"Jetzt ist die Zeit, um aufzustehen und sich zu wehren"
Vor zwei Jahren mischte er den Vorwahlkampf der US-Demokraten auf und zog gegenüber Hillary Clinton nur knapp den Kürzeren: Nun meldet sich Bernie Sanders mit einem Buch zurück und heizt die Debatte um eine neue Kandidatur an.
Eine Frage wird Bernie Sanders in diesen Tagen immer wieder gestellt: Ist sein Buch nur eine Agenda für die progressiven Demokraten im Kongress? Oder ist es auch das Programm eines Präsidentschaftsbewerbers für 2020? Beides sei denkbar, antwortet Bernie Sanders im Sender MSNBC, eine erneute Präsidentschaftsbewerbung will er jedenfalls nicht ausschließen:
"Ich werde diese Entscheidung zu einem passenden Zeitpunkt treffen. Wir prüfen das. Aber dafür muss ich zu dem Ergebnis kommen, dass ich wirklich der stärkste Kandidat bin, der Trump schlagen kann."
"Sozialismus pur" ist plötzlich salonfähig
In seinem neuen Buch schildert Sanders, wie sehr seine anfangs belächelte "Revolution" schon jetzt die Demokratische Partei verändert hat. Zwei seiner wichtigsten Forderungen wurden mittlerweile vom Mainstream der Demokraten übernommen: ein steuerfinanzierter Krankenversicherungsschutz für alle Amerikaner sowie die Abschaffung der Studiengebühren an staatlichen Universitäten. Beides galt vor Bernie Sanders als "Sozialismus pur" und politisch in den USA kaum durchsetzbar. Weitere zentrale Forderungen im Buch von Bernie Sanders: Mindestlöhne auf 15 Dollar pro Stunde anheben, also umgerechnet gut 13 Euro, gleiche Löhne für Frauen und Männer und Arzneimittelpreise senken:
"Es gibt heute zig Millionen Arbeiter, die ihre Familien mit einem Stundenlohn um die zehn Dollar nicht ernähren können. 30 Millionen haben keine Krankenversicherung, und viele können sich die verschriebenen Medikamente nicht leisten."
Im Schlusskapitel seines Buches schreibt Sanders: "Bei meiner politischen Revolution gilt: 'Think Big! - Denkt in großen Dimensionen!' Und all jenen, die sich über Trumps Politik ärgern, will Sanders Mut machen. Dies sei "nicht die Zeit für Verzweiflung", so Sanders: "Jetzt ist die Zeit, um aufzustehen und sich zu wehren. Wir müssen uns mit der hässlichen Seite von Donald Trump auseinander setzen: sein Autoritarismus, sein Rassismus, sein Sexismus. Wir müssen die Fundamente unserer Demokratie vor einem autoritären Präsidenten beschützen."
Nach den Kongresswahlen fühlt sich Sanders gestärkt
All das klingt nach einer Einladung, eine erneute Bewerbung von Sanders zu unterstützen. Tatsächlich fühlt er sich nach den Kongresswahlen gestärkt. Mit großer Mehrheit wurde er als unabhängiger Senator von Vermont wiedergewählt, für eine dritte Amtszeit von weiteren sechs Jahren. Ob all dies jedoch für eine erneute Präsidentschaftsbewerbung reicht? Sanders wäre 2020 bereits 79 Jahre alt: ein weißer alter Mann aus einem Bundesstaat, in dem kaum Minderheiten leben. Für Matt Viser von der "Washington Post" spricht noch etwas gegen Sanders:
"Der Unterschied diesmal ist die Fülle der Kandidaten. Zu Hillary Clinton war Sanders die einzige Alternative. Jetzt aber bekommen die Demokraten die gleichen Probleme wie die Republikaner mit ihren vielen Kandidaten 2016."
Und bei Minderheiten und afroamerikanischen Wählern tut sich Bernie Sanders immer noch schwer, auch wenn sein neues Buch ein Kapitel über Martin Luther King enthält. Sollten erfolgversprechendere Kandidaten antreten, die seine progressive Agenda teilen, verspricht Sanders, dann werde er sie gerne unterstützen. Vielleicht passt die Rolle des progressiven Vordenkers tatsächlich besser zu Bernie Sanders als die des Herausforderers von Donald Trump.