"Best Exotic Marigold Hotel"

Von Hans-Ulrich Pönack |
Sieben Engländer im höheren Alter reisen nach Indien, um dort ihren Lebensabend zu verbringen. Anders als erwartet finden sie im Land ihrer Träume jedoch keinen Luxus - dafür aber den Weg zu sich selbst. Ein amüsanter, gescheiter Film, urteilt Hans-Ulrich Pönack.
Neulich war zu lesen, wie demenzkranke deutsche Rentner sich nach Thailand zurückgezogen haben, um sich dort besser pflegen zu lassen. Man sei dort erheblich aufgeschlossener und humaner im Umgang mit älteren Menschen, wurde weiter informiert. In diesem neuen wunderbaren und mehr britischen als amerikanischen Film geht es aber nur begrenzt um kranke englische Rentner, sondern eher um nicht so begüterte. Um insgesamt sieben ältere Herrschaften. Sie können oder wollen sich - teils selbstverschuldet, teils schicksalhaft - einen gehobenen Lebensabend im kostspieligen wie klimatisch rauen britischen zu Hause nicht (mehr) leisten und setzen auf Indien.

Die Anzeige war verheißungsvoll: Preiswerter Hotel-Luxus pur, feines Ambiente, beste All inclusive-Versorgung. Die volle indische Rundum-Magie. Und so ziehen die rüstigen Sieben erwartungsvoll in die Fremde: Die frisch verwitwete Hausfrau, die über einen täglichen Blog ihre Familie von ihrem Treiben informiert. Das bald 40 Jahre verheiratete Ehepaar, das seine Ersparnisse beim Internet-Geschäft ihrer Tochter verloren hat. Der Richter, der einst in Indien privat sehr glücklich war. Der alte Schwerenöter, der ebenso wenig seine Geburtsurkunde akzeptiert wie die viermal geschiedene, abenteuerlustige, unruhige Lady sowie die verbitterte, aber pfiffige, rassistische Ex-Haushälterin ohne eigene Familie, die in Indien schneller zu einer neuen Hüfte gelangen will.

Die Ankunft gleicht einem Schock: Statt umfangreicher Fürsorge muss schon jeder selbst dafür sorgen, seine hochgesteckten Erwartungen zu erfüllen. Selbstfindung lautet das Motto dieser zwei prächtigen Filmstunden. Das Ensemble ist vielschichtig und ganz unterschiedlich motiviert und wird von einem Meister des Fachs prächtig gelenkt: Regisseur John Madden, Jahrgang 1949, ist ein britischer Bühnen- und Leinwand-Virtuose ("Shakespeare in Love"). Während Drehbuchautor Ol Parker sich augenzwinkernd am einheimischen Bestseller-Roman "These Foolish Things" von Deborah Moggach (Drehbuch-Autorin des Films "Shakespeare in Love") orientiert hat.

Wer anderes als die Engländer könnte hierbei die glaubwürdige Kunst-Balance von Seelenkitzel und bitterem Spaß amüsant zusammenführen? Ohne dass es einen verkitschten, versüßlichten Albtraum ergibt? Natürlich: Sie besitzen ja gerade dafür darstellerische Spitzenkräfte. Wie die Bond-"M"-Chefin und Oscar-Dame Judi Dench. Wie die zweifache Oscar-Dame Maggie Smith (zuletzt die Minerva McGonagall in den "Harry Potter"-Filmen). Wie diesen köstlich-komischen Körpersprachen-Mimen Bill Nighy, der unvergessene Dampfer-Boss in "Radio Rock Revolution". Wie diesen brillanten, alleine nur durch seine charismatische Präsenz die Leinwand (aus-)füllende Tom Wilkonson (der verrückte Anwalt und George Clooney-Partner in "Michael Clayton") und, und, und …

Bill Nighy hat es in einem Interview mit der Agentur dpa auf den Punkt gebracht: "Falls es irgendeine Botschaft geben sollte, dann die: Egal was kommt, tanze weiter; es ist jetzt noch nicht vorbei". Im "Best Exotic Marigold Hotel" jedenfalls wohnt es sich kinomäßig prima. Gut so. Schön. Amüsant. Gescheit. Köstlich.

Großbritannien / USA / Indien 2012; Regie: John Madden; Darsteller: Judi Dench, Bill Nighy, Penelope Wilton, Dev Patel; ohne Altersbeschränkung; 124 Minuten

Filmhomepage "Best Exotic Marigold Hotel"