Berliner Staatsoper

Schwere Planungsfehler bei der Sanierung

Die Berliner Staatsoper Unter den Linden ist noch immer eine Baustelle.
Die Berliner Staatsoper Unter den Linden ist noch immer eine Baustelle. © dpa / picture alliance / Rainer Jensen
Von Susanne Arlt |
Der internationale Flughafen BER ist nicht das einzige Bauprojekt der Hauptstadt, das schief läuft. Die Sanierung der Staatsoper Unter den Linden gestaltet sich ebenfalls schwierig. Sie kostet bereits 160 Millionen Euro mehr als veranschlagt, die Umbauzeit hat sich von drei auf sieben Jahre erhöht. Eröffnungstermin ist der 3.10.2017 - doch ob der gehalten werden kann, weiß niemand.
"Also hier das Opernhaus, unterirdisches Bauwerk, gehen wir gleich durch, Probenzentrum gehen wir gleich rein und dieses Gebäude, die Intendanz …"
Kristina Keinemann von der Senatsbauverwaltung erklärt den gut 30 Gästen aus Finnland, was sie in den kommenden 45 Minuten auf der größten Kultur-Baustelle Berlins zu sehen bekommen. Die meisten von ihnen sind Architekten oder Ingenieure und vor allem auf Sanierung, Instandsetzung und Denkmalpflege spezialisiert, erklärt ihr Dolmetscher Mikael Merenmies. Da versteht es sich von selbst, dass auf ihrem Berlinprogramm ein Besuch dieses klassizistischen Baus ansteht.

Das Ziel: ein Haus auf Weltniveau

Die denkmalgerecht sanierte Staatsoper soll ein Haus auf Weltniveau werden. Auf hohem Niveau sind erst einmal aber nur die Kosten und die Dauer der Sanierung. Die Oper Unter den Linden wird nicht, wie ursprünglich veranschlagt, 239 Millionen Euro kosten, auch nicht, wie später anvisiert, 288, sondern aller Voraussicht nach 400 Millionen Euro. Und sie wird nicht nach dreieinhalb Jahren Bauzeit fertig, auch nicht nach fünf, sondern voraussichtlich erst nach sieben Jahren. Diese Details erwähnt Kristina Keinemann aber nicht, als sie ihre Gäste zuerst in das Nachbargebäude der Staatsoper führt.
"Das ist eben die einzige moderne Fassade vom Probenzentrum, die konnte gebaut werden, weil das von außen nicht einsehbar ist und hier die anderen Fassaden, die wurden eben denkmalgerecht so wieder hergerichtet, wie sie mal in den 50er Jahren also mit den Farben …"
Denkmalgerecht. Eine der Prämissen, die am Ende die Kosten in die Höhe und die Bauzeit in die Länge trieben. Aber beginnen wir chronologisch.
Bauen im Bestand setzt vor allem eine genaue Analyse des Gebäudes, vor allem der Bausubstanz voraus. Die Berliner Politik ist dafür bekannt, Bauregeln nicht so gerne einzuhalten. Vor allem dann nicht, wenn es schnell gehen muss. Und das sollte es bei der Sanierung der Staatsoper. Denn man hatte Sorge, dass die Zuschauerzahlen nachließen, sollte man zulange im Exil im Schillertheater bleiben. Eine verständliche Sorge, meint Wolfgang Brauer, kulturpolitischer Sprecher der Linken und Vorsitzender des Untersuchungsausschusses Staatsoper. Doch was dann folgte, sei ein dilettantischer Bau-Akt gewesen.
"Man räumte die Stühle raus und fing an mit der Baustelle. Ohne abgeschlossene Bauplanung, ohne solide Bauwerksanalyse, ohne solide Bestandsanalyse und das fiel dann natürlich auf die Füße. Man hatte die Vision entwickelt, dass man baubegleitend planen kann. Und das ist die eigentliche Katastrophe gewesen."

