Besser als ein Krimi
Sie gilt als die älteste Himmelsdarstellung der Welt. Die Himmelscheibe von Nebra wurde 1999 von zwei Raubgräbern auf dem Mittelberg bei Nebra in Sachsen-Anhalt gefunden. Der Journalist Thomas Schöne erzählt noch einmal den Weg des bronzezeitlichen Kultobjektes von seiner Ausgrabung über Gerichtssäle bis ins Museum.
"Tatort Himmelsscheibe." - Das war tatsächlich ein Krimi. In Halle und Umgebung hat man darauf gewartet, dass der endlich mal erzählt wird. Denn er sucht seinesgleichen in der Geschichte der modernen Archäologie.
Der Krimi wird retrospektiv erzählt. Er beginnt im Februar 2002 in einem Hotel in Basel. Harald Meller, Chef des Landesamtes für Archäologie in Sachsen/Anhalt, trifft sich mit zwei Kunsthändlern aus Nordrhein/Westfalen. Sie haben ihm die Himmelscheibe zum Kauf angeboten. Zum Preis von 350.000 Euro. Kurz darauf wird die Scheibe von Schweizer Polizisten beschlagnahmt und die Verkäufer verhaftet. Wegen Verdachts auf Hehlerei mit einem bedeutsamen Kulturgut.
Das Ende einer Odyssee, die fast drei Jahre gedauert hat. Die Himmelscheibe wurde im Sommer 1999 von zwei Raubgräbern gefunden. Auf dem Mittelberg bei Nebra in Sachsen-Anhalt. Zusammen mit zwei Bronzeschwertern und zwei Beilen. Die beiden Raubgräber wurden von einem Kunsthändler aus Köln mit 31.000 DM entlohnt. Der Fund wurde zunächst Museen in Berlin und München angeboten. Für rund eine Million DM. Unter Archäologen sprach sich aber schnell herum, dass dieser Fund rechtmäßig dem Land Sachsen-Anhalt gehört. Damit war er für den seriösen Kunsthandel wertlos geworden und avancierte zum Schwarzmarkt-Objekt.
Die Himmelscheibe von Nebra wird gern als "Sensationsfund" tituliert. Warum, kann Thomas Schöne plausibel erklären. Es handelt sich dabei um die älteste kunstvolle Himmelsdarstellung der Welt, die bisher gefunden wurde. Und ausgerechnet in Sachsen-Anhalt! Das hatte man den bronzezeitlichen Völkerstämmen Mitteldeutschlands nicht zugetraut. Wissenschaftler vermuten inzwischen, dass es hier eine hoch entwickelte Kultur gegeben hat, von der wir nur deshalb so wenig wissen, weil sie keine Schriftkultur besaß. Das Fatale ist nur: Die Himmelscheibe von Nebra ist die einzige ihrer Art, weit und breit wurde bisher nichts Vergleichbares gefunden. Man fragt sich schon, wie kommt so ein Kleinod aus der Bronzezeit ausgerechnet auf den Mittelberg bei Nebra? Eine solch kunstvolle Darstellung astronomischer Phänomene um 3600 vor Christus hätte man doch eher den Ägyptern oder den Babyloniern zugetraut.
Darum hat es viele Spekulationen gegeben: Ist die Scheibe überhaupt echt, stammt sie überhaupt aus der Bronzezeit, stammt sie überhaupt aus Sachsen-Anhalt? Das Thema wird in vier Kapiteln dieses Buches verhandelt. "Die Himmelscheibe ist tatsächlich echt, sie stammt aus der Bronzezeit, sie wurde am Mittelberg bei Nebra ausgegraben, und sie gehört dem Land Sachsen-Anhalt" – das sind alles Richtersprüche. Die Himmelsscheibe – ein gängiges wissenschaftliches Verfahren - wurde deshalb für echt erklärt, weil man keine überzeugenden Beweise gefunden hat, dass sie falsch sein könnte.
Obwohl einige Leute mit allen Mitteln versucht haben, zu beweisen, dass es sich um eine Fälschung handelt. Das Buch beschäftigt sich auch mit deren Argumenten. Die ersten, die behauptet haben, die Himmelsscheibe sei gefälscht, waren die Anwälte der Hehler. Denn wäre die Scheibe nicht echt, hätte man ihre Mandanten nicht verurteilen können wegen Hehlerei mit einem bedeutsamen Kulturgut. Diese Anwälte haben später einen Wissenschaftler in den Zeugenstand gebeten, den Archäologie-Professor Peter Schauer aus Regensburg. Der meinte, die Scheibe sei keine 200 Jahre alt. Ihre Patina sei künstlich erzeugt mit Hilfe von Urin, Salzsäure und einer Lötlampe. Aber 18 Wissenschaftler aus ganz Deutschland, die allesamt die Scheibe gründlich untersucht und einzelne Gutachten abgegeben hatten, waren gegenteiliger Meinung. Und ganz nebenbei stellte sich im Gerichtssaal heraus, Schauer hat die Himmelsscheibe niemals in der Hand gehabt, sondern nur auf Fotos betrachtet.
Was den Stil des Buches betrifft: hin und wieder verirrt sich der Leser im Dickicht der Fakten, Zahlen und Namen. Man merkt, das Buch hat ein Nachrichten-Journalist geschrieben, alles klingt ein bisschen wie Deutsche Presse Agentur. Dennoch. Was sich da über Jahre in sachsen-anhaltinischen Gerichtssälen abgespielt hat, mit welchen Winkelzügen, Tricks, gar Erpressungsversuchen die Raubgräber und das Hehler-Paar samt ihrer Anwälte gestritten haben – da bleibt einem tatsächlich der Mund offen. Eine richtige Räuberpistole.
