Besser als Bienen?

Die Roboterbienen kommen

05:19 Minuten
Eine Metall-Biene im Cyberpunk-Stil.
Eine Metall-Biene im Cyberpunk-Stil. © Getty Images / iStockphoto
Von Matthias Finger |
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Das Bienensterben schreitet weltweit weiter voran. Viele Pflanzenarten sind jedoch auf eine Bestäubung angewiesen. Deshalb forschen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an Roboter-Bienen, auch Robobees genannt.
Wie eine schwebende Kanüle taumelt der kleine Bienenroboter in der Luft. Am unteren dicken Ende rudern vier durchsichtige Flügelchen eifrig durch die Luft – angetrieben von künstlichen Muskeln, also Kunststoffen, die durch elektrische Spannung ihre Form ändern. Den Strom liefern am oberen Ende aufgespießte, hauchdünne Solarzellen. Bis hierhin war es ein weiter Weg, denn von Menschen erdachte Fluggeräte taugen nicht als Vorbild.
Künstliche Insekten fallen einfach nach unten, erklärt Professor Robert Wood von der Harvard-Uni in der Nähe von Boston.

Insekten unterscheiden sich sehr von unseren Flugzeugen. Die wurden entwickelt, um passiv-stabil zu sein: Wenn die Turbinen ausfallen, gleiten sie trotzdem – ohne aktive Kontrolle – sicher nach unten. Bei Insekten funktioniert das nicht so.

Robert Wood

Roboter aus vorgestanzten Plastikbögen

Weil Schrauben und Muttern für die filigranen Flugobjekte zu mächtig sind, werden die Roboter aus vorgestanzten Plastikbögen in dreidimensionale Formen gefaltet. Ähnlich einem Aufklappbilderbuch, bei dem Elemente räumlich „herausspringen“:
„Es ist fast so eine Art Origami", erklärt Havard-Mitarbeiter Michael Smith. "Wenn ich diesen Teil der Platte anhebe, entsteht – über kleine Gelenke – automatisch die Robobee – aus EINEM Stück Material. Wir können Massen davon herstellen – es ist eine preiswerte Technologie. Wenn die Hälfte nach Erkundungsflügen nicht zurückkommt, ist das auch kein Problem.“
Eine Robobee wiegt 260 mg – also weniger als eine Büroklammer – mit einer Flügelspanne von dreieinhalb Zentimetern. Biomimikry nennt sich dieses Nachahmen der Natur.

Das Ziel ist eine Kolonie autonomer Robo-Bienen

„Wie funktionieren die Flügel, woraus bestehen sie", fragt sich Professor Robert Wood. "Wie sind die Muskeln konfiguriert und wo kommt die Energie her? Welche Sensoren haben Bienen und wie nutzen sie die mit ihnen gewonnen Informationen, um zu navigieren und Gegenstände zu umfliegen?“
Robert Wood will eine Kolonie autonomer Bienen für gefährliche Missionen, und die Landwirtschaft erschaffen – irgendwann einmal. Bisher können Robobees „nur“ schweben. Zielgerichtet fliegen oder untereinander kommunizieren – wie echte Bienen – können sie nicht.

Ein Tanz führt zum Nektar

An der Freien Universität Berlin erforscht Professor Tim Landgraf den Bienentanz.
„Hier sieht man die Biene, die gerade nach Hause geflogen ist. Die wackelt auf der Wabe hin und her, dreht sich zurück und wackelt wieder. Und die anderen stehen alle interessiert herum. Sie fühlen und riechen, was da passiert. So verstehen sie, wohin sie fliegen müssen", etwa um Nektar zu finden.
Für seine Forschungen nutzt Landgraf einen selbstgebauten Roboter: Ein in Plastikfolie gewickeltes Schaumstofffüßchen fordert die Nützlinge zum Tanz auf – im Bienenstock.
Robobees hält Landgraf allerdings für fragwürdig: „Ich glaube nicht, dass wir die Probleme, die wir uns – Stichwort Insektensterben – fast selbst machen, gelöst werden können, indem wir Insekten ersetzen. Wir sollten eher darauf gucken: Was können wir anders machen, dass wir die Insekten nicht umbringen?“

 Bestäubung per Drohne

Eine einzige Biene bestäubt bis zu 100 Blüten pro Tag – ein ganzes Volk kommt zusammen auf mehrere Millionen.
In Teilen Asiens ist die Bestäubung per Hand bereits Normalität. Bei einem Versuch in Japan wurden Drohnen mit Pferdehaaren ausgestattet: Männliche Lilienpollen blieben daran haften und konnten auf weiblichen Narben anderen Pflanze abgestreift werden – irgendwie. 

Ich glaube, das fliegende Roboter und hybride Kreaturen ein vielversprechender Ansatz im Umgang mit der Bestäubungskrise und dem Verschwinden der Bienen sind. Allerdings sind sie nur ein Puzzleteil. Langfristig benötigen wir eine Kombination aus Robotern und lebenden Bienen, um die größtmöglichen Synergien für die Lösung des Problems freizusetzen.

Eijiro Miyako vom Japanischen Forschungsinstitut für Industrietechnik im Magazin "Forbes"

Doch die manuelle Steuerung der Drohnen ist sehr kompliziert. Deshalb sollen sie die Flugrouten der Bienen mit künstlicher Intelligenz erfassen und selber abfliegen.

Was bedeutet der Rückgang von Bienen?

Schnelles Handeln ist gefragt: 80 Prozent aller Blütenpflanzen sind auf Bestäubung durch Nützlinge angewiesen.
Ohne Bienen – ob maschinell oder echt – könnten wir uns auf eine Zukunft ohne große Auswahl an Gemüse-, Obst- und Blumensorten gefasst machen.

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