"Berlin bleibt bunt"

Von Thorsten Bednarz · 16.05.2005
Pfingsten wird in Berlin langsam zum Synonym für den Karneval der Kulturen. Seit zehn Jahren wird der multikulturelle Straßenkarneval im Bezirk Kreuzberg gefeiert und erfreut sich steigernder Beliebtheit. In diesem Jahr tanzten und musizierten rund 100 Gruppen unter dem Beifall von 700.000 Zuschauern.
Veranstaltet wird er von der Werkstatt der Kulturen gemeinsam mit dem Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg. "Berlin bleibt bunt" war das diesjährige Motto in Anspielung auf eine kürzlich an den Berlinern gescheiterte NPD-Demonstration.

Wie viele Veranstaltungen nun genau während des Karnevals der Kulturen beziehungsweise in seinem Umfeld stattfanden, das kann wohl niemand sagen. Immerhin begannen die Berliner und ihre Gäste schon am Donnerstag zu feiern, als das Festival Pop D’Europe in sein neues Domizil umzog und aus diesem Anlass eine große Party veranstaltete und dazu neben Ojos de brujo mit ihrer Mischung aus Flamenco, Hip Hop und elektronischen Dancebeats auch den neuesten Partyexportschlager aus Barcelona eingeladen hatte: Muchachito Bombo Infierno.

Am Wochenende selbst war die musikalisch kulturelle Vielfalt so groß, wie man sie sich nur wünschen beziehungsweise vorstellen kann. Arabisch orientalische Klänge trafen auf Dancehall-Rhythmen aus Jamaika,oder jazzig funkige Blasmusik. Speziell am Samstag waren australische Regenjacken sehr begehrten während das lukullische Angebot so breit gefächert war, das ein elsässischer Flammkuchen schon beinahe wieder exotisch wirkte.

Allerdings hatten die Händler nicht mit dem Wetter gerechnet. Die Preise für den sonst so beliebten Capirinha fielen beinahe stündlich und Glück hatte dabei zum Beispiel ein Verkäufer eines ganz speziellen Maja-Trunkes.

Höhepunkt war natürlich auch in diesem Jahr wieder der Straßenumzug, bei dem gleich die erste Gruppe Afoxe Loni trotz regnerischen Wetters ein wenig Flair des Karnevals in Rio de Janeiro verbreiten konnte.

An die 100 Gruppen nahmen offiziell am Straßenumzug teil, daneben hatten sich viele Berliner kleine bunte Karren und Wägelchen gebastelt und sich einfach zwischen die Gruppen gemogelt. Das Spektrum reichte dabei von professionellen und halbprofessionellen Sambatrommlern bis hin zu reinen Phantasiekreationen einiger Teilnehmer. Die Gruppe Groove etwa hatte ihre Instrumente und ihren Wagen aus cirka 200 ausrangierten Einkaufskörben in monatelanger Bastelarbeit geschaffen und selbst ein Klingonenfanclub hatte sich für den Straßenumzug angemeldet und verbreitete galaktisches Flair!

Zu den heimlichen Favoriten für den Preis der Jury über die beste Gruppe des Straßenumzuges gehörten bei den rund 700.000 Zuschauern an der Strecke die Mitglieder von Sapucaio no Samba, die mit allein über 200 Trommlern angetreten waren. Dazu kamen dann noch Tänzer und Stelzenläufer. Doch der Name täuscht, denn diese Gruppe kam nicht aus Brasilien.

Die Vorbereitung für das nächste Jahr musste dann doch noch ein wenig aufgeschoben werden, als die Jury die diesjährigen Preisträger des Straßenumzugs verkündete.

Schon jetzt, da waren sich die Veranstalter einig, gilt auch der zehnte Karneval der Kulturen trotz der kühlen Witterung als Erfolg. Inoffiziell spricht man inzwischen gar vom größten Volksfest Berlins, seit die Love Parade sich selbst ins Abseits manövrierte, wie der Jurychef des Straßenumzugs Christoph Borkowsky Akhbar kommentierte, bevor er die Unterschiede des Berliner Karnevals zum größten europäischen multikulturellen Karneval, dem Nottinghill Karneval in London, darlegte.

Eine große Berliner Tageszeitung glaubte, einen Paradigmenwechsel verkünden zu müssen - statt Techno Salsa! Ich glaube, so weit sind wir noch nicht.

Der Karneval der Kulturen ist sicherlich einer der großen Karnevals in Europa, in der Unterscheidung zum Nottinghill Karneval ist er viel diversifizierter.

Wir haben ja hier den Senior Carneval Ofiicer in der Jury gehabt … und dadurch alles viel vielfältiger macht.