Bedroht, beschimpft, geschlagen
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Den Berliner Fußballschiedsrichtern reicht es: Mit einem Ausstand wollen sie auf die Angriffe gegen sie und die zunehmende Gewalt auf dem Platz aufmerksam machen. Vom Fußballverband fordern sie Maßnahmen, um besser geschützt zu werden.
53 Angriffe an zehn Spieltagen: So häufig wurden Schiedsrichter in den Berliner Fußball-Amateurligen in der laufenden Saison bereits angegangen, sagt Jörg Wehling, Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses des Berliner Fußballverbandes. Das wollen die Berliner Schiedsrichter nicht länger hinnehmen und haben für dieses Wochenende den Ausstand erklärt. Und so ruht der Ball auf allen Berliner Fußballplätzen unterhalb der Oberliga. Insgesamt sind etwa 1500 Spiele betroffen.
Mit der Aktion wollen die Schiedsrichter nicht nur ein Zeichen setzen, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Der Vorsitzende des Berliner Schiedsrichterausschusses fordert zudem konkrete Maßnahmen, um Schiedsrichter besser zu schützen. Denn derzeit sei der Unparteiische allein: "gegen Zuschauer, 22 Spieler, Funktionäre, Verband", sagt Wehling. "Und wenn es da zu einer Bedrohungslage kommt, gibt es kaum jemanden, der ihm hilft."
"Wir brauchen mehr Abschreckung"
Deshalb sollten Wehling zufolge pro Spiel ein oder zwei Ordner eingesetzt werden, die den Schiedsrichter beschützen, falls dieser bedroht oder angegriffen wird. Außerdem brauche es mehr Abschreckung:
"Wir haben in der höchsten Berliner Spielklasse jetzt ein Spiel erlebt, wo im Nachklapp der Schiedsrichter im Kabinengang geschlagen worden ist - und sehr milde Strafen ausgesprochen worden sind", so der Vorsitzenden des Schiedsrichterausschusses.
Diese seien natürlich ein Signal: "Na, so schlimm ist es jetzt nun auch nicht, wenn ich den Schiedsrichter schlage", kritisiert Wehling. Deshalb müsse die Rechts- und Verfahrensordnung verändert werden, damit man klarere Strafen aussprechen könne.
Neue Regeln sorgen für Kontroverse
Eine Ursache dafür, dass Gewalt und Respektlosigkeit gegenüber Schiedsrichtern zugenommen haben, sieht Wehling in den vielen Regeländerungen der letzten Jahre im Fußball: Deshalb gebe es jetzt keinen "Common Sense" mehr, was auf dem Platz geahndet werden müsse und was nicht.
"Wenn wir jede Woche Bundesliga sehen und die Kommentatoren nicht in der Lage sind zu erklären, ob dieses Handspiel jetzt strafbar war oder nicht und die Seiten am Montag damit gefüllt werden, dann ist es natürlich auch auf den Amateurplätzen sehr schwierig zu entscheiden: Was ist jetzt richtig und was ist falsch?" sagt Wehling. So komme immer wieder eine Stimmung auf, die dem Schiedsrichter eine Fehlentscheidung unterstellt, obwohl dieser innerhalb seines Ermessensspielraums richtig gehandelt habe.
(uko)