Rezensiert von Susanne Mack
Thomas Schöne: Tatort Himmelsscheibe.
Eine Geschichte mit Raubgräbern, Hehlern und Gelehrten.
Mitteldeutscher Verlag. Halle 2008.
205 Seiten. 16 Euro.
Der Krimi wird retrospektiv erzählt. Er beginnt im Februar 2002 in einem Hotel in Basel. Harald Meller, Chef des Landesamtes für Archäologie in Sachsen/Anhalt, trifft sich mit zwei Kunsthändlern aus Nordrhein/Westfalen. Sie haben ihm die Himmelscheibe zum Kauf angeboten. Zum Preis von 350.000 Euro. Kurz darauf wird die Scheibe von Schweizer Polizisten beschlagnahmt und die Verkäufer verhaftet. Wegen Verdachts auf Hehlerei mit einem bedeutsamen Kulturgut.
Das Ende einer Odyssee, die fast drei Jahre gedauert hat. Die Himmelscheibe wurde im Sommer 1999 von zwei Raubgräbern gefunden. Auf dem Mittelberg bei Nebra in Sachsen-Anhalt. Zusammen mit zwei Bronzeschwertern und zwei Beilen. Die beiden Raubgräber wurden von einem Kunsthändler aus Köln mit 31.000 DM entlohnt. Der Fund wurde zunächst Museen in Berlin und München angeboten. Für rund eine Million DM. Unter Archäologen sprach sich aber schnell herum, dass dieser Fund rechtmäßig dem Land Sachsen-Anhalt gehört. Damit war er für den seriösen Kunsthandel wertlos geworden und avancierte zum Schwarzmarkt-Objekt.
Die Himmelscheibe von Nebra wird gern als "Sensationsfund" tituliert. Warum, kann Thomas Schöne plausibel erklären. Es handelt sich dabei um die älteste kunstvolle Himmelsdarstellung der Welt, die bisher gefunden wurde. Und ausgerechnet in Sachsen-Anhalt! Das hatte man den bronzezeitlichen Völkerstämmen Mitteldeutschlands nicht zugetraut. Wissenschaftler vermuten inzwischen, dass es hier eine hoch entwickelte Kultur gegeben hat, von der wir nur deshalb so wenig wissen, weil sie keine Schriftkultur besaß. Das Fatale ist nur: Die Himmelscheibe von Nebra ist die einzige ihrer Art, weit und breit wurde bisher nichts Vergleichbares gefunden. Man fragt sich schon, wie kommt so ein Kleinod aus der Bronzezeit ausgerechnet auf den Mittelberg bei Nebra? Eine solch kunstvolle Darstellung astronomischer Phänomene um 3600 vor Christus hätte man doch eher den Ägyptern oder den Babyloniern zugetraut.
Darum hat es viele Spekulationen gegeben: Ist die Scheibe überhaupt echt, stammt sie überhaupt aus der Bronzezeit, stammt sie überhaupt aus Sachsen-Anhalt? Das Thema wird in vier Kapiteln dieses Buches verhandelt. "Die Himmelscheibe ist tatsächlich echt, sie stammt aus der Bronzezeit, sie wurde am Mittelberg bei Nebra ausgegraben, und sie gehört dem Land Sachsen-Anhalt" – das sind alles Richtersprüche. Die Himmelsscheibe – ein gängiges wissenschaftliches Verfahren - wurde deshalb für echt erklärt, weil man keine überzeugenden Beweise gefunden hat, dass sie falsch sein könnte.
Obwohl einige Leute mit allen Mitteln versucht haben, zu beweisen, dass es sich um eine Fälschung handelt. Das Buch beschäftigt sich auch mit deren Argumenten. Die ersten, die behauptet haben, die Himmelsscheibe sei gefälscht, waren die Anwälte der Hehler. Denn wäre die Scheibe nicht echt, hätte man ihre Mandanten nicht verurteilen können wegen Hehlerei mit einem bedeutsamen Kulturgut. Diese Anwälte haben später einen Wissenschaftler in den Zeugenstand gebeten, den Archäologie-Professor Peter Schauer aus Regensburg. Der meinte, die Scheibe sei keine 200 Jahre alt. Ihre Patina sei künstlich erzeugt mit Hilfe von Urin, Salzsäure und einer Lötlampe. Aber 18 Wissenschaftler aus ganz Deutschland, die allesamt die Scheibe gründlich untersucht und einzelne Gutachten abgegeben hatten, waren gegenteiliger Meinung. Und ganz nebenbei stellte sich im Gerichtssaal heraus, Schauer hat die Himmelsscheibe niemals in der Hand gehabt, sondern nur auf Fotos betrachtet.
Was den Stil des Buches betrifft: hin und wieder verirrt sich der Leser im Dickicht der Fakten, Zahlen und Namen. Man merkt, das Buch hat ein Nachrichten-Journalist geschrieben, alles klingt ein bisschen wie Deutsche Presse Agentur. Dennoch. Was sich da über Jahre in sachsen-anhaltinischen Gerichtssälen abgespielt hat, mit welchen Winkelzügen, Tricks, gar Erpressungsversuchen die Raubgräber und das Hehler-Paar samt ihrer Anwälte gestritten haben – da bleibt einem tatsächlich der Mund offen. Eine richtige Räuberpistole.
Rezensiert von Susanne Mack
Thomas Schöne: Tatort Himmelsscheibe.
Eine Geschichte mit Raubgräbern, Hehlern und Gelehrten.
Mitteldeutscher Verlag. Halle 2008.
205 Seiten. 16 Euro.