Kirill Petrenko wird neuer Chefdirigent
Der russische Dirigent Kirill Petrenko wird der Nachfolger von Simon Rattle bei den Berliner Philharmonikern. Das Orchester wählte seinen künftigen Chefdirigenten in einer geheimen Sitzung.
Das Orchester habe den 43-Jährigen zum Nachfolger von Sir Simon Rattle gewählt, teilten die Berliner Philharmoniker in einer Pressekonferenz und per Twitter mit. Rattles Vertrag endet 2018, Kirill Petrenko ist noch als Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper tätig.
Herzlichen Glückwunsch, Kirill Petrenko! Die @BerlinPhil-Musiker haben ihren nächsten Chefdirigenten gewählt. Mehr @ http://t.co/LXAzxyjNa0— Berlin Philharmonic (@BerlinPhil) 22. Juni 2015
Auf der Internetseite der Berliner Philharmoniker ist von einer "zukunftsweisenden Entscheidung" die Rede. Kirill Petrenko wird dort mit folgenden Worten zitiert:
"Ich werde meine ganze Kraft mobilisieren, diesem außergewöhnlichen Orchester ein würdiger Leiter zu sein und bin mir auch der Verantwortung und der hohen Erwartungen bewusst. Vor allem erhoffe ich aber vom gemeinsamen Musizieren viele Momente des künstlerischen Glücks, die unsere harte Arbeit belohnen und unser Künstlerleben mit Sinn erfüllen sollen."
Im "Kompressor" erklärte Musikjournalist Uwe Friedrich, warum die Entscheidung plötzlich so schnell ging. Außerdem beschrieb er die Stimmung der Berliner Philharmoniker und anderer Orchester. "Einig sind sich Orchestermusiker nie", sagte er und und betonte, das Spannende an Orchestern sei, "dass die sich in aller Regel überhaupt nicht lieb haben, aber sich im Konzert zusammenraufen, auch wenn sonst die Messer auf dem Tisch liegen." Von der musikalischen Qualität Petrenkos seien alle Orchestermitglieder begeistert gewesen, die Einwände seien eher praktischer Natur gewesen. Manche bemängelten, dass er als menschenscheu gilt und die Philharmoniker noch nicht oft genug dirigiert habe.
Nicht die erste Zusammenarbeit mit den Philharmonikern
Kirill Petrenko hat neben seinen vielen Arbeiten an internationalen Opernhäusern unter anderem das Cleveland Orchestra, das Bayerische Staatsorchester und das London Philharmonic Orchestra dirigiert.
Der 1972 in Omsk geborene Musiker unterschrieb zur Spielzeit 2013/2014 einen Vertrag als Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper in München. Von 2002 bis 2007 arbeitete er in derselben Funktion bei der Komischen Oper Berlin. Zuletzt dirigierte Petrenko in München die Inszenierung von Alban Bergs "Lulu". Opernkritikerin Franziska Stürz sagte nach der Premiere im Deutschlandradio Kultur: "Das ist in den Orchester- Zwischenspielen ein Genuss."
Die Berliner Philharmoniker hatten sich bereits vor knapp sechs Wochen erstmals zur Wahl eines Dirigenten getroffen. Damals galt Christian Thielemann als einer der Favoriten, die Modernisten innerhalb des Orchesters entschieden sich aber gegen ihn. Der Musikkritiker Uwe Friedrich sprach im Deutschlandradio Kultur damals vom "Ende der Hoffnungen von Christian Thielemann als Chefdirigent".
Die Wahl eines Chefdirigenten durch die Musiker selbst ist weltweit einmalig. Entstanden ist dieses Streben nach Unabhängigkeit nach schlechten Erfahrungen der Berliner Philharmoniker mit einem Chef. Olaf Wilhelmer sieht in dem Vorgang sogar Ähnlichkeiten zur Papstwahl.