Bestelltes Solo einer Tänzerin
Manchmal geben Musiker, die normalerweise Hallen füllen, intime Konzerte in Clubs. Die Öffentlichkeit erfährt erst in letzter Minute von dem Ereignis, Karten würden ein kleines Vermögen kosten, wenn sie denn zu bekommen wären. Jetzt haben ein weltberühmter Choreograf und eine gefeierte Tänzerin die Ballettwelt in ähnliche Aufregung versetzt. Starballerina Sylvie Guillem präsentierte ein neues, von Mats Ek für sie geschaffenes Solo im tief verschneiten, kaum zu erreichenden Stockholmer "Dansens Hus".
Die Französin Sylvie Guillem und der Schwede Mats Ek sind – jeder auf seine Weise – nicht nur berühmt für ihre außergewöhnlichen Beiträge zum Tanz. Sie sind auch notorisch scheue Persönlichkeiten. Mit der Stockholmer Voraufführung der Choreografie "Ajö" wollten sie denn auch alles andere als Aufsehen erregen. Ihre Variante des geheim gehaltenen Clubkonzerts war sehr schwedisch: Die Kartenvergabe erfolgte zu den üblichen sozialdemokratischen Preisen und an jeden tanzinteressierten normalsterblichen Schweden.
Der 65-jährige Ek verschmilzt in seiner Theatersprache Schauspiel und Tanz. In seinen Choreografien gelingt es ihm, mit einem sehr kraftvollen, erdbezogenen Tanzvokabular Figuren prägnant zu charakterisieren.
Die 45-jährige Guillem, einst von Rudolf Nurejew zum jüngsten Etoile der Pariser Oper ernannt, ist die überragende klassische Ballerina ihrer Generation ob als Giselle, Odette / Odile oder Manon. Daneben hat sie sich in den vergangenen Jahren mit Choreografen wie Akram Khan oder Russell Maliphant ein zeitgenössisches Repertoire eigens für sie geschaffener Werke aufgebaut.
Besonders ist ihre Arbeitsbeziehung zu Mats Ek. Es dauerte, bis sie den Mut gefasst hatte, ihn um ein Stück zu bitten – das war dann der Tanzfilm "Wet Woman" 1993.
Sylvie Guillem: "We never saw each other on stage. We started to work together on the film 'Wet woman', right?"
Bevor sie Mats Ek zum ersten Mal persönlich begegnete, lernte sie seine Frau, die Tänzerin Ana Laguna kennen, als beide gleichzeitig beim Festival von Spoleto auftraten. Später besuchte Sylvie Guillem eine Vorstellung von Mats Eks berühmter Neufassung des Klassikers "Giselle" im Pariser Théâtre de la ville – ohne sich zu trauen, ihn anzusprechen.
Sylvie Guillem: "I was very shy and it was quite difficult for me to talk. I must have looked at Mats without saying anything."
Sylvie Guillem, der das Londoner South Bank Centre vorgeschlagen hatte, ein einstündiges filmisches Porträt der Ausnahmeballerina zu produzieren, fasste sich ein Herz und bat Mats Ek schließlich, für diesen Film eigens ein Solo für sie zu kreieren. Mats Ek aber zögerte:
"I was hesitant I am brought up in a small modern company basically as a dancer. I was never mainly a dancer but nevertheless I was connected to this small touring company."
Mats Ek zögerte, denn er hatte seinen Weg als Choreograf begonnen mit Arbeiten für eine kleine Tourneecompany für modernen Tanz in Schweden, in der er auch als Tänzer arbeitete. Je berühmter er wurde, desto mehr Anfragen kamen von Startänzern, ob nicht Ek für sie persönlich Stücke choreografieren könnte. Ihm hatte das nie behagt, er arbeitete lieber für Compagnien. Aber mit Sylvie war das etwas anderes. Ihre Zusammenarbeit bei "Wet Woman" oder "Smoke" hatte einen sehr langen Vorlauf und die Musik schien ihn zu nichts anderm als einem Solo für Sylvie Guillem zu inspirieren. So wie jetzt bei "Ajö", dem neuen Stück der beiden.
Mats Eks Frau Ana Laguna hatte ihm eine Einspielung von Beethovens Klaviersonaten von Ivo Pogorelich geschenkt und der Choreograf spürte beim ersten Hören, dass der 20-minütige zweite Satz der Klaviersonate Nr. 32 in c-Moll Opus 111 für ein Solo genau richtig wäre. Und in diesem Moment rief Sylvie Guillem an.
Mats Ek: "And I saw that this music could work for a solo."
Mit Ajö, dem schwedischen Abschiedsgrußwort – hat Ek den denkbar besten Titel für das Solo gefunden. Handelt es sich doch um Beethovens letzte Klaviersonate. Insbesondere der hier vertanzte zweite und letzte Satz scheint in metaphysische Sphären zu entführen – bei aller Diesseitigkeit etwa in den sehr tänzerischen mittleren Passagen.
Wie erarbeitet man eine musikalisch so sensible tänzerische Partitur?
Mats Ek: "I do it on my body but I have the concept ready before I enter any collaboration. I am not free in front of others I have to be alone with my thoughts. Improvisation happens when I am alone. But much more than the dancer knows they influence my phantasy. But its quite primitive. I show and she imitates."
Mats Ek choreografiert, in dem er selbst alleine die Schritte entwickelt, aber mit dem Gedanken an die Tänzerin, die sie ausführen soll. Der Rest sei Handwerk, so Ek: Er zeige die Schritte und sie lerne sie von ihm. Das klingt Guillem zu technisch:
"Mats gives you so much information. Its not only the steps. It's a lot about this woman, the emotion, its a lot of images, of colors that Mats is giving at the same time than the steps so it's building this character of this woman with a lot of flesh. It's not a skeleton of movement."
