Besser als ihr Ruf
Einzelkinder gelten als egoistisch, verwöhnt und schwer integrierbar. Die Psychologin Brigitte Blöchlinger räumt mit diesen Klischees auf. Mit ihrem "Lob des Einzelkindes" widerlegt sie die 13 gängigsten Vorurteile in aller Ausführlichkeit und erklärt, woher diese kommen und wie sie sogar in wissenschaftliche Studien einfließen. Ihr Fazit: Einzelkinder sind nicht nur besser als ihr Ruf, sondern in manchem auch Geschwisterkindern überlegen.
Kein Vorurteil, das nicht auf Einzelkinder zutraf: Sie seien altklug, selbstsüchtig, verwöhnt, gruppenuntauglich, liebesunfähig, nervös und neurotisch. Gift also für eine Gesellschaft, die auf sozialen Ausgleich und Miteinander ausgerichtet sein möchte. Und so schleppen sich Eltern, die nur ein Kind haben, ständig mit dem schlechten Gewissen herum, ihren Beitrag zum Gemeinwesen nur mangelhaft geleistet zu haben. Ganz zu schweigen vom unausgesprochenen Vorwurf der Umgebung und dem schlechten Gewissen dem eigenem Kind gegenüber.
Vergessen Sie all das und genießen Sie Ihr Einzelkind, schreibt jetzt die Psychologin Brigitte Blöchlinger in ihrem Buch "Lob des Einzelkindes", in dem sie die 13 gängigsten Vorurteile gegen Einzelkinder in aller Ausführlichkeit widerlegt. Auf knapp 240 Seiten wird uns erklärt, woher Vorurteile kommen und wie diese sogar in wissenschaftliche Studien einfließen. Am Ende steht die These, dass Einzelkinder nicht nur besser als ihr Ruf, sondern in manchem auch Geschwisterkindern überlegen sind.
Ein Beispiel: Einzelkinder, so heißt ein beliebtes Vorurteil, seien liebes- und damit beziehungsunfähig. Zu sehr drehe sich ihr eigenes Denken und Fühlen nur um die Befriedigung der eigenen Belange. Das Gefühlsleben anderer interessiere sie nur am Rande. Kein Wunder, schließlich hätten sie in der Kindheit nicht gelernt, mit anderen zu teilen.
"Viele Einzelkinder lassen sich lieben, aber sie können selbst nicht lieben", zitiert die Autorin den Psychologe Ulrich Beer, der zu dieser Einsätzung aufgrund seiner Erfahrungen in seiner Beratungspraxis kam und weniger aufgrund fundierter Forschung. Dazu stehen allerdings solche Studien in deutlichem Widerspruch, die zeigen, dass es die Liebe der Eltern und nicht die Geschwisterliebe ist, die aus Kindern taugliche Liebespartner werden lässt.
Darüber hinaus belegen statistische Erhebungen aus den USA, dass "mit 29 Jahren eher Geschwisterkinder geschieden waren als Einzelkinder". Denn Einzelkinder sind sehr wohl in der Lage, auf andere einzugehen. Sie können das sogar besser als Geschwisterkinder, müssen sie doch ein Leben lang um die Zuwendung anderer werben, die Geschwisterkinder allein schon aufgrund ihrer Verwandtschaft untereinander erleben. Sie müssen also flexibler und toleranter sein, um Nähe zu erleben.
In einer Gesellschaft, in der Beziehungen immer brüchiger werden, haben Einzelkinder damit sogar einen Vorteil gegenüber Geschwisterkindern. Darüber hinaus belegt eine andere Studie aus dem Jahr 2002, dass Einzelkinder, egal ob sie selbst ein Einzelkind oder ein Geschwisterkind geheiratet hatten, mit ihrer Ehe genauso zufrieden waren wie Geschwisterkinder.
Gezielt, pointiert und manchmal auch mit wissenschaftlicher Trockenheit arbeitet Brigitte Blöchlinger nahezu jedes Vorurteil ab und macht deutlich, dass nicht selten hinter den üblen Verleumdungen einfach Neid steht. Denn in Zeiten, als die Großfamilie noch Standard war, lebten Kleinfamilien auf einem wirtschaftlich viel höheren Niveau. Sie konnten sich schlicht mehr leisten und galten allein deswegen schon als "anders".
