Bitte, warten Sie!
Die Auskunft am Berliner Bürgertelefon mit der Nummer 115 rät Anrufern, "energisch und selbstbewusst" aufzutreten. Der Hinweis macht jedoch wenig Mut. Reguläre Termine für einen neuen Ausweis oder um sich umzumelden, gibt es in Berlin erst wieder im September.
Junge Frau: "Ich brauche meinen Perso ganz dringend. Der ist gestohlen worden, ja aber ich bekomme keinen Termin. Ich war jetzt diese Woche und letzte Woche jeden Tag in einem anderen Bürgeramt in Berlin und jedes Mal ist mir gesagt worden, es ist kein Notfall. Aber es ist ein Notfall."
Was ist ein Notfall? 20 Minuten vor Öffnung des Bürgeramts in Berlin-Pankow stehen müde Berliner in einer langen Schlange und warten – in der Hoffnung, dass ihr Fall ein Notfall ist und sie deshalb einen Termin bekommen in den völlig überlasteten Berliner Behörden.
Frau: "Ja, es ist unorganisiert, chaotisch, unterbesetzt. Ich bin zum Glück nicht öfter auf Ämtern in Berlin, würde das nicht aushalten – würde schon aufgrund dessen schon aus Berlin wegziehen, weil das ist kein Zustand."
Frau: "Ja, es ist unorganisiert, chaotisch, unterbesetzt. Ich bin zum Glück nicht öfter auf Ämtern in Berlin, würde das nicht aushalten – würde schon aufgrund dessen schon aus Berlin wegziehen, weil das ist kein Zustand."
Online zu buchen ist aussichtslos
Seit Stunden stehen sie hier an, nur ein Kleinkind traut sich hemmungslos zu quengeln. Regulär einen Termin online zu buchen ist aussichtslos. Egal welcher Berliner Stadtbezirk – bis Anfang September ist alles voll:
Student: "Ich habe leider keine Zeit mehr bis September zu warten, meinen Perso und meinen Reisepass zu beantragen, denn sollte ich das nicht langsam erledigen, kriege ich eine sehr hohe Strafe und das ist für mich als Student – nen paar tausend Euro zu zahlen, dafür dass ich Pass nicht erneuert habe – ziemlich gaga."
Der Student Lukas Eicher hat nur eine Chance: er braucht einen Notfalltermin – das hat man ihm am Bürgertelefon gesagt: Und das bedeutet anstehen. Er hat es schon mehrfach versucht, heute ist er gut eineinhalb Stunden eher gekommen. Endlich darf er am Infoschalter vorsprechen:
Student: "Ich habe leider keine Zeit mehr bis September zu warten, meinen Perso und meinen Reisepass zu beantragen, denn sollte ich das nicht langsam erledigen, kriege ich eine sehr hohe Strafe und das ist für mich als Student – nen paar tausend Euro zu zahlen, dafür dass ich Pass nicht erneuert habe – ziemlich gaga."
Der Student Lukas Eicher hat nur eine Chance: er braucht einen Notfalltermin – das hat man ihm am Bürgertelefon gesagt: Und das bedeutet anstehen. Er hat es schon mehrfach versucht, heute ist er gut eineinhalb Stunden eher gekommen. Endlich darf er am Infoschalter vorsprechen:
"Ich wollte meinen Perso verlängern lassen. / Termin haben Sie aber nicht? / Nee. / Na ja, sehr viel haben wir heute nicht, sind sehr schnell weg. Ich habe noch einen Termin um 11:24 Uhr. / Das wäre super..."
Lukas Eicher schaut auf den Zettel mit der sechsstelligen Wartenummer wie auf einen Lottogewinn – ein Termin für denselben Tag, und das schon in gut einer Stunde.
"Und ich müsst eigentlich auch noch meine Karre ummelden, kann ich auch vergessen, dass ich das heute schaffe. Also, ich darf wahrscheinlich noch zweimal um diese Uhrzeit eine Stunde vorher hier stehen."
Sechs Wochen Wartezeit
In den Berliner Zulassungsstellen ist die Situation genauso schlimm – sechs Wochen Wartezeit, um ein neues Auto oder Motorrad anzumelden.
Die Berliner Verwaltung ist ineffizient, so schimpfen die Bürger, aber vor allem ist sie hoffnungslos unterbesetzt. Auch die Mitarbeiter sind genervt, weil sie wie am Fließband arbeiten:
"Sagen wir mal so: Ich bin nett und freundlich, erwarte von meinem Gegenüber das Gleiche. Aber wenn der pampig kommt, stelle ich mich darauf ein. Hier geht es ja noch bei uns am Platz. Aber an der Information – da bekommt man geballt alles ab. Also einmal die Woche sind wir an der Info tätig, wir wechseln durch."
"Sagen wir mal so: Ich bin nett und freundlich, erwarte von meinem Gegenüber das Gleiche. Aber wenn der pampig kommt, stelle ich mich darauf ein. Hier geht es ja noch bei uns am Platz. Aber an der Information – da bekommt man geballt alles ab. Also einmal die Woche sind wir an der Info tätig, wir wechseln durch."
Offiziell heißt es, das Chaos liege am rasanten Wachstum Berlins. 14 Tage ist der gesetzliche Anspruch, den Bürger für einen Termin beim Amt haben. Berlin verfehlt ihn um ganze sechs Wochen. In den Warteschlangen vor den Ämtern stehen inzwischen früh morgens Menschen, die Termine zum Kauf anbieten. Schwarzhandel, die Senatsverwaltung für Inneres musste zugeben, dass es das gibt, in Berlin.
Am Infoschalter verzweifelt eine junge Frau. Ihr Ausweis wurde gestohlen, sie will aber schon bald nach Bulgarien reisen. Sie zeigt ihre Buchung im Handy: Ob das für einen Notfalltermin reicht?
31 neue Stellen wurden den Berliner Ämtern vergangenes Jahr versprochen – die Besetzung zieht sich aber mindestens über sechs Monate hin. Auch die Mitarbeiter wundern sich:
Mitarbeiter: "Warum der Bedarf so hoch ist, dass wir vorfristig so lange ausgebucht sind, kann keiner mehr nachvollziehen. Das entzieht sich auch unserer Kenntnis."
Mitarbeiter: "Warum der Bedarf so hoch ist, dass wir vorfristig so lange ausgebucht sind, kann keiner mehr nachvollziehen. Das entzieht sich auch unserer Kenntnis."
Die Reise nach Bulgarien ist vorerst kein Notfall. Der Flug geht erst in einer Woche. Noch viel Zeit zum Warten.