"Es hat sich zu wenig geändert für Frauen"
Die Regisseurin Karin Henkel freut sich über den Erhalt des Berliner Theaterpreises und meint dennoch, dass Frauen in der Theaterbranche weiter benachteiligt sind. Ihre Kritik: Es gibt zu wenige Intendantinnen und zu wenige Inszenierungen von Frauen.
Für ihre Verdienste um das deutschsprachige Theater ist die Regisseurin Karin Henkel zum Auftakt des Berliner Theatertreffens mit dem Theaterpreis Berlin ausgezeichnet worden. Sie nahm die mit 20.000 Euro dotierte Auszeichnung mit Freude an und erklärte danach, sie werde das Geld einem wohltätigen Verein spenden. In einem ihrer seltenen Interviews erklärte die 47-Jährige im Deutschlandfunk Kultur den Hintergrund.
Die von ihr unterstützte Stiftung "Háwar.Help" hilft jesidischen Frauen, die Opfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geworden seien. Sie selbst habe eine Dokumentation der Filmemacherin Düzen Tekkal gesehen und habe dadurch und durch weitere Gespräche die Leidensgeschichten dieser Frauen kennengelernt.
Geschändete und gefolterte Opfer des IS
"Das, was die erzählt haben, war für mich so furchterregend und schockierend – wie sie geschändet wurden, gefoltert wurden, Familienmitglieder vor ihren Augen umgebracht wurden."
Auch die Inszenierungen von Karin Henkel thematisieren immer wieder Fälle von Gewalt gegen Frauen. Die Erfahrungen der jesidischen Opfer des IS hätten auch einen Einfluss auf die Arbeit an der zum Berliner Theatertreffen eingeladenen Inszenierung von "BEUTE FRAUEN KRIEG" gehabt.
Die generelle Ungleichbehandlung zwischen den Geschlechtern beschäftigt Henkel auch mit Blick auf die eigene Branche:
"Ich finde, es hat sich viel zu wenig geändert für Frauen, weil es ist immer noch sehr, sehr selten, dass Frauen überhaupt inszenieren oder Leitungsposten übernehmen. Das ist immer noch sehr in Männerhand, aber das wird jetzt ja schwer diskutiert – Gott sei dank! Und ich glaube, das wird sich jetzt verändern und sollte sich auf jeden Fall verändern."
Henkel als neue Intendantin der Volksbühne?
Sie selbst versuche möglichst viele Projekte mit zentralen Frauenrollen umzusetzen. "Denn es gibt einfach fantastische Schauspielerinnen", sagte Henkel, "und die sollen das zeigen können, was sie können."
Die Regisseurin kritisierte neben der Benachteiligung von Frauen auch den in der Theaterbranche verbreiteten Zeitdruck, der häufig einen schlechten Einfluss auf die Qualität der Inszenierungen habe.
"Ich verstehe auch nicht, warum an einigen Häusern so überproduziert wird. Ich finde das auch viel zu viel, weil dann die Probezeiten so knapp werden für die Schauspieler."
Unmittelbar nach dem Erhalt des Theaterpeises Berlin geht für Henkel die Arbeit weiter. Sie wird erstmals eine Oper inszenieren und freut sich auf die Herausforderung. Eine andere Aufgabe aber hat sie auf Nachfrage dankend und lachend abgelehnt: "Ich werde bestimmt nicht Intendantin der Volksbühne."
(mau)