Heute hingegen ist die Kleinstfamilie längst auf dem Vormarsch. Einzelkinder sind keine Seltenheit mehr und es werden noch mehr, sagen die Demografen. Zeit also, sich den geschwisterlosen Kindern ohne schlechtes Gewissen zu widmen. Denn Einzelkinder und ihre Eltern leben oft harmonischer miteinander als Großfamilien, Streit ist seltener, und sie lernen früh, den anderen auch mal in Ruhe zu lassen.
Rezensiert von Kim Kindermann
Brigitte Blöchlinger: Lob des Einzelkindes. Das Ende aller Vorurteile
Krüger Verlag, Frankfurt am Main 2008
234 Seiten, 14,90 Euro
Vergessen Sie all das und genießen Sie Ihr Einzelkind, schreibt jetzt die Psychologin Brigitte Blöchlinger in ihrem Buch "Lob des Einzelkindes", in dem sie die 13 gängigsten Vorurteile gegen Einzelkinder in aller Ausführlichkeit widerlegt. Auf knapp 240 Seiten wird uns erklärt, woher Vorurteile kommen und wie diese sogar in wissenschaftliche Studien einfließen. Am Ende steht die These, dass Einzelkinder nicht nur besser als ihr Ruf, sondern in manchem auch Geschwisterkindern überlegen sind.
Ein Beispiel: Einzelkinder, so heißt ein beliebtes Vorurteil, seien liebes- und damit beziehungsunfähig. Zu sehr drehe sich ihr eigenes Denken und Fühlen nur um die Befriedigung der eigenen Belange. Das Gefühlsleben anderer interessiere sie nur am Rande. Kein Wunder, schließlich hätten sie in der Kindheit nicht gelernt, mit anderen zu teilen.
"Viele Einzelkinder lassen sich lieben, aber sie können selbst nicht lieben", zitiert die Autorin den Psychologe Ulrich Beer, der zu dieser Einsätzung aufgrund seiner Erfahrungen in seiner Beratungspraxis kam und weniger aufgrund fundierter Forschung. Dazu stehen allerdings solche Studien in deutlichem Widerspruch, die zeigen, dass es die Liebe der Eltern und nicht die Geschwisterliebe ist, die aus Kindern taugliche Liebespartner werden lässt.
Darüber hinaus belegen statistische Erhebungen aus den USA, dass "mit 29 Jahren eher Geschwisterkinder geschieden waren als Einzelkinder". Denn Einzelkinder sind sehr wohl in der Lage, auf andere einzugehen. Sie können das sogar besser als Geschwisterkinder, müssen sie doch ein Leben lang um die Zuwendung anderer werben, die Geschwisterkinder allein schon aufgrund ihrer Verwandtschaft untereinander erleben. Sie müssen also flexibler und toleranter sein, um Nähe zu erleben.
In einer Gesellschaft, in der Beziehungen immer brüchiger werden, haben Einzelkinder damit sogar einen Vorteil gegenüber Geschwisterkindern. Darüber hinaus belegt eine andere Studie aus dem Jahr 2002, dass Einzelkinder, egal ob sie selbst ein Einzelkind oder ein Geschwisterkind geheiratet hatten, mit ihrer Ehe genauso zufrieden waren wie Geschwisterkinder.
Gezielt, pointiert und manchmal auch mit wissenschaftlicher Trockenheit arbeitet Brigitte Blöchlinger nahezu jedes Vorurteil ab und macht deutlich, dass nicht selten hinter den üblen Verleumdungen einfach Neid steht. Denn in Zeiten, als die Großfamilie noch Standard war, lebten Kleinfamilien auf einem wirtschaftlich viel höheren Niveau. Sie konnten sich schlicht mehr leisten und galten allein deswegen schon als "anders".
Heute hingegen ist die Kleinstfamilie längst auf dem Vormarsch. Einzelkinder sind keine Seltenheit mehr und es werden noch mehr, sagen die Demografen. Zeit also, sich den geschwisterlosen Kindern ohne schlechtes Gewissen zu widmen. Denn Einzelkinder und ihre Eltern leben oft harmonischer miteinander als Großfamilien, Streit ist seltener, und sie lernen früh, den anderen auch mal in Ruhe zu lassen.
Rezensiert von Kim Kindermann
Brigitte Blöchlinger: Lob des Einzelkindes. Das Ende aller Vorurteile
Krüger Verlag, Frankfurt am Main 2008
234 Seiten, 14,90 Euro