Drama in drei Akten

Aber warum diese Eile? Die Sanierung der Staatsoper - ein Drama in drei Akten. Beginnen wir mit der Ouvertüre. Konsens war: Das Opernhaus bedarf dringend einer Generalsanierung. In den 80er Jahren war es nur technisch überholt worden, aus Geldnot war die Bausubstanz nicht angetastet worden. Aber die hatte es in sich. Errichtet vor mehr als 250 Jahren auf wässrig-sandigem Grund, im Krieg zwei Mal niedergebrannt und in der Nachkriegszeit mit improvisiertem Material wiederaufgebaut. Selbst ein Laie konnte davon ausgehen, dass in dem Gebäude so einiges marode war.
Erster Akt: Die Staatsoper muss saniert werden. Blieb die Frage der Gestaltung. Sollte sie ein hochmoderner Klangkörper werden? Auf Weltniveau? Davon träumte Generalmusikdirektor Daniel Barenboim schon lange und forderte dies auch immer wieder ein. Oder sollte sie, allen voran der Opernsaal, den Berlinern und Touristen als realsozialistisches Kunstwerk erhalten bleiben? Wovor jedenfalls Bau-Experten schon damals warnten: Einen hochmodernen Klangkörper in ein altertümliches Gemäuer zu stecken, das wird teuer. Richtig teuer.
"Im Grunde hätte man am Anfang eine Diskussion führen müssen, was man am Ende eigentlich haben möchte. Aber diese Diskussion wollte man offenbar nicht. Vielleicht, weil man am Ende aufgrund dieser Diskussion ein Ergebnis hat, das nicht mit dem zusammen kommt, was die Phantasie war und die Phantasie heißt preußisches Erbe ..."
… konstatiert Stefan Rosinski, der von 2007 bis 2009 Generaldirektor der Opernstiftung war. Dieses preußische Erbe war streng genommen aber ein Fake. Der West-Berliner Dirigent Christian Thielemann bezeichnete die Staatsoper einmal in einem Interview als "liebenswerte Promenadenmischung".

Staatsoper sieben Mal umgebaut

1743 von Knobelsdorff im Auftrag von Friedrich II. erbaut, wurde die Staatsoper durch Brände und Kriegsschäden insgesamt sieben Mal in ihrer Geschichte grundlegend umgebaut. Anfang der 50er erhielt DDR-Architekt Richard Paulick den Auftrag, den zerstörten Saal im Sinne Knobelsdorffs neu zu errichten. Das sozialistische Regime wollte offenbar nicht mit allen bürgerlichen Traditionen brechen und mit diesem Kulturdenkmal an das Erbe Preußens anschließen.
Paulick ließ den Zuschauersaal in einer Stilmixtur aus Rokoko und Klassizismus neu auferstehen. Plüschig-elegant mit samtbezogenen Stühlen in Rot, inklusive Stuckdecke und pompösem Kronleuchter. All das in historischer Anlehnung an den ersten Bau. Seit Ende der 70er Jahre steht der Saal unter Denkmalschutz und viele Besucher, die es nicht besser wissen, halten ihn für einen originalen Knobelsdorff.
Die Debatte aber Denkmal versus Klangkörper fiel unter den Tisch. Sie war von der rot-roten Regierung nicht gewollt, sagt Stefan Rosinski.
"Das ist für mich ein kulturpolitisches Versagen."
Ebenso nicht gewollt war die Debatte, wie es mit den drei Opernhäusern Deutsche Oper, Staatsoper, Komische Oper im hochverschuldeten Berlin überhaupt weitergehen soll.

Braucht Berlin drei Opernhäuser?

