"Nicht jeder ist Superman oder Superwoman"
Julianne Moore gehört zu den faszinierendsten Schauspielerinnen ihrer Generation. Im Rahmen der Berlinale hat die Oscar-Preisträgerin leicht fiebrig mit uns über ihren neuen Film "Maggie's Plan" und über starke Frauenrollen gesprochen.
"Dont touch me. I am so sorry. It is just a virus. Since friday. It won't go."
Julianne Moore ist krank, Grippe, der Arzt war schon da, sie hat kaum Stimme, greift immer wieder zu einer weißen Porzellantasse vor ihr auf dem Tisch und nimmt kleine Schlückchen heiße Zitrone. Jeder andere hätte das Interview vermutlich abgesagt, sich ins Bett gelegt und auskuriert. Aber nicht Julianne Moore. Viel zu wichtig sind ihr ihre Filme, viel zu wichtig ist ihr ihr Job. Und doch trennt sie ganz klar zwischen der Schauspielerin und der Privatperson Julianne Moore.
"Ich hoffe, dass mein Wesen meine Arbeit nicht beeinflusst. Mein Leben und meine Arbeit sind zwei unterschiedliche Dinge. Als Schauspieler muss man nicht zwangsläufig komisch sein. Natürlich kann man, wenn man denn unbedingt will, aber darüber denke ich eigentlich gar nicht nach. Je älter ich werde, desto mehr möchte ich ich selbst sein."
Kein Unterschied zwischen ernsten und komischen Rollen
Dabei hat die 55-jährige eine beachtliche Filmografie aufzuweisen, schafft spielend den Wechsel zwischen großen Blockbustern wie "Die Tribute von Panem" und kleinen Independentfilmen. Fünf Oscar-Nominierungen bekam sie bisher, einmal hat sie gewonnen. Im letzten Jahr für das Alzheimer-Drama "Still Alice". Die schweren Rollen, die Dramen, sie liegen ihr.
Mit "Freeheld" kommt in wenigen Wochen ein Film ins Kino, der schon wieder so ein Brocken ist. Sie spielt hier Laurel Hester, eine Polizistin aus New Jersey, die an Krebs erkrankt und dafür kämpft, dass ihre Lebensgefährtin ihre Pensionsansprüche übertragen bekommt. Aber sie kann auch anders. In "Maggie's Plan" der auf der Berlinale im Panorama läuft, besticht sie als unterkühlte Ex-Frau in einer Komödie. Zwischen ernsten und komischen Rollen unterscheidet sie nicht.
"Beide haben ganz unterschiedliche Herausforderungen, obwohl man sowohl im Drama als auch in der Komödie nach der Wahrheit sucht. Aber in der Komödie gibt es noch den Stil und Ton. Manchmal finde ich eine Komödie schwieriger, weil ich nie weiß, ob ich wirklich lustig bin. Am Set kann ja keiner lachen, weil es ruhig sein muss. Selbst wenn dann mal einer lacht bin ich mir nie sicher ob es nicht aus Mitleid war."
Dabei ist es genau das, was Julianne Moore nicht nötig hat. Mit ihrer kühlen Leinwandpräsenz, dem fast schon eisigen Blick, den roten Haaren und der blassen Haut passt sie so gar nicht in das Schönheitsideal Hollywoods. Aber gerade das ist es, was sie ausmacht. Und der Fakt, dass sie bei all ihren Figuren nach Tiefe sucht.
"Ich kann nur das tun, was schon da ist"
"Sie müssen gut geschrieben sein. Leute fragen mich oft, was ich spielen will, aber das weiß ich doch nicht. Figuren entstehen doch nur durch eine Erzählung. Ich kann mir meine Charaktere ja nicht aus den Fingern saugen. Viele denken, ich hätte große Freiräume in der Figurenentwicklung, aber das will ich gar nicht. Wenn es keine Geschichte gibt, weiß ich ja nicht die Richtung in die ich mich entwickeln kann. Ich verlasse mich gerne auf die Sprache und die Geschichte. Ich kann nur das tun, was schon da ist. Ich kann mir ja nichts ausdenken."
Auf dem Papier klingt es einfach und doch steckt in Julianne Moores Spiel immer auch etwas Besonderes. Die gerade stattfindende Diskussion über starke Frauenfiguren im Film, hebt sie deswegen auch auf eine andere Ebene.
"Die Leute reden immer über starke Frauenfiguren. Es geht gar nicht darum ob es starke Figuren sind oder nicht. Nicht jeder ist Superman oder Superwoman. Ich suche keine starken Figuren, ich suche überhaupt nach Figuren. Aber ob es im Moment eine Veränderung gibt? Es findet auf jeden Fall eine Konversation darüber statt. Nicht nur in Hollywood. Ich habe vor ein paar Tagen zufällig CNN geguckt. Da gab es eine Diskussion über Frauen in der Unternehmenswelt. Es ging um das Beispiel Norwegen, die Frauenquote und Ausbildungsprojekte für Mädchen. Das Problem betrifft uns alle, es geht also darum, das System als ganzes zu verändern."
Sagt Julianne Moore mit gefühlt 40 Grad Fieber und glühender Stirn. Aber eine Frau wie sie, wirft so schnell eben nichts aus der Bahn.
"Maggie's Plan" ist auf der Berlinale noch an folgenden Terminen zu sehen: Mittwoch, 17.02. (17 Uhr im Cubix 9) und Sonntag, 21.02. (21:30 Uhr im Zoo Palast)