Berliner Anwaltsverein fordert besseren Schutz für bedrohte Opfer-Vertreter

Anwälte, die ähnlichen Bedrohungen wie die türkisch-stämmige Frauenrechtlerin Seyran Ates ausgesetzt sind, müssen besser geschützt werden. Das forderte der Vorsitzende des Berliner Anwaltsvereins, Ulrich Schellenberg, im Deutschlandradio Kultur.
Es sei bekannt, dass Richter auch außerhalb des Gerichtes von der Gegenseite unter Druck gesetzt würden, sagte Schellenberg im Deutschlandradio Kultur. Wenn eine echte Gefahr nachgewiesen werden könne, müsse die Bedrohung "zur Not durch Polizeischutz" abgewendet werden.

Ob ein Personenschutz im Falle Ates von der Innenbehörde abgelehnt oder kein Antrag gestellt worden sei, habe zwar bislang nicht geklärt werden können. Dass jedoch wie bei der türkischstämmigen Anwältin im Nachhinein auf private Sicherheitsdienste verwiesen werde, "ist bei Anwälten nicht akzeptabel". Bei Juristen, die im Bereich gesellschaftlicher Brennpunkte tätig seien, müsse man mehr die auf Sicherheit und weniger auf formale Anforderungen achten.

Die wegen zunehmender Bedrohungen ihrer Mandantinnen aus dem Beruf ausgeschiedene Anwältin Ates ist nach Ansicht Schellenbergs "in dieser Form sicher ein Einzelfall." Im Bereich des Familienrechts komme es jedoch immer wieder zu emotionalen Spannungen, die zur Einschüchterungen von Anwälten und Richtern führe.

Schellenberg erklärte des weiteren, dass der Berliner Anwaltsverein Seyran Ates eine weitere Ausübung ihres Berufs ermöglichen möchte. Gemeinsam mit dem Juristinnen-Bund wolle man für Ates eine Kanzlei suchen, "in der sie in sichereren Strukturen arbeiten kann, als sie es bisher getan hat." Die klaren Stellungnahmen verschiedener Immigrationsverbände und türkischer Gemeinden seien in diesem Zusammenhang zu begrüßen gewesen.

Insgesamt gehe es allerdings weniger um eine Frage des Kulturkreises, sondern darum, dass ein Opfer-Vertreter seinen Beruf verrichten könne ohne dabei Angriffen ausgesetzt zu sein: "Wenn es reicht, eine Anwältin oder einen Anwalt zu bedrohen und er kann seine Arbeit nicht mehr tun, dann sind wir in unserem Rechtsstaat ein ganzes Stück ärmer."