"Brauchen wir drei Opernhäuser in Berlin, weil die Häuser natürlich nicht ausgelastet waren? Und wenn wir sie brauchen, gibt es ein Konzept, das deutlich macht, wie das Zusammenspiel dieser drei Opernhäuser sinnigerweise wer übernimmt hier welche Aufgaben."
Diese Frage wurde, wenn überhaupt, nur vom damaligen Kultursenator Thomas Flierl angeschnitten. Der Linken-Politiker sprach sich dafür aus, die alte Staatsoper zum kleinen Haus zu machen, sie statt im großen Stil umzubauen, nur instand zu setzen und dafür die moderne Deutsche Oper zum großen Haus zu machen. Daniel Barenboim hätte doch nur die Bühnen wechseln müssen, und schon hätte er seinen honorigen Klangkörper gehabt, sagt Flierl provokant.
"Es gibt eine Übereinkunft mit dem damaligen Kultur-Staatsminister Bernd Neumann, dass man sich auf eine bestandsorientierte Sanierung, einer Erneuerung der Bühnentechnik orientiert. Und dass diese etwa für 130 Millionen Euro zu haben sei; dass man also eine bescheidende, sachorientierte, dem Gebäude verträgliche und auch Daniel Barenboim zumutbare Lösung findet."
Seine Versuche aber scheiterten. Vermutlich, weil Daniel Barenboim diese sachorientierte Lösung nicht behagte. Die Musiker seiner Staatskapelle, die Sänger auf der Bühne beklagten sich bei ihm, sie könnten sich nicht ausreichend hören. Der Klangkörper sei zu klein, der Schall zu gering. Erst bei Gastspielen merkten sie, zu welch musikalischer Leistung sie in der Lage seien. Nach der Abgeordnetenhauswahl 2006 wurde Thomas Flierl abgesetzt, Klaus Wowereit wurde Regierender und Kultursenator in Personalunion.

In Berlin will man immer alles

Zweiter Akt: Wie soll die Staatsoper saniert werden? In dem Ausschreibungstext für den Gestaltungswettbewerb 2008 hieß es lapidar: Man möchte einen Entwurf finden, der sowohl die Ansprüche des Nutzers als auch das Interesse der Denkmalpflege für den Zuschauerraum würdigt. Berlin gerierte sich wie immer: Man wollte alles. Was dann folgte, nennt Stefan Rosinski, der selber in die Jury saß, einen Handstreich. Ein Stilmittel, das in keinem guten Opern-Drama fehlen darf.
Die meisten Jurymitglieder entschieden sich nämlich nicht für die denkmalgerechte Variante, sondern für den komplett neuen, hochmodernen Zuschauersaal-Entwurf von Klaus Roth. Statt realsozialistische Barock- und Rokoko-Architektur nüchterne Moderne. Für Kulturstaatssekretär und Juror André Schmitz ein Schock, eine kulturpolitische Katastrophe, erinnert sich Stefan Rosinski, der für den Roth-Entwurf gestimmt hatte.
"Die Juryentscheidung eine Riesenüberraschung. André Schmitz, der sofort versuchte zu intervenieren: 'Der gehört da nicht hin, der ist nicht abzustimmen.' Es ginge hier um eine Sanierung!"
Im Kampf um dieses Erbe entstanden plötzlich Synergien, die man zuvor für kaum möglich gehalten hätte. Die eine Fraktion, die aus den Osten stammte und die Staatsoper als wichtiges manifestes Erbe der DDR-Baukultur und Bauleistung ansah. Dazu gehörten unter anderem Thomas Flierl und der DDR-Schriftsteller Friedrich Dieckmann. Die andere Fraktion, aus dem gut situierten Westen, bediente sich des Kulturerbes. In diesem Falle das der Preußen, sagt Rosinski. Frei nach dem Motto:
"Wir machen die Diskussion nicht ständig neu auf, warum brauchen wir Kultur, sondern wir haben es geerbt und mit Erbe geht man vernünftig um und das bewahrt man. Das war aber nicht Knobelsdorff, das war Paulick. Das wurde alles einkassiert, mit einer historischen Unschärfe hat man dort über Architekturstile entschieden, das war schon sagenhaft."

