Der Bau wächst, die Nutzung bleibt unklar
Das Land Berlin will mit seiner Zentral- und Landesbibliothek aus dem Humboldtforum aussteigen. Was heißt das für die Nutzung? Muss alles von vorn geplant werden? Und warum erfährt das Projekt "Berliner Schloss" so wenig Unterstützung aus der Politik?
Berlin will sich seinen Ausstieg in blankem Geld versilbern lassen. 83 Millionen Euro soll der Bund dem Land Berlin zahlen – davon allein 51 Millionen für das Grundstück, das Berlin einbringen wollte. "Unanständig!" schimpft Wolfgang Brauer, kulturpolitischer Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus. Schließlich habe Berlin das Grundstück damals unentgeltlich für das Projekt zur Verfügung gestellt. Dieses "Pferdehändlergebaren" sei unangemessen und peinlich.
Auch Bundeskulturministerin Monika Grütters wies die Forderungen als überzogen zurück. Doch hinter den Kulissen würden weiter Gespräche geführt, wie Brauer bestätigte. Für Ulle Schauws, Obfrau der Grünenfraktion im Kulturausschuss des Bundestages, bringt die Situation ein grundsätzliches Problem zutage:
"Also wenn man sich den gesunden Menschenverstand mal zunutze macht, kann man sagen, es ist nicht schlecht, wenn Berlin aussteigt, bei dem Chaos, was mit dem Flughafen passiert ist, auf der anderen Seite ist es aber auch kein Segen, weil der Bund ja auch kein Konzept hat. Wenn sich die zentrale Landesbibliothek Berlin jetzt nicht mehr als Bestandteil des Humboldtforums herausstellt, dann sehen wir da im Moment auch einen ganz dringenden Handlungsbedarf."
Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat Interesse an mehr Fläche
Also alles von vorn? Die Grünen haben deswegen im Bundestag eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz macht keinen Hehl daraus, dass sie durchaus Verwendung für die 4000 Quadratmeter Fläche - in bester Lage, im ersten Obergeschoss - hätte. Er könne sich vorstellen, sagte Stiftungspräsident Hermann Parzinger, dort die Sammlung des Museums Europäischer Kulturen unterzubringen.
Doch der Bau ist schon weit fortgeschritten, Umplanungen zu diesem Zeitpunkt würden unkalkulierbare Kostensteigerungen bedeuten. Manfred Rettig, Vorstand der "Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum" und oberster Schlossbauherr hat daher schon mit Rücktritt gedroht, sollte die ZLB nun doch nicht ins Forum einziehen. Der Schweizer Kurator und Kulturmanager Martin Heller wurde vor vier Jahren noch vom damaligen Kulturstaatsminister Bernd Neumann mit der konzeptuellen Planung des Humboldtforums betraut. Er wünscht sich vor allem endlich Planungssicherheit.
"Stellen Sie sich vor, niemand von uns versucht nur seinen eigenen Teil zu planen, sondern, wir alle haben das Gefühl wir möchten ein Ganzes schaffen, wir möchten die Dinge aufeinander abstimmen, und wenn dann mitten im Kern, im ersten Geschoss ein Stein da herausbricht, oder wackelt, dann ist das für alle Beteiligten nicht lustig."
Das bisherige Konzept bleibt noch immer nebulös
Doch werden sich der Bund und Berlin nicht handelseinig, dann bleibt es beim bisherigen Konzept. Und das bleibt für viele trotz zahlreicher Erklärungsversuche nebulös. Ein Ort der Begegnung Europas mit den außereuropäische Kulturen soll das Humboldtforum werden – dazu ziehen die Sammlungen des Ethnologische Museums und des Museums für Asiatische Kunst aus Dahlem ins Gebäude. Kern und Herz des Humboldtforums aber sollen die Eingangshalle und die Flächen im Erdgeschoss sein.
Hier soll es interaktiv und multimedial zugehen, ein Auditorium und ein Bühnensaal Raum für Veranstaltungen bieten, statt musealer Präsentation soll der Bezug zur Gegenwart und zum Alltagserleben der Besucher hergestellt werden. Die Zentral- und Landesbibliothek will zusätzlich zur Bereitstellung von ausgewählten Buchbeständen mit einer "Welt der Sprachen" aufwarten – einer interaktiven Ausstellung zum Thema Sprache und Identität.
Falls die ZLB wegfiele, fordert Heller, solle die Lücke nicht mit einem weiteren Museum aufgefüllt werden, sondern die Chance genutzt werden für etwas stärker Gegenwartsbezogenes – im Sinne der eigentlichen Idee des Humboldtforums. In der Öffentlichkeit werde unterschätzt, dass ein solches Projekt im Herzen Berlins nur als auch politische Institution funktionieren könne. Er beklagt fehlende Unterstützung aus der Politik für das Humboldtforum.
"Mir geht es um die Inhalte. Es ist nicht bloß ein schönes Kulturprojekt. Es war ein politischer Entscheid, hier das Schloss zu bauen, und dieser politische Entscheid hat impliziert, dass dieses Humboldtforum nicht nur ein Museum Plus sein soll, sondern etwas anderes. Aber dieses Bekenntnis dafür, das spüre ich im Moment nicht."