Der Gurlitt-Nachlass geht nach Bern
Rund zwei Jahre dauerte der Rechtsstreit um den Nachlass von Cornelius Gurlitt. Jetzt hat das Oberlandesgericht München endlich einen Beschluss gefasst: Das Testament ist rechtskräftig, das Kunstmuseum Bern kann das Erbe antreten.
Gurlitt hatte kurz vor seinem Tod im Mai 2014 das Kunstmuseum Bern als Alleinerben seiner umstrittenen Kunstsammlung bestimmt. Seine Cousine Uta Werner und andere Familienmitglieder hatten dagegen geklagt – und ein posthum verfasstes Gutachten vorgelegt, wonach Gurlitt bereits dement war, als er seinen letzten Willen verfasste.
"Cornelius Gurlitt war in der Vorstellung gefangen, er müsse seine Bilder vor den Nazis retten, die in seiner Wahnvorstellung immer noch eine Bedrohung darstellten. Dass er den einzigen Weg dazu in der Schweiz sah, ist unzweifelhaft Ausdruck dieser traurigen Verwirrung ..."
... sagte Uta Werner nach der Urteilsverkündung. Und: Es sei bedauerlich, dass das Gericht dies nicht erkannt habe.
Die Richter folgten dem Gegengutachter
Die Richter folgten dagegen der Argumentation eines Gegengutachters, der keine Anzeichen für Wahn oder Demenz feststellen konnte. Dass Gurlitt noch kurz vor einer schweren Operation sein Testament verfasst habe, spreche vielmehr für geistige Klarheit, hieß es in der Begründung des Gerichts.
Das Kunstmuseum Bern äußerte sich erleichtert. Es sei gut, dass endlich Klarheit herrsche, sagte Marcel Brülhart, Vizepräsident der Dachstiftung des Kunstmuseums:
"Wir werden jetzt zum einen die Mittel, die uns zugesagt wurden, für Provenienzforschung (...) aktivieren können. Und dann hoffentlich bereits ab Januar das Deutsche Zentrum für Kulturgutverluste in der Beforschung des Konvoluts unterstützen. Und zum Zweiten können wir jetzt mit voller Kraft diese beiden Ausstellungen, die dann möglicherweise gegen Ende 2017 in Bonn und in Bern stattfinden werden, vorantreiben und eben die Werke der Öffentlichkeit dann auch zeigen."
Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters begrüßte die Entscheidung. Viele der Bilder stehen noch im Verdacht, Raubkunst zu sein. Mit dem Berner Museum hatten Berlin und das Land München die Vereinbarung getroffen, dass die Bilder, bei denen der Verdacht auf Raubkunst bestehen bleibe, vorerst in Deutschland bleiben sollten.
Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters begrüßte die Entscheidung. Viele der Bilder stehen noch im Verdacht, Raubkunst zu sein. Mit dem Berner Museum hatten Berlin und das Land München die Vereinbarung getroffen, dass die Bilder, bei denen der Verdacht auf Raubkunst bestehen bleibe, vorerst in Deutschland bleiben sollten.
Das Urteil ist jetzt rechtskräftig
Die unbedenklichen Werke dagegen können jetzt peu a peu nach Bern gehen, darunter zunächst die Bilder aus der Familie Gurlitt, gemalt von seiner Tante und seinem Urgroßvater, und das Konvolut der sogenannten Entarteten Kunst – Werke, die von den Nationalsozialisten ab 1937 aus den deutschen Museen zwangsweise entfernt wurden, um sie ins Ausland zu verkaufen oder zu vernichten. Diese gelten nicht als Raubkunst.
"Dort gibt es eine Praxis auf der ganzen Welt, wo man sagt, entartete Kunst wird nicht restituiert, weil der deutsche Staat sich damals selber bestohlen hat. Und also dort werden wir keine Praxisänderung einführen, wir werden aber diese Werke wie schon in der Vereinbarung niedergeschrieben, großzügig an deutsche Museen ausleihen. Das können auch Dauerleihgaben sein."
Für die geplante erste öffentliche Ausstellungen der Bilder Ende 2017 in der Bundeskunsthalle in Bonn und in Bern soll vor allem der zeitgeschichtliche Kontext im Fokus stehen, kündigte Brülhart an. Man werde dort zeigen, welche jüdischen Sammler Opfer des Holocaust wurden, und welche Handelswege die geraubten Werke genommen hätten. Danach werde die Ausstellung noch in Europa, Israel und den USA auf Tour gehen. Das Urteil ist rechtskräftig, die Familie Gurlitts behält sich noch vor, weitere Ansprüche zivilrechtlich zu verfolgen. Einen Einfluss auf die geplanten Ausstellungen habe das aber nicht, sagte Brülhart.