Der Bund wollte 200 Millionen zahlen

Anhänger dieser Fraktion waren Vertreter des Bundes, allen voran Kulturstaatsminister Bernd Neumann, CDU, und der Unternehmer und Mäzen Peter Dussmann. Diese Gruppe hatte vermutlich das schlagkräftigste Argument: Der Bund wollte für die Sanierung 200 Millionen Euro beisteuern. Und Peter Dussmann, zugleich Vorsitzender des Vereins Freunde und Förderer der Staatsoper, private Mittel in Höhe von 30 Millionen Euro akquirieren.
Diese Versprechen hielt er allerdings nicht ein. Das Drama nahm seinen Lauf. Berlins Regierender Klaus Wowereit, der sich kurz nach der Jury-Entscheidung noch für den modernen Saal ausgesprochen hatte, macht wenige Wochen später einen Rückzieher und erklärte den Gestaltungswettbewerb für obsolet.
"Wowereit war nie wirklich ganz klar positioniert dazu, zumindest nicht in meiner Erinnerung. Und dann gab es Barenboim, und ich habe das vor kurzem wieder gefunden in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung aus der damaligen Zeit, der sagte, wer für einen modernen Saal ist, ist für die Zukunft Berlins. Er wollte eine zeitgemäße akustische Brillanz in dem Raum, er wollte vernünftige Sichtlinien haben, er wollte eine Maschinerie und eine Eignung des Opernsaales, der das kann, was heute moderne Opernhäuser können. Er wollte in die Champions League internationaler Opernhäuser anschließen."
Um den Stardirigenten Daniel Barenboim zu halten, versprach man ihm also die Liga aller Ligen. Was sie aber kostet, das verschwieg man lieber. Vermutlich wollte man dies auch gar nicht so genau wissen, denn das Bedarfsprogramm des Nutzers wuchs von Jahr zu Jahr.

"Ein Stück aus dem Tollhaus"

Damit die Kulissen aus dem Magazingebäude nicht mehr über Tage, sondern unter Tage transportiert werden können, entstand ein hochkomplexes unterirdisches Bauwerk. Eine drei Meter dicke Betonsohle sorgt dafür, dass im sonst feuchten Berliner Untergrund die Kulissen auch trocken bleiben. Kostenpunkt: knapp 37 Millionen Euro. Immer wieder sei ins Bedarfsprogramm eingegriffen, neue Wünsche formuliert worden, sagt Wolfgang Brauer, kulturpolitischer Sprecher der Linken.
"Das ist ein Stück aus dem Tollhaus, ja."
Dritter Akt: Wie gelingt es, eine hochgerüstete Bühnenmaschinerie und eine akustische Brillanz in einen relativ bescheidenen Saal zu packen? Wolfgang Brauer glaubt, die Lösung inzwischen zu kennen.
"Ich habe festgestellt, dass offensichtlich in vielen Bereichen, zumindest im Lande Berlin, Politik genauso funktioniert, wie auf einem altmärkischen Gutshof. Der Junker hat einen Wunsch, den muss er oftmals gar nicht formulieren, der Verwalter liest diesen Wusch von den Augen ab und setzt ihn gnadenlos gegenüber dem Gesinde um. Genauso funktioniert Politik in Berlin."
Man übt Druck von oben nach unten aus. Freilich ohne sichtbare Blessuren zu hinterlassen. Eine der wenigen Aussagen, zu der sich Klaus Wowereit später vor dem Untersuchungsausschuss bekannte, war der Tag der Wiedereröffnung. Obwohl durch das Wettbewerbsfiasko wichtige Bauzeit verloren war, hielt der SPD-Kultursenator an dem Termin 3. Oktober 2013 fest. Bedenken der Bausenatorin, die um einen Planungsaufschub bat, ignorierten er und sein Kulturstaatssekretär. Nach 17 Sitzungen, 32 Zeugenbefragungen und 630 Akten sagt Linken-Politiker Wolfgang Brauer fast resigniert: .Am Beispiel Staatsoper lasse sich wie unter einem Brennglas ein ganzes Bündel politischer Probleme dieser Stadt abbilden.
"Ich meine damit, dass sehr grundsätzliche politische Entscheidungen unter vollkommenem Ignorieren von Sachmeinungen geschehen sind. Dass Warnungen überhört werden. Dass aufgrund des Wertes von Symbolpolitik, Dinge versucht werden durchzuziehen, wo das Scheitern von Anfang an vorprogrammiert ist. Das ist das eigentlich Katastrophale."

