Benjamin Moser: "Sontag. Die Biografie"
Aus dem Amerikanischen von Hainer Kober
Penguin Verlag, München 2020
924 Seiten, 40 Euro
"Sie war ein hundertprozentiger Kopfmensch"
14:27 Minuten
„Sie sah aus wie ein Hollywoodstar und schrieb wie eine europäische Intellektuelle." So beschreibt der Autor Benjamin Moser die amerikanische Schriftstellerin Susan Sontag. Moser hat für seine Biografie der US-Publizistin den Pulitzerpreis erhalten.
Susan Sontag ist die wohl berühmteste Intellektuelle der USA. Sontag, Jahrgang 1933, studierte Literatur und Philosophie und veröffentlichte mit 30 Jahren ihren ersten Roman. Ein Jahr später erschienen die Essays "Notes on Camp" und "Against Interpretation" – wodurch sie sozusagen von einem Tag auf den anderen berühmt wurde.
Es habe nichts darauf hingedeutet, dass sie plötzlich so berühmt werden würde, sagt der amerikanische Autor Benjamin Moser. Er hat mit "Sontag" die erste autorisierte Biografie über diese intellektuelle Ikone geschrieben und dafür auch den angesehenen Pulitzerpreis erhalten. Der Band ist jetzt auf Deutsch erschienen und umfasst nahezu 1000 Seiten.
Schreiben über das Tabuthema Homosexualität
Doch Sontag wurde nicht nur berühmt: "Sehr schnell wurde sie kontrovers diskutiert", betont Moser. Das hänge damit zusammen, dass sie über Homosexualität geschrieben habe. "Das war ein absolutes Tabu."
Und so sei sie plötzlich zu einem Symbol für die neue Freiheitsbewegung der 1960er-Jahre geworden, bei der es um die Rechte der Schwarzen in den USA und um Feminismus ging.
Zu ihrem Ruhm habe auch ihre Schönheit beigetragen. "Sie sah aus wie ein Hollywoodstar und schrieb wie eine europäische Intellektuelle." Diese körperliche Schönheit sei ihr aber lange gar nicht bewusst gewesen, erklärt Moser. "Weil sie so ein hundertprozentiger Kopfmensch war."
Ein faszinierendes Leben
Vor dem Buch über Susan Sontag hatte Moser eine Biografie über die brasilianische Schriftstellerin und Intellektuelle Clarice Lispector geschrieben. "Dabei habe ich gemerkt, was diese intellektuellen Frauen für ein faszinierendes Leben haben", sagt Moser. Zugleich sei er aber auch darüber schockiert gewesen, was man alles nicht weiß.
"Und dann war der Gedanke, über die berühmteste amerikanische Intellektuelle zu schreiben, unglaublich verlockend."
(abr)