"Mein eigener Geschmack ist völlig irrelevant"
Viermal haben in seiner Amtszeit israelische Filme eine Oscar-Nominierung erhalten. Katriel Schory leitet seit 1999 die israelische Filmförderung und hat es geschafft, unabhängig von den Politikern die Filmförderung von über 250 Filmen zu ermöglichen. Nun bekam er die Berlinale Kamera.
Er ist ein entspannter, freundlicher und bescheidener Preisträger. Im Berliner Theater HAU 2, dass während der Berlinale die Berlinale Talents*) beherbergt, gratulieren junge Frauen Katriel Schory zu seiner Auszeichnung. Er bedankt sich und bleibt auch während des Interviews ungemein gelassen und charmant.
Dienstältester Filmförderer der Welt
Selbst auf meinen Faux-Pas in der Einstiegsfrage er sei ja wahrscheinlich der älteste Filmförderer der Welt, meint er locker:
"Ich bin der am längsten aktive Filmförderer der Welt, ich bin mir aber nicht sicher, auch der Älteste zu sein. Aber das ist völlig okay. Davor war ich 25 Jahre lang Produzent und machte eine Menge Filme.. Und dann als das israelische Kino seinen Tiefpunkt erreicht hatte, fragte man mich von Seiten der israelischen Filmbranche, ob ich meine Produktionsfirma abtreten würde, um den Vorsitz der israelischen Filmförderung zu übernehmen, in der Hoffnung die Kehrtwende einzuleiten..."
Als Katriel Schory zum obersten Filmförderer wurde, hatte das israelische Kino im eigenen Land sein Publikum verloren und kam auf einen mikroskopischen Marktanteil von 0,3 Prozent. Das entsprach 37 000 Besuchern in einem Land mit 10 Millionen Kinobesuchern pro Jahr.
Schon 2005 sahen wieder 1,2 Millionen israelische Zuschauer das eigene Kino. Die Liste der Filme, die Schory gefördert hat, ist lang. Darunter finden sich international renommierte Filme wie "Ajami" oder "Waltz with Bashir", der 2009 einen Golden Globe gewann.
Seinen eigenen Filmgeschmack findet er irrelevant
Fragt man ihn nach Filmtiteln auf die er in seiner langen Amtszeit besonders stolz sei, verweigert er lächelnd die Antwort:
"Nein, es sind wirklich alles meine Söhne. Wissen Sie in all diesen 19 Jahren kennt niemand meinen Filmgeschmack, niemand weiß welche Filme ich mag. Es ist nämlich völlig irrelevant."
Der Erfolg und die Qualität des israelischen Kinos haben viel damit zu tun, wie kritisch sich die israelischen Filmemacher mit ihrem so komplexen, oft widersprüchlichen Land auseinander setzen.
Es gibt kaum Literaturverfilmungen, betont Katriel Schory, viele der Geschichten die Filmemacher erzählen sind persönlich, haben etwas mit der israelischen Gesellschaft zu tun. Man thematisiert den Krieg wie in "Waltz with Bashir" oder "Lebanon", die Probleme zwischen Ultraorthodoxen Juden und der Gesellschaft in "An ihrer Stelle".
Politische Unabgängigkeit der Filmförderung
Und dennoch rufen viele Künstler im Westen wie der britische Filmemacher Ken Loach immer wieder zum kulturellen Boykott gegen Israel auf. Katriel Schory bedauert das und betont die politische Unabhängigkeit seiner Filmförderung die eine NGO, also eine Nicht-Regierungsorganisation ist mit Sitz in Tel Aviv und nicht in Jerusalem.
"Einige Politiker sind definitiv unzufrieden mit einigen Filmen. Aber man muss einfach verstehen, dass es unsere Aufgabe ist, die volle künstlerische Freiheit der Filmemacher zu garantieren. Das israelische Kino und die israelische Kunst ist nicht Teil einer Propagandamaschine irgendeines Landes. Es geht darum, wie sie die Welt sehen und das tun sie auf eine sehr mutige, schonungslose und gewagte Art und Weise. Das macht ihre Stärke aus. Und ich sage es ganz deutlich: Dieses Element der Meinungsfreiheit von Filmemachern in der israelischen Demokratie ist immer noch vorhanden."
Katriel Schory ist stolz auf seine Unabhängigkeit. Er fördert nicht nur die Filmproduktion, sondern auch die Verbreitung des israelischen Kinos auf Festivals weltweit. Er ist kein Politiker aber ein durchaus überzeugender Kulturbotschafter.
Traurige Situation israelischer Filme in der arabischen Welt
Wie aber sieht es mit dem israelischen Film in der arabischen Welt aus?
"Das ist eine sehr traurige Angelegenheit. Aber jeder Film, auch israelisch-palästinensische Filme die ich oft gefördert habe, können in der gesamten arabischen Welt nicht einmal auf Festivals laufen, wenn auch nur ein Euro israelischer Steuerzahler mit dabei ist. Selbst Filme von israelischen Arabern die auf Arabisch gedreht wurden, sind zum Scheitern verurteilt. Kein Fernsehsender, kein Festival zeigt sie. Niemand nimmt ihren Film"
Der erfolgreichste Film der letzten Jahre war eine Komödie über israelische Soldatinnen gedreht von einer Regisseurin. "Zero Motivation" heißt das Werk aus dem Jahr 2014 das sogar zum Festivalhit wurde, obwohl es ja immer heißt, Komödien seien nichts für Festivals.
In Deutschland ist der Film immerhin auf DVD unter dem Titel "Null Motivation - Willkommen in der Armee" erschienen. In Israel sahen 600 000 Zuschauer "Zero Motivation" und Katriel Schory freut sich diebisch über diesen einheimischen Blockbuster.
*) In einer früheren Fassung hatten wir versehentlich die alte Bezeichnung Talent Campus verwendet.