Komplexer Bau ohne Generalplaner

Doch der Reihe nach. Die Verwaltung schrieb neu aus. Den Wettbewerb gewann diesmal der Architekt HG März. In seinem Entwurf blieben barockes Stuck-Dekor und Grundriss des Zuschauersaals bewahrt. Um dem Klang mehr Raum zu geben, musste aber die barocke Stuckdecke um mehrere Meter erhöht werden. Denkmalschutz hin oder her. Die Kosten dafür beliefen sich am Ende auf mehr als vier Millionen.
Aus Sicht des Nutzers war für den Repertoire-Betrieb auch eine Kreuzbühne unabdingbar. Die hintere Wand des Bühnenhauses musste darum versetzt werden. Dumm, dass sie sich als tragend erwies. Kostenpunkt allein dafür: Sieben Millionen Euro.
Trotz all dieser komplexen Baumaßnahmen verzichtete man auf einen Generalplaner. Stattdessen sollten mehrere Unternehmen die Bauausführung übernehmen. Darum benötige man auch keinen kompletten Bebauungsplan mehr, sondern nur noch Teil-Bauplanungspläne. Parallel lasse sich schneller bauen, dachten offenbar die Akteure aus der Kulturverwaltung.
Ein Akt der Selbsttäuschung, meint Wolfgang Brauer. Alles wurde nur teurer und dauerte länger.
"Wir haben viele viele dicke Aktenbände vorliegen, wo sich bauende Gewerke darüber beklagen, dass die Vorleistungen, die sie brauchen, nicht da sind. Dass das noch nicht einmal durchgeplant ist, dass es keine Zeichnungen gibt. Das ist alles sozusagen 'learning by doing' gewesen."

Wowereit ließ Kritik an sich abprallen

Auch die Hinweise aus der eigenen Bauverwaltung wollte man in der Kulturverwaltung nicht hören. So wie im Untersuchungsausschuss ließ Klaus Wowereit alles an sich abprallen, erinnert sich Oliver Schruoffenegger von Bündnis 90/Die Grünen. Im blauen Blazer parierte der 62-jährige Regierende lässig alle Fragen: Er habe dies nicht gewusst, keine Verantwortung für jenes gehabt und außerdem immer korrekt und in bester Absicht gehandelt.
"Märchenstunde mit Onkel Klaus" nannte Schruoffenegger später frustriert die Sitzung. Das größte Problem der Causa Staatsoper sei seine bewusst organisierte Verantwortungslosigkeit gewesen.
"Ein Regierender, oder eine Senatorin lädt die Mitarbeiter zum Gespräch auf Augenhöhe und formuliert dabei Fragen. Und Mitarbeiter sind einfach so trainiert und geschult über Ausbildung und jahrelange Erfahrung, dass sie aus den Fragen sehr wohl verstehen, dass da ein Wunsch in Frageform verkleidet wird und machen das dann so."
Aus Fehlern sollte man lernen, sagt Schruoffenegger. Der Grünen-Politiker plädiert dafür, dass Berlin für die Bauplanung von Großprojekten künftig mehr Geld in die Hand nimmt. Außerdem sollte in einem Ablaufhandbuch klar geregelt werden, welche Rolle hat der Bedarfsträger, welche Rolle der Nutzer, und wer weist die Bauverwaltung an. Zu diesem Schluss kommt auch Wolfram Prieß von der Fraktion der Piraten.
"Wir brauchen eine ehrlichere Kommunikation von Risiken, von Problemen, und auch einen realistischen Umgang mit Kostenanforderungen und insgesamt – ich sage jetzt mal wieder so ein Schlagwort von den Piraten – Transparenz im Verfahren."

