Film als politisches Mittel
Eine Reihe von Diskussionsrunden des "Forum Expanded" bei der Berlinale steht unter dem Titel "Visionary Archives". Hier zeigt sich ganz besonders der politische Kern des Film-Festivals.
Wenn das "Forum" die Risikozone der diesjährigen Berlinale ist, dann überschreitet das "Forum Expanded" vollends die Grenzen zwischen Kino und Kunst: Installationen, Performatives, kritische und reflektierende Projekte zur Filmwelt.
Eine Reihe von Diskussionsrunden steht unter der Überschrift "Visionary Archives": filmische Hinterlassenschaften der sowjetischen Kulturinstitute im Nahen Osten, indonesische Filme aus der Zeit der Militärdiktatur oder nach der Dekolonisierung Nigerias.
Privatfilme auf VHS von der Belagerung Sarajevos
Unser Redakteur Hartwig Vens hat einige davon gesehen. Ein Projekt etwa aus Sarajevo mit dem Titel "Between us": ein Videoarchiv mit Privatfilmen, die während der Belagerung von Sarajevo 1992 bis 1996 von der Bevölkerung auf VHS-Filmen aufgenommen wurden. "Die Menschen erzählen von Angst und Ohnmacht", während im Hintergrund Granaten einschlagen, erklärt Vens. Die Filmemacherin Clarissa Thieme, die an dem Projekt beteiligt ist, beschreibt die Aufnahmen als "radikal subjektive Filme".
"Es wurde ganz deutlich, dass Film ein politisches Mittel im engsten Sinne ist", beschreibt Vens seinen Gesamteindruck. Im Falle des Sarajevo-Projektes seien die Aufnahmen "sogar ein Überlebensmittel" gewesen, da viele Menschen nicht wussten, ob sie den Krieg Anfang in den 1990er-Jahren in Bosnien überleben - oder nur ihre Aufnahmen bleiben.