Depardieu, lange Kleider und die nervige Familie
Während Berlinale-Chef Dieter Kosslick über die FKK-Vergangenheit des Filmfestivals philosophiert, erfreuen wir uns über die Geschichten, die wir erfahren, wenn das Mikro ausgeschaltet ist. Was wir alles in den vergangenen Tagen bei der Berlinale gelernt haben.
1. Eigentlich wollten wir mit irgendwas Lustigem von Schauspieler Gérard Depardieu starten, der für die Premiere von "Saint Amour" angereist war. Es gab aber nicht mehr als einen langweiligen Auftritt mit einer (nicht überraschenden) Liebeserklärung an Wladimir Putin. Erkenntnis: Skandale gibt's nur, wenn man sie nicht braucht. Und sowieso: Laut dem selbsternannten Kino-Experten Harald Martenstein habe Deutschland inzwischen seinen eigenen Gérard Depardieu - und der heißt Lars Edinger.
2. Apropos: Berlinale-Chef Dieter Kosslick lässt nichts auf seine Jury-Mitglieder kommen: Was er dachte, als er Lars Eidingers nackten Hintern sah? "Hoffentlich hat er sich nicht erkältet!", antwortete Kosslick gegenüber Deutschlands größter Boulevardzeitung - und betonte fast stolz: "Es ist ja nicht der erste nackte Hintern auf der Berlinale. Wir hatten mit Bai Ling ja sogar die Berlinackte. Und ich weiß noch, wie Claudia Cardinale vorgefahren ist und zwölf nackte Studenten auf dem Teppich protestierten ..."
3. 482 Minuten. Mehr muss kaum noch gesagt werden über den längsten Wettbewerbsfilm der Berlinale-Geschichte; so viel Gerede allein über die Form hat es im Vorfeld der Premiere gegeben. Durchgehalten haben tatsächlich nur die härtesten:
Und manch einer war froh, gar nicht erst ins Kino gegangen zu sein:
So viel schöneres könne man in acht Stunden erleben, dass es nicht in einen einzigen Tweet passt:
Doch alle diejenigen, die durchhielten, waren begeistert:
4. Apropos Länge: Wir haben nicht nachgemessen - aber Lauriane Sallin, mehr oder weniger bekannt als Miss Schweiz 2016, hat vermutlich gute Chancen auf den Preis in der Kategorie "Längstes Kleid der Berlinale" - gesehen bei der Premiere von Spike Lees Film "Chi-Raq":
5. Filmstars müssen die absurdesten Fragen über sich ergehen lassen. Beispiel? Eine Journalistin aus Kolumbien wollte von Schauspielerin Emma Thompson bei der Pressekonferenz zu "Alone in Berlin" wissen, was sie denn zu der deutschen Anti-Islam-Bewegung Pegida sage - und wie die Position von Großbritannien zu der Flüchtlingspolitik sei. Hallo? Noch mehr skurrile Momente auf Pressekonferenzen hat unser Kollege Holger Hettinger erlebt:
Ach ja - und mit einer Frage ist Filmredakteur Holger Hettinger selbst in einem Fettnäpfchen gelandet - zum Glück zeigte sich Schauspielerin Youn Yuh-jung aber milde:
6. Bewegte Bilder von Deutschlandradio Kultur? Ja, richtig gelesen. Bei der Berlinale war für uns ein kleines Filmteam unterwegs. Und das sieht so aus:
Und so:
7. Ja, Filmfestivals sind anstrengend! Müde sei er, klagte ein Wettbewerbsregisseur, als das Mikrofon nach einem Interview ausgeschaltet war. Doch ihn belaste viel mehr als nur Schlafentzug: Fertig mit den Nerven sei er, weil er neben seiner Filmcrew auch die mit angereiste Familie inklusive Schwiegermutter betreuen müsse. Sein Name wird natürlich, das ist Ehrensache, nicht verraten. Mehr Anekdoten von interessanten Begegnungen gibt's aber hier.
8. Mmmmh, mampf, lecker. Bei der Berlinale inzwischen Tradition: das "Kulinarische Kino". Hier bereiten Spitzenköche ein vom Film inspiriertes Menü vor.
Schön für alle glücklichen Besucher - wir mussten uns meistens mit so etwas begnügen - indisches Fast Food aus Pappbehältern:
9. Seit 1972 ist Erika Rabau die offizielle Fotografin der Berlinale. In diesem Jahr musste sie wegen Krankheit absagen. Die Kollegen schicken ihr zur Aufmunterung einen Foto-Gruß. Auch von hier: Gute Besserung!
10. Es gibt sie noch, die rührenden Momente neben Klatsch und Tratsch. Kameramann Michael Ballhaus erhielt in diesem Jahr den Goldenen Ehrenbären für seine langjährige Verbundenheit mit dem Festival - und sagte bei der Ehrung: "Ich bin ja nur ein Kameramann. Und außerdem habe ich furchtbare Angst, vor Leuten zu reden." Ein vergleichbar schönes Gespräch hatten wir mit ihm bereits zum Festivalbeginn geführt.
Und was wir sonst noch gelernt haben? Das ist hier ("Name-Dropping, Spike Lee und ein CSU-Minister") und hier ("Film-Pannen, Nazi-Vergleiche und nackte Hintern") nachzulesen. Alles andere auf unserem Berlinale-Portal.