Evas brutale Ehrlichkeit
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Sex vor der Kamera? - Eva hat da kein Problem. Selbstbewusst inszeniert sie ihre vielen Identitäten im Netz. Evas Ehrlichkeit habe ihr bewusst gemacht, wie sehr sie selbst patriarchale Strukturen verinnerlicht habe, erklärt Regisseurin Pia Hellenthal.
Privatsphäre ist für Eva ein Fremdwort. 1992 in Italien geboren, dann nach Berlin gezogen, ist sie ein Digital Native par excellence. Das Internet ist für sie eine Spielwiese für ihre vielen Identitäten. Dazu zählen unter anderem: Sexworker, selbstdiagnostizierte Austistin, Musikerin, Autorin, Feministin und Drogensüchtige auf dem Weg zur Heilung. Über all das spricht Eva freimütig im Internet, selbst beim Sex darf die Kamera dabei sein.
"Sie berichtet mit brutaler Ehrlichkeit über ihr Leben, in einer Ehrlichkeit, in der ich das bislang noch nie erlebt habe", sagt Regisseurin Pia Hellenthal über die Protagonistin ihres Films. Trotzdem sei der Film kein Porträt von Eva.
"Was mich an Eva langfristig interessiert hat, war nicht ihr aufregendes Leben oder ihre schillernde Persönlichkeit, sondern dass sie einen durch ihre Ehrlichkeit auf sich selbst zurückwirft, dass man mit seinen eigenen Moralvorstellungen und Konventionen im Kopf allein zurückgelassen wird."
Eva sei eine Art Projektionsfläche. Jeder Einzelne des Filmteams habe beim Filmemachen seine eigenen Themen an Eva abgearbeitet. "Für mich ist der Film kein persönliches Porträt über Eva, sondern über das, was sie mit mir gemacht hat", erklärt Hellenthal. So sei ihr bewusst geworden, wie sehr sie einen gewissen Frauenhass internalisiert und bestimmte Vorstellungen, mit denen sie aufgewachsen ist, nie hinterfragt habe.
"Wir leben in einer nach wie vor total patriarchalen Struktur, und wenn man als Frau in dieser Struktur aufwächst ist einem zunächst nicht klar, wie sehr bestimmte Dinge in einem schlummern. Wie sehr man auch selber Frauen abwertet – und somit sich selbst."
Durch die Auseinandersetzung mit Eva sei ihr klar geworden, wie sehr ihre eigene Identität als Frau durch ihr Umfeld konstruiert worden sei – aber auch, dass sie diese Konventionen ablegen und ein eigenes Bild von sich kreiiren könne. "Und das ist das, was Eva durch ihren Freigeist schafft."
(mw)