Die Entrüstung der älteren Herren
Die Echos für Farid Bang und Kollegah haben für viel Kritik gesorgt, vor allem wegen der antisemitischen Inhalte. Beschreibungen von Gewalt gegenüber Frauen fände man aber oft auch in den Texten. Und, so die These der Musikerin Bernadette La Hengst, das hätte wohl kaum ähnliche Entrüstungen ausgelöst.
Viel Aufregung und eine ausgesprochen maskuline Schlacht: So könnte man nach Einschätzung von Bernadette La Hengst die Debatte um die Echos für Farid Bang und Kollegah zusammenfassen. Bernadette La Hengst bezweifelt, dass das Thema Sexismus ähnlich deutliche Reaktionen der Musiker hervorgerufen hätte wie die antisemitischen Texte.
Auffällig für sie sei, dass noch keine weibliche Einzelkünstlerin ihren Echo zurückgegeben hat, sagte im Deutschlandfunk Kultur. La Hengst wünscht sich, sie könne ihre letzten 20 Echo-Preise zurückgeben, nur habe sie leider nie einen Echo gewonnen.
Warum haben sich Haiyti oder Jennifer Rostock nicht geäußert?
"Den Echo bekommen natürlich nicht so viele Frauen. Die Frage ist aber auch, warum sich Haiyti nicht geäußert hat oder Jennifer Rostock, sondern eher die älteren Herren des Deutschrock. Bei Haiyti denke ich mal dass sie vielleicht Angst hat, dann von ihren HipHop-Kreisen gedisst zu werden.
Aber es ist ja auch die Frage, warum nicht jemand wie Sookee den Kritikerpreis bekommt, Sookee, die sehr feministisch (ist) und Texte gegen Rassismus und Antisemitismus und alles Mögliche macht. Und die sich in ihrer eigenen Szene auch gegen diese Art von Homophobie, Sexismus und Antisemitismus wendet."
Aber handelt es sich nicht nur um eine Feuilleton-Debatte, die die Hörer der Musik von Kollegah und Farid Bang nicht erreicht?
"Ich habe vor Jahren ein Theaterprojekt in einem Jugendknast in Hamburg gemacht und mit zehn echt schweren harten Jungs Beats gemacht und Texte geschrieben. Die wollten alle Rap machen. Und ich hatte noch meine Videofilmerin dabei. Die haben auch alle Farid Bang gehört.
Und ich glaube, das einzige, was da hilft, ist tatsächlich Zuhören, sich mit denen auseinandersetzen, und ein anderes Frauenbild schaffen. Ich glaube das, was deren Weltsicht vielleicht am meisten erweitert hat, war, uns zwei Frauen zu sehen, die Technik beherrschen, und die mit ihnen zusammen was Kreatives schaffen."
"Es geht wie immer darum, Sachen nicht abzuwatschen"
Es müsse vor allem darum gehen, in den Schulen anzusetzen und auch Antisemitismus dort zu thematisieren. "Ich glaube nämlich auch, dass die jugendlichen Fans gar nicht wissen was Auschwitz oder Holocaust überhaupt ist.
Aber die wissen sehr wohl, was mit diesen sexistischen Zeilen gemeint ist. Es geht wie immer darum, Sachen nicht abzuwatschen oder zu verbieten, sondern eine Diskussion in Gang zu bringen, und tatsächlich auch junge Leute zu erreichen und ein anderes Frauenbild oder ein anderes Bild der Gesellschaft zu verkörpern."