Mats gebe ihr eine Menge mehr Informationen als nur Schritte. Er spreche über die Frau, ihre Empfindungen – in Bildern, in Farben. Die Frau in "Ajö "sei kein Bewegungsskelett, sondern eine Person aus Fleisch und Blut.
Service: Die Uraufführung von "Ajö" wird im Juli im Haus des finanziell stärkeren Koproduzenten stattfinden, im Londoner Sadler' s Wells Theatre.
Der 65-jährige Ek verschmilzt in seiner Theatersprache Schauspiel und Tanz. In seinen Choreografien gelingt es ihm, mit einem sehr kraftvollen, erdbezogenen Tanzvokabular Figuren prägnant zu charakterisieren.
Die 45-jährige Guillem, einst von Rudolf Nurejew zum jüngsten Etoile der Pariser Oper ernannt, ist die überragende klassische Ballerina ihrer Generation ob als Giselle, Odette / Odile oder Manon. Daneben hat sie sich in den vergangenen Jahren mit Choreografen wie Akram Khan oder Russell Maliphant ein zeitgenössisches Repertoire eigens für sie geschaffener Werke aufgebaut.
Besonders ist ihre Arbeitsbeziehung zu Mats Ek. Es dauerte, bis sie den Mut gefasst hatte, ihn um ein Stück zu bitten – das war dann der Tanzfilm "Wet Woman" 1993.
Sylvie Guillem: "We never saw each other on stage. We started to work together on the film 'Wet woman', right?"
Bevor sie Mats Ek zum ersten Mal persönlich begegnete, lernte sie seine Frau, die Tänzerin Ana Laguna kennen, als beide gleichzeitig beim Festival von Spoleto auftraten. Später besuchte Sylvie Guillem eine Vorstellung von Mats Eks berühmter Neufassung des Klassikers "Giselle" im Pariser Théâtre de la ville – ohne sich zu trauen, ihn anzusprechen.
Sylvie Guillem: "I was very shy and it was quite difficult for me to talk. I must have looked at Mats without saying anything."
Sylvie Guillem, der das Londoner South Bank Centre vorgeschlagen hatte, ein einstündiges filmisches Porträt der Ausnahmeballerina zu produzieren, fasste sich ein Herz und bat Mats Ek schließlich, für diesen Film eigens ein Solo für sie zu kreieren. Mats Ek aber zögerte:
"I was hesitant I am brought up in a small modern company basically as a dancer. I was never mainly a dancer but nevertheless I was connected to this small touring company."
Mats Ek zögerte, denn er hatte seinen Weg als Choreograf begonnen mit Arbeiten für eine kleine Tourneecompany für modernen Tanz in Schweden, in der er auch als Tänzer arbeitete. Je berühmter er wurde, desto mehr Anfragen kamen von Startänzern, ob nicht Ek für sie persönlich Stücke choreografieren könnte. Ihm hatte das nie behagt, er arbeitete lieber für Compagnien. Aber mit Sylvie war das etwas anderes. Ihre Zusammenarbeit bei "Wet Woman" oder "Smoke" hatte einen sehr langen Vorlauf und die Musik schien ihn zu nichts anderm als einem Solo für Sylvie Guillem zu inspirieren. So wie jetzt bei "Ajö", dem neuen Stück der beiden.
Mats Eks Frau Ana Laguna hatte ihm eine Einspielung von Beethovens Klaviersonaten von Ivo Pogorelich geschenkt und der Choreograf spürte beim ersten Hören, dass der 20-minütige zweite Satz der Klaviersonate Nr. 32 in c-Moll Opus 111 für ein Solo genau richtig wäre. Und in diesem Moment rief Sylvie Guillem an.
Mats Ek: "And I saw that this music could work for a solo."
Mit Ajö, dem schwedischen Abschiedsgrußwort – hat Ek den denkbar besten Titel für das Solo gefunden. Handelt es sich doch um Beethovens letzte Klaviersonate. Insbesondere der hier vertanzte zweite und letzte Satz scheint in metaphysische Sphären zu entführen – bei aller Diesseitigkeit etwa in den sehr tänzerischen mittleren Passagen.
Wie erarbeitet man eine musikalisch so sensible tänzerische Partitur?
Mats Ek: "I do it on my body but I have the concept ready before I enter any collaboration. I am not free in front of others I have to be alone with my thoughts. Improvisation happens when I am alone. But much more than the dancer knows they influence my phantasy. But its quite primitive. I show and she imitates."
Mats Ek choreografiert, in dem er selbst alleine die Schritte entwickelt, aber mit dem Gedanken an die Tänzerin, die sie ausführen soll. Der Rest sei Handwerk, so Ek: Er zeige die Schritte und sie lerne sie von ihm. Das klingt Guillem zu technisch:
"Mats gives you so much information. Its not only the steps. It's a lot about this woman, the emotion, its a lot of images, of colors that Mats is giving at the same time than the steps so it's building this character of this woman with a lot of flesh. It's not a skeleton of movement."
Mats gebe ihr eine Menge mehr Informationen als nur Schritte. Er spreche über die Frau, ihre Empfindungen – in Bildern, in Farben. Die Frau in "Ajö "sei kein Bewegungsskelett, sondern eine Person aus Fleisch und Blut.
Service: Die Uraufführung von "Ajö" wird im Juli im Haus des finanziell stärkeren Koproduzenten stattfinden, im Londoner Sadler' s Wells Theatre.