Berliner Musiker Romano

Verwirrspiel aus Köpenick

Der Musiker Romano alias Roman Geike beim Melt-Festival im Jahr 2015.
Der Musiker Romano alias Roman Geike beim Melt-Festival im Sommer 2015. © imago/STAR-MEDIA
Von Gesine Kühne |
Roman Geike alias Romano möchte sich nicht festlegen: Der Berliner Musiker singt an einem Abend Schlager, am nächsten rappt er im Club. Und auch Heavy Metal ist ihm nicht fremd. Ein Porträt.
Goldglänzende Collegejacke, zwei geflochtene Zöpfe, krause Lippe. In einer Betonwüste aus grauen Plattenbauten ist er die Fata Morgana eines blonden Großstadtindianers.
"Ich bin der MC Ramon oder auch Cornerboy genannt. Cornerboy, der Eckensteher, der überall in seiner Gegend aktiv ist."
Aktuell nennt sich Roman Geike, wie der Musiker wirklich heißt, Romano. Leicht sperrig rappt er, aber nicht wie seine Gangster-Kollegen über schicke Autos oder willige Frauen, sondern über die Kutte – das Wahrzeichen eines jeden echten Heavy-Metal-Fans. Rap? Metal? Was denn nun?
Die Verwirrung wird komplett, kennt man Geikes gesamtes Musikrepertoire.
Ab und zu verzückt der 38-jährige Berliner nämlich auch noch schunkelnde Schlagerfans. Dann mit offenen Haaren, einem gebügelten Hemd mit Rüschenkragen und Stoffhosen.
Zungenakrobatik trifft auf Schmalz
Bei Roman Geike trifft Zungenakrobatik auf Schmalz, Rap auf Schlager, Zöpfe auf Kutte. Sein Publikum rollt angesichts dieser kruden Mischung schon mal die Augen. MC Ramon beziehungsweise Romano aber liebt seine uneindeutige Welt:
"Ich weiß noch, als ich klein war. Mein Vater hatte mich auf dem Rücken gehabt und ich habe mit dem Mund so 'ksch, peh, ksch, peh' gemacht. Das war rhythmisch irgendwie geil und ich kannte damals die Beatbox noch gar nicht. Dazu kam – als Gegenstück – dass meine Mutter gerne RIAS mit dem alten Ami Rik De Lisle gehört hat und bei mir das Streben nach der Schlagerfigur 'Romano' entstanden ist."
Aufgewachsen ist Roman Geike in Ost-Berlin, in einer Art kulturellem Vakuum. Erst als Teenager Anfang der 90er hört er von Hip Hop. Ein junger Typ in weiten Jeanshosen und frischen, weißen Turnschuhen beeindruckt ihn. Der erzählt ihm von Rap und empfiehlt die Hip-Hop-Formation "Public Enemy".
"Ich hab gemerkt, dass es ein Rhythmus ist, den ich cool finde. Ich habe mich dann aber eher in Richtung Westküste entwickelt. Der Sound war smoother, mehr zum abgrooven, das fand ich spannender für mich."
Nicht alles gleich cool, aber alles interessant
Und was macht man, wenn man auf einmal Hip Hop im Herzen hat? Ein Roman Geike jedenfalls nicht das naheliegende: er geht lieber in eine Rockband – und lernt schon bald Jan Driver kennen, einen Produzenten für elektronische Musik.
"Jan sollte damals einen Remix machen, aber der Remix war nicht so prickelnd. Als ich auf dem Klo so vor mich hin sang, hörte das Jan und hat meine Stimme einfach mal auf den Remix gelegt. So entstand die Parallelwelt des Schlagers."
Ein Zufall. Doch keiner, der sich falsch anfühlt, jedenfalls nicht in einer Welt, in der nicht alles gleich cool, aber alles interessant ist.
"Hättest du mir vorher gesagt, du machst irgendwann mal Schlager, hätte ich empört gesagt, was soll denn das. Aber da es durch einen spaßigen, schönen Moment mit Freunden entstanden ist... Ick liebe dit. Dit is ein Teil von mir. Und die elektronische Musik mit Sprechgesang ist einfach ein schöner Ausgleich dazu."
Tausendsassa oder Hans Dampf in allen Gassen? Letztlich ist das Bedienen vieler Sparten ein modernes Phänomen. Roman Geike aka MC Ramon aka Romano ist wie ein menschgewordener Streamingdienst. Metal und Techno, Rap und Schlager, alles ist erlaubt, sein Markenzeichen ist, dass er sich auf kein Markenzeichen festlegen will. Geike verstellt sich nicht, nur um einen bestimmten Markt zu bedienen. Zwar wechselt er seine musikalische Identität genauso schnell und oft wie seine glänzenden Collegejacken. Aber nicht, um damit reich und berühmt zu werden. Er sei einfach nur ein...
"Lebenskünstler und leidenschaftlicher Sänger und Entertainer. Ich probiere Freude in die Welt zu bringen."