Porträt eines unermüdlichen Bildermachers
Die Filmemacherin Laura Israel porträtiert in "Don't Blink – Robert Frank" den weltberühmten Fotografen, der inzwischen 91 Jahre alt ist. Aufgrund der Menge an Material und der schnellen Schnittfolgen bleibt ihr Film aber nur eine Bereicherung für diejenigen, die Frank schon kennen.
Jede Menge Kameras, Foto-Mappen, Briefe, Notizen, Kontaktbögen, Filmrollen. Das Studio von Robert Frank ist voll davon. Auf die Frage, was ein gutes Bild ausmache, antwortet Frank:
"Es muss scharf sein, man sieht die Augen, hoffentlich die Nase, und achte drauf, dass der Mensch lächelt. Sag einfach Cheese.
Natürlich: ein Witz: Denn dieses Klischee vom guten Bild hat Robert Frank von Beginn an gebrochen. "Die besten Fotos entstehen, wenn es keiner mitkriegt", fügt er noch hinzu.
Gesichter interessanter als Landschaften
Gesichter von Menschen haben ihn immer mehr interessiert als Landschaften, deshalb hat er sich darauf konzentriert, ihnen nahe zu kommen. Seine Sympathie haben mehr jene am Rand als die in der Mitte oder weiter oben in der Gesellschaft. Bei einer Hollywood-Premiere fokussiert er nicht den angehimmelten Star, sondern die Fans im Hintergrund. Robert Frank arbeitet intuitiv und ist damit ein Pionier der subjektiven Fotografie.
Da ist jenes Bild, das zur Ikone wurde: New Orleans – Trolley, Mitte der 1950er-Jahre: Menschen in einer Straßenbahn schauen aus dem Fenster: vorn die weißen, hinten die schwarzen. Die Aufnahme wurde schließlich Cover seines berühmten, zuerst 1957 in Frankreich erschienenen Fotobands The Americans.
Neun Monate fuhr Frank dafür – mit einem Stipendium – durch 30 US-Staaten. Die einen lobten seinen sozialdokumentarischen Blick, die anderen urteilten, das sei Amerika aus der Sicht eines freudlosen Mannes:
"Die meisten Kritiker dieser Zeit waren gemein; es hieß: der Typ hasst Amerika, dass er Leute so fotografiert hat. Robert Frank haben diese Reaktionen überrascht. Doch er war froh, dass das Buch letztlich ein Erfolg war. Es dauerte allerdings zehn Jahre."
"Film dagegen lebt immer wieder"
Frank und frei spricht der weltberühmte Fotograf mit Laura Israel über Kommentare wie diese, über Enttäuschungen und Schicksalsschläge. In einem Fernsehinterview von 1984 steht Robert Frank selbst im Bild. Unwirsch und entnervt gibt er zu verstehen, dass er solche Interviews hasst. Am liebsten wolle er aus dem Bild hinausgehen, um es lebendiger zu machen. Und schon verschwindet er für einen Moment. Dem lebendigen Bild vor allem gilt seine Liebe.
Eine Fotografie ist nur eine Erinnerung, Film dagegen lebt immer wieder",
sagt er einmal fast melancholisch, während er eigene Filme anschaut, die auf eine Wand in seinem Studio projiziert werden. Der erste: Pull my Daisy – nach Jack Kerouac, mit Allen Ginsberg als Performer, entsteht 1959. Es ist diese Beat-Generation, der er sich zugehörig fühlt. Er sucht nach dem persönlichen Ausdruck, findet verrückte Perspektiven, schnelle Schnitte. Diese künstlerische Arbeitsweise übernimmt Laura Israel, offenbar in der Hoffnung, so den Geist des Fotografen und Filmemachers am besten zu vermitteln. Sie wechselt von Schwarz-Weiß zur Farbe, verwebt altes, auch dokumentarisches Filmmaterial mit ihren jüngsten Aufnahmen von ihm – in New York und im kanadischen Mabou – zu einer Art Collage, mit Musik seiner früheren Lebensphasen.
Eine Bereicherung für diejenigen, die Robert Frank
Franks Film für die Rolling Stones, Cocksucker Blues, 1972, fand Mick Jagger zwar super: veröffentlichen durfte Frank ihn allerdings nie. Die Stones hatten Angst, dass sie dann nicht mehr in den USA auftreten durften.
Experimentierender Bildermacher
kommentiert Frank heute, während wir immerhin ein paar Szenen daraus sehen.
Auch seine Kinder aus erster Ehe, Pablo und Andrea, hat Robert Frank gefilmt. Diese Erinnerungen gehen besonders nahe, denn beide kamen auf tragische Weise ums Leben. Keep Busy nennt Frank den Film, den er dreht, um mit dem Verlust der Tochter umzugehen. Keep busy, keep going: Mach einfach weiter, um mit dem Schicksal klarzukommen.
Er ist ein unermüdlicher, experimentierender Bildermacher, der sich mit allen Apparaten Techniken ausprobiert, beginnend mit der zweiäugigen Kamera, über die Leica und Polaroid, bis zur Super 8 Kamera und dem 35mm-Film.
Laura Israel beleuchtet in ihrem Porträt sämtliche Facetten des 91 Jahre alten Robert Frank. Doch bleibt ihr Film wegen der schnellen Schnittfolgen, des rasanten Erzähltempos und der Menge an Material eher eine Bereicherung für diejenigen, die Robert Frank schon kennen.
"Don't Blink – Robert Frank" läuft auf der Berlinale in der Sektion "Panorama Dokumente" und ist noch an folgenden Tagen zu sehen:
So 14.02., 20 Uhr (CineStar 7), Mo 15.02., 12 Uhr (CineStar 7), Di 16.02., 17:30 Uhr (Cubix 7), Fr 19.02. 20 Uhr (CineStar 7)