Gemütlich, funktional und einfach sehr deutsch
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In zehn Wochen soll der BER eröffnet werden - dieses Mal scheint nichts dazwischen zu kommen. Er sei ein besonders deutscher Flughafen geworden, sagt der Architekturkitiker Nikolaus Bernau, den bei einem Rundgang heimelige Gefühle beschlichen haben.
Mit rund 3.000 Tagen Verspätung soll der Flughafen BER nun bald in Betrieb gehen. Ursprünglich war die Fertigstellung für 2011 geplant, doch gravierende Mängel, etwa beim Brandschutz, sorgten für immer neue Verzögerungen beim berlin-brandenburgischen Großprojekt.
Der Flughafen wirkt fertig
Der enorme öffentliche Druck, dieses Mal den neuen Eröffnungstermin Ende Oktober einzuhalten, habe dazu geführt, dass der Flughafen schon jetzt wie fertig wirke, sagt unser Architekturkritiker Nikolaus Bernau. Bei einem Rundgang sei er überrascht gewesen: "Da werden jetzt gerade noch die Buden der Leute gebaut, die dort künftig was verkaufen werden. Ansonsten hat man das Gefühl, dass morgen aufgemacht werden kann."
Man merke, dass der Entwurf der Architekten Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg aus dem Jahr 2005 sei, so Bernau. Die Architektursprache habe sich etwas überlebt, wie etwa der monumentale Vorplatz oder die durch Säulenreihen "etwas steife" Eingangshalle. "Der Bau ist eigentlich in dieser Zeit ästhetisch verhaftet und trotzdem wirkt er sehr angenehm."
Der neue Flughafen strahle eine besondere Gemütlichkeit aus, so Bernau. Etwa durch die Verwendung von viel Nussbaumholz an den Wänden: "Es erzeugt ein angenehm heimeliges Gefühl, genauso, dass die Fußböden mit Muschelkalkstein belegt sind. Das kennen wir alles aus Bürobauten und auch aus Wohnzimmern der 50er und 60er-Jahre. Ein Material, das uns sehr vertraut ist."
Kosten von rund sechs Milliarden Euro
Trotz des sehr großen Hauptdachs mit 750 Metern Seitenlänge habe sich Berlin einen Flughafen mit "bescheidener Attitüde" geleistet. Im Vergleich zu München und Frankfurt sei der BER kein großer, aber ein sehr deutscher Flughafen. Dies erkenne man an der Betonung der Funktionalität des rund sechs Milliarden Euro teuren Bauwerks.
"Dieser extreme Funktionsfetischismus: Das ist etwas ganz, ganz Deutsches. Ja, es ist ganz wichtig, dass die Gäste, wenn sie aus dem Flugzeug herauskommen, sofort aufs Klo gehen können. Das wird extra erwähnt." Das gelte auch für die perfekte Anbindung der S- und Fern-Bahn an das Hauptgebäude. "Da geht man wirklich nur ein paar Stufen hoch. Und dann ist man schon oben in der großen Halle."
(mle)