Außen ein Denkmal, innen voller High-Tech

Zurück zur Staatoper. Die finnischen Besucher sind von Berlins größter Kulturbaustelle beeindruckt. Das neue Probenzentrum, das gewaltige unterirdische Bauwerk, der neuen Bühnenturm, die Anhebung der Saaldecke – außen ein Denkmal, innen voller High-Tech. Architekt Mikael Merenmies ist entzückt.
"Also ich bin begeistert, überwältigt eigentlich. Ich liebe Oper und Kunst und Architektur und da muss ich sagen, dass man für die Kunst so viel einsetzt, das finde ich großartig. Und es ist auch bekannt gewesen, dass gerade (die) Staatsoper sehr unterentwickelt war, was Sicherheit betraf oder auch Kulissen, Probenräume, es war fast lebensgefährlich hier zu arbeiten, hieß es. Und man muss ja in die Zukunft blicken und denken, nach 100 Jahren muss es auch noch gewähren dieses Gebäude. Das ist Luxus-Bau, aber für die Kunst."
Solche Gäste trifft Senatsbaudirektorin Regula Lüscher natürlich besonders gerne auf der Baustelle. Sie schaue hier regelmäßig vorbei. Alles laufe im Zeitplan, sagt die 54-jährige.
"Ich bin zufrieden, aber es ist trotzdem so, dass man den Druck aufrechterhalten muss."
Auch Regula Lüscher musste vor dem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Auf die Frage, warum denn der Regierende ihre Warnungen wegen der Bauverzögerung ignoriert haben, antwortete sie mit einer gewissen Verzweiflung in der Stimme: Bitte, ersparen Sie mir die Antwort. Heute sagt sie:
"Selbstkritisch würde ich sagen, um den politischen Druck und den Druck auch von Nichtfachleuten etwas entgegenhalten zu können, müssen die Fachleute vielleicht noch genauer kommunizieren und genauer sagen, was kann im schlimmsten Fall passieren und dann werden die Fachleute auch eher gehört."
Mehr Kommunikation sorgt für mehr Transparenz, hofft die Senatsbaudirektorin. Auch gegenüber dem Parlament, betont sie. Wenn sie das nächste Mal die Abgeordneten über ein Bauprojekt informieren muss, werde sie vorher den Projektsteuerer zu Rate ziehen.

Eine seriöse Bauplanung braucht Zeit

Wie schätzt er die Risiken des Projekts ein, wird es möglicherwiese teurer als geplant? Diese Informationen werde sie an den Hauptausschuss weiterleiten. Und – eine seriöse Bauplanung braucht Zeit.
"Wir von der Bauverwaltung möchten das Haus möglichst gut untersuchen in seiner Substanz, da müsste es eigentlich leer sein drei Jahre, wenn man ganz ehrlich ist, um dann einschätzen zu können, was befindet sich unter diesen wunderschönen Verkleidungen von Richard Paulick. Und dann kann man eigentlich erst sagen, was kann das Gebäude leisten und was kann es eben nur schwer leisten."
Bleibt abzuwarten, ob dies auch die politisch Verantwortlichen in Berlin begriffen haben. Dabei ist das nächste Großbauprojekt schon in Sicht. Diesmal steht es im Westen der Stadt.
Das Internationale Congress Centrum, kurz ICC, gilt als bedeutendes Gebäude der Berliner Nachkriegszeit. Man kann es also nicht einfach abreißen. Noch dazu ist es ein Herzensprojekt des Regierenden Michael Müller. Doch eine erste Analyse zeigt: 200 Millionen Euro werden für diese Sanierung niemals reichen.
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