Bestattung

In alle Winde verstreut

Eine Urne mit einer Rose auf der Vorderseite.
Wohin mit der Asche? In Bremen könnte sie bald im Nachbargarten landen. © picture-alliance/ dpa / Armin Weigel
Von Franziska Rattei |
Revolution in Bremen: Das Bundesland will den Friedhofszwang lockern, Asche von Verstorbenen soll überall verstreut werden dürfen. Viele wünschen sich das für ihre Beisetzung - doch es regt sich bereits Kritik.
Eine kleine Nebenstraße im sogenannten "Viertel"; in Bremen der Stadtteil mit vielen Cafés, Naturkostläden und den typischen Altbremer Häusern. Hier hat sich Heiner Schomburg vor vier Jahren als Bestatter selbstständig gemacht. Sein Unternehmen "Trauerraum" bietet sogenannte "individuelle Bestattungen" an. Aus dem Nebenraum holt er ein paar Bilder von vergangenen Trauerfeiern.
"Zum Beispiel, das ist auf dem Lande gewesen, da ist ne Frau verstorben, die hat in Bremen lange gewohnt und ist immer mit dem Fahrrad durch die Gegend gefahren. Und da haben wir ihr Fahrrad hier, bei der Trauerfeier, neben der Urne, aufgebaut, und sie war auch Orchideen-Liebhaberin, und da haben wir auch Orchideen aufgestellt."
Nach der Trauerfeier – so individuell sie auch sein mag - muss die Urne auf einem Friedhof, in einem Friedwald oder im Meer bestattet werden. Viel mehr Möglichkeiten bietet das deutsche Bestattungsrecht nicht.
Die Initiative ging von den Grünen aus
In Bremen soll sich das jetzt ändern. Der sogenannte Friedhofszwang soll so sehr gelockert werden wie sonst nirgends in der Bundesrepublik. Die Bremer Bürgerschaft hat eine entsprechende Änderung des Gesetzes bereits in erster Lesung beschlossen. Die Initiative dafür ging, neben anderen, von Maike Schäfer aus. Sie ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen.
"Wir hatten ganz viele Gespräche mit Angehörigen, aber auch mit Bestattern, die uns immer wieder geschildert haben, dass viele Menschen individuell bestattet werden wollen. Eben nicht auf einem Friedhof, wo sie überhaupt nie Bezug zu hatten, einem Ort, wo sie in ihrem Leben vorher noch nie waren. Sondern die wollen an bestimmten Orten, die ihnen sehr naheliegen, bestattet werden. Und wir wollen den Angehörigen einfach ermöglichen, dem letzten Willen des Verstorbenen auch gerecht zu werden."
Künftig soll die Asche Verstorbener auf privaten Grundstücken oder speziell ausgewiesenen öffentlichen Flächen verstreut werden dürfen. Voraussetzung: Die verstorbene Person muss zu Lebzeiten den gewünschten Ort und eine Person für die Totensorge benannt haben. "Einen Meilenstein" nennt Maike Schäfer den Gesetzentwurf. Kritiker, die Kirche zum Beispiel, sehen das ganz anders. Bernd Kuschnerus ist stellvertretender Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche und damit einer der beiden hohen Repräsentanten der BEK.
Auf Eventualitäten vorbereitet
"Beim Verstreuen muss man einfach gucken: Wir haben so ganz viele romantische Vorstellungen von Filmen im Kopf, wo dann die Asche im Wind davon geweht wird. Aber wie die Praxis aussieht, ist dann ja oft anders. Und der Wind weht dann nicht immer so, wie man sich das im Film so anguckt."
Auf solche Eventualitäten ist das Bremer Gesetz vorbereitet. "Nachbargrundstücke dürfen nicht wesentlich beeinträchtigt werden" heißt es da. Aber es gibt noch mehr Kritik, etwa von der CDU, die fragt, ob man in der Lage sei, Verstöße zu kontrollieren. Und: Wo sollen Menschen trauern, die zu dem ausgesuchten Privatgrundstück keinen Zugang haben?
Die zweite Lesung steht noch an, bevor es dann am 1. Januar 2015 in Kraft treten könnte.
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