Poesie des Leids
Im Konzertsaal wie in der Kirche hat sich Benjamin Brittens "War Requiem" als ideale Form des Mahnens und Erinnerns an die Kriegsfolgen erwiesen. Charles Dutoit hat das Werk jetzt in Genf beim Orchestre de la Suisse Romande dirigiert.
Am Ende steht, nach allen Schrecken, die Versöhnung: Benjamin Brittens "War Requiem", im Gedenken an die Opfer beider Weltkriege geschrieben, ist das tief bewegende Dokument eines leidenschaftlichen Pazifismus.
Kein anderes chorsinfonisches Werk des 20. Jahrhunderts ist häufiger zu hören als Benjamins Brittens hoch expressive und dabei über weite Strecken dennoch lyrisch-stille Komposition. Er schrieb sie 1962 zur Weihe der neuen Kathedrale von Coventry, die neben der Ruine des alten, von deutschen Bombern im 2. Weltkrieg zerstörten Baues errichtet wurde. Seitdem wird das Requiem weltweit immer wieder gespielt – wie in dieser Aufzeichnung aus Genf, wo der mittlerweile 80-jährige Dirigent Charles Dutoit das Orchestre de la Suisse Romande, die Singakademie Zürich, den Kinderchor des Genfer Konservatoriums und ein exquisites Solistentrio anleitete.
Kein anderes chorsinfonisches Werk des 20. Jahrhunderts ist häufiger zu hören als Benjamins Brittens hoch expressive und dabei über weite Strecken dennoch lyrisch-stille Komposition. Er schrieb sie 1962 zur Weihe der neuen Kathedrale von Coventry, die neben der Ruine des alten, von deutschen Bombern im 2. Weltkrieg zerstörten Baues errichtet wurde. Seitdem wird das Requiem weltweit immer wieder gespielt – wie in dieser Aufzeichnung aus Genf, wo der mittlerweile 80-jährige Dirigent Charles Dutoit das Orchestre de la Suisse Romande, die Singakademie Zürich, den Kinderchor des Genfer Konservatoriums und ein exquisites Solistentrio anleitete.
Dass das rund 90-minütige Werk schon wenige Jahre nach seiner Uraufführung in den festen Kanon der großen Chorsinfonik einging, hat vor allem zwei Gründe. Zum einen fand Britten eine an ihren Höhepunkten geradezu suggestive Klangsprache, die die Hörer in vertrauten Bereichen abholt und dennoch nie antiquarisch wirkt. Sie ist von angespannt-herber Modernität, aber nur an einigen Kulminationspunkten verschreckend schroff, und von einer emphatischen Gefühlstiefe, die ohne jede Sentimentalität auskommt. Leidenschaftliche Anteilnahme am Schicksal der militärischen und zivilen Opfer beider Weltkriege verbindet sich dabei mit verhaltener Skepsis gegenüber bloßen formalisierten Gedenkritualen.
Vor allem aber – und das ist der zweite Grund – blieb Britten nicht in der bloßen mitfühlenden Trauer stehen und baute sein Werk deswegen neben der lateinischen Totenmesse auf Verse Wilfred Owens auf, der selbst 1918 noch eine Woche vor Kriegsende gefallen war, aber in seinen vorher entstandenen Frontgedichten gegen die erlebten Schrecken immer die pazifistische Vision einer Versöhnung über die Schützengräben hinweg beschwor. Dass der Mensch nicht dazu geboren sein kann, seine Schwestern und Brüder zu töten, war in den damaligen Jahren des Kalten Krieges zwischen Ost und West eine brennend aktuelle Botschaft, deren humaner Kern weiter aktuell bleibt.
"Mein Thema ist der Krieg und das Leid des Krieges. Die Poesie liegt im Leid …Alles, was ein Dichter heute tun kann, ist: warnen." Diese Worte des Dichters Wilfred Owen hat Benjamin Britten der Partitur vorangestellt.
Victoria Hall, Genf
Aufzeichnung vom 16. März 2017
Aufzeichnung vom 16. März 2017
Benjamin Britten
"War Requiem” für Soli, gemischten Chor, Knabenchor, Orchester und Orgel op. 66
"War Requiem” für Soli, gemischten Chor, Knabenchor, Orchester und Orgel op. 66
Tatiana Monogarova, Sopran
John-Mark Ainsley, Tenor
Hanno Müller-Brachmann, Bariton
Sing-Akademie Zürich
Kinderchor des Konservatoriums Genf
Orchestre de la Suisse Romande
Leitung: Charles Dutoit
John-Mark Ainsley, Tenor
Hanno Müller-Brachmann, Bariton
Sing-Akademie Zürich
Kinderchor des Konservatoriums Genf
Orchestre de la Suisse Romande
Leitung: Charles Dutoit