes, buntes Universum mit Wesen, die man in dieser Fülle noch nie gesehen hat. Sie haben ein rotes und ein blaues Auge, schweben mit Schmetterlingsflügeln durch die Lüfte, oder erinnern an Kaulquappen, tragen barocke Kostüme oder Superheldenoutfits. Sie sind klitzeklein oder gigantisch groß.

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Auf einem Wal mit organischen Lautsprechern gibt Belle ihre Popsongs zum Besten, in Sekundenschnelle kann sie ihre Outfits wechseln. Doch meistens sieht sie aus wie eine Märchenfee mit Haaren, die nicht zu bändigen sind.
Im wirklichen Leben sind Suzus Haare jedoch mausgrau. Während die Szenen im Cyberspace größtenteils am Computer entstanden sind, ist die reale Welt handgezeichnet und ebenfalls mit liebevollen Details ausgestattet.
Die Blätter rauschen im Wind, die Welt spiegelt sich im Fluss wider. Mit Suzu würde man gern die leckeren Speisen in einem japanischen Gasthaus zu sich nehmen. Über all diese eindrücklichen Bilder vergisst der Film aber nicht seine Figuren. Ihr Alltag und ihre Ängste sind präzise skizziert.

Fazit

Auch wenn Hosoda die beiden Welten nicht gegeneinander ausspielt, zeigt er doch die Tücken der sozialen Medien mit ihren Hashtags, Likes und Dislikes. Ob wir uns nun durch das flirrende, schrille U-Universum bewegen oder in Uniform die Schulbank drücken – letztlich holen uns unsere Ängste überall ein.

Mamoru Hosoda: "Belle"
Japan 2021, 122 Minuten
KSM Anime
FSK: ab 12

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