Thomas Heise / Claas Meyer-Heuer: "Die Macht der Clans: Arabische Großfamilien und ihre kriminellen Imperien"
Spiegel-Buchverlag 2020
350 Seiten, 20 Euro
Zwischen Aufklärung und Klischee
07:12 Minuten
Über Clankriminalität zu berichten, ist ein Drahtseilakt: Allzu schnell kann man in rassistische Stereotype abgleiten oder läuft Gefahr, Kultfiguren zu kreieren. Dass es dennoch geht, zeigt der Journalist Thomas Heise in "Die Macht der Clans".
Clankriminalität ist als Thema seit Jahren virulent, doch viele Medien und Politiker taten sich lange Zeit schwer damit und wollten lieber möglichst gar nicht darüber reden. Zu schmal ist der Grat zwischen Aufklärung und der Gefahr, Klischees und Stereotype über Menschen mit Migrationshintergrund zu verbreiten.
Auseinandersetzung mit Rassismusvorwürfen
Geändert hat sich das dem TV-Journalisten Thomas Heise zufolge eigentlich erst mit der Berichterstattung über die geschäftliche Trennung des Rappers Bushido vom Berliner Clanchef Arafat Abou-Chaker im vorigen Jahr.
"Da hat man dann auch angefangen, breiter über das Thema nachzudenken", sagt er. "Vorher war es immer so ein bisschen Hautgout, keiner wollte über das Thema berichten."
Heise selbst recherchiert mit seinem Spiegel-TV-Kollegen Claas Meyer-Heuer seit 20 Jahren zum Thema und hat jetzt auch ein Buch veröffentlicht: "Die Macht der Clans".
Mit Rassismusvorwürfen Einzelner sei man in diesem Zusammenhang immer noch konfrontiert. "Ich verstehe das auch", sagt Heise. Damit müsse man sich dann auseinandersetzen.
"Man muss natürlich auch immer dazu sagen: Wir berichten über kriminelle Clanstrukturen, wir berichten nicht über alle Familien. Die meisten sind wahrscheinlich ganz brave Bürger."
"Natürlich ist das dann auch irgendwie Kult"
Auch in anderer Hinsicht beinhaltet die Berichterstattung Gefahren, wie Heise einräumt: indem sie die Protagonisten der Clankriminalität in den Augen bestimmter Milieus zu Helden macht.
"Das ist so ein bisschen das Dilemma", sagt der Journalist. "Natürlich ist das dann auch irgendwie Kult und es gibt Dialoge aus unseren Beiträgen, die auf den Straßen von Neukölln nachgesprochen werden. Aber sollen wir deswegen aufhören zu berichten? Das ist ja auch keine Alternative."
(uko)