Ben Street / Jay Daniel Wright: „Art Rebel. Vergiss alles, was Erwachsene über Kunst erzählen“
© Seemann Verlag
Eine pupsende Mona Lisa
05:49 Minuten

Ben Street , Jay Daniel Wright (Illustration)
Übersetzt von Alexandra Titze-Grabec
Art Rebel. Vergiss alles, was Erwachsene über Kunst erzählenE.A. Seemann, Leipzig 202280 Seiten
18,00 Euro
Kunst lässt sich witzig, mitreißend und mit viel Spaß vermitteln. Wie das geht, zeigt dieses im besten Sinne respektlose und knallig bunt illustrierte Kinderbuch des britischen Kunsthistorikers Ben Street und des Illustrators Jay Daniel Wright.
Porträt, Akt, Stillleben, Surrealismus, Abstraktion: Kindern zu erklären, was sich hinter diesen Genres der Kunst verbirgt, ist nicht ganz einfach. Zum einen wirken die Begriffe an sich schon abschreckend. Zum anderen braucht es viele Worte, um sie mit Leben zu füllen – oder doch nicht?
Der Kunsthistoriker Ben Street ist da ganz anderer Meinung. Porträts? „Eigentlich nur Bilder von Menschen, nichts zum Fürchten.“ Surrealismus? „Denk an deinen verrücktesten Traum.“ Abstrakte Kunst? „Menschen und Gegenstände sind verboten.“ Akt? „Eine Menge Hintern, Leute. Genau wie Brüste.“
Der Kunsthistoriker Ben Street ist da ganz anderer Meinung. Porträts? „Eigentlich nur Bilder von Menschen, nichts zum Fürchten.“ Surrealismus? „Denk an deinen verrücktesten Traum.“ Abstrakte Kunst? „Menschen und Gegenstände sind verboten.“ Akt? „Eine Menge Hintern, Leute. Genau wie Brüste.“
Witzig, unkompliziert und mitreißend
Witzig, unkompliziert und mitreißend führt der 1978 geborene Brite seit Jahren in die Kunstwelt ein; als Vermittler an der Londoner National Gallery oder am Museum for Modern Art in New York sowie als Autor zahlreicher Sachbücher. Mit dem Illustrator Jay Daniel Wright legt er nun ein inspirierendes und im besten Sinne respektloses Kinderbuch zum Thema vor.
Darin übernehmen die Katze Leo – gekleidet mit Baskenmütze, Jackett, Hose und Turnschuhen – und eine sie begleitende Maus die Führung durch ein imaginäres Museum. Die beiden wandern, turnen und kaspern über 80 Seiten hinweg durch die Kunstgeschichte und beäugen Werke von der Antike bis in die Gegenwart; kapitelweise nach Genre sortiert.
Katze und Maus führen durch das Buch
So werden etwa die Geheimnisse und Besonderheiten der Porträtmalerei erklärt mit Jacques-Louis Davids Bildnis von Napoleon zu Pferd, Thomas Gainsboroughs Darstellung des englischen Komponisten und Schriftstellers Ignatius Sancho oder einem Selbstbildnis Frida Kahlos. Dazu erfährt man, wer zu welcher Zeit gemalt wurde, und wie viel Fake in den meist geschönten Gemälden steckt.
Letzteres wird nicht nur erklärt und mit Instagram-Filtern verglichen, sondern auch köstlich vorgeführt von Katze Leo: Auf einer Trittleiter neben Bonapartes Porträt mimt sie eben die Pose, in der der Sohn des Malers und nicht der Diktator selbst Modell saß.
Jedes Kapitel hat seinen eigenen Charme. Besonders witzig geht es zu bei den Stillleben, die alles andere als still sind, bei den Akten, vor denen sich Leo und die Maus vor Lachen ausschütten, oder in der Surrealismus-Abteilung, in der lustvoll Meret Oppenheims Pelztasse und Salvador Dalis Hummertelefon vorgeführt werden, inklusive Anleitungen und Tipps, es den fantasievollen Künstlerinnen gleichzutun.
Illustrationen geben zusätzliche Informationen
Jay Daniel Wrights Illustrationen passen perfekt zu den Texten. Verspielt um die abgebildeten Meisterwerke arrangiert oder diesen gegenübergestellt, geben sie zusätzliche Informationen und mischen die Seiten aufs Schönste auf.
Etwa wenn sich Katze Leo die Hose an Mona Hatoums einer Reibe ähnelnden Skulptur „Daybed“ aufreißt oder wenn sie analog zu Jeff Koons Werk als „Balloon-Cat“ posiert, wie auch wenn die Maus Clara Peeters „Stillleben mit Käse, Mandeln und Brezeln“ umschwärmt.
Was für ein erfrischendes, lustiges und zugleich wissenspralles Buch! Flapsig, doch nie bemüht witzig. So nehmen Autor und Illustrator der Kunst ihren Ernst, ohne sie zu verraten, sie verstehen, zu begeistern, und laden zum genauen Schauen und Selberdenken ein.