Sexdebatten, Staatstrojaner und NSU-Ermittlungen
Bis zu 8000 Teilnehmer erwartet die Digitalkonferenz Republica in ihrem zehnten Jahr. Zehn mal mehr als 2007 - und längst auch nicht mehr nur männliche Blogger. Das Themenspektrum war zwar damals schon breit. Inzwischen braucht man aber eine gute Vorbereitung.
Reges Treiben im riesigen Innenhof des ehemaligen Postbahnhofs in Berlin. Alle sind irgendwie beschäftigt: Tippen in ihr Smartphone oder ihren Laptop, nippen diskutierend am Latte Macchiato oder entschwinden in eine der anliegenden Hallen, wo mehr als 700 Redner in diesen drei Tagen zu Wort kommen sollen. Es geht um die Digitalisierung – soviel ist klar. Doch wie würden die Besucher die re:publica genau beschreiben?
"Als eine Konferenz von allen möglichen und unmöglichen Leuten, die irgendwas mit und in dem Netz machen."
"Es kommt mir ein bisschen vor wie das Muppet-Labor. Hier wird die Zukunft von morgen gemacht und zwar heute. Das ist sehr inspirierend."
"Die re:publica ist eine Konferenz, in der wir uns inzwischen mit jedem Aspekt der Digitalisierung beschäftigen. Kernpunkt ist immer noch, wie verändert Internet unsere Gesellschaft."
Um diese Frage ging es von Anfang an, als im April 2007 erstmals vornehmlich männliche Blogger zu einer Art Klassentreffen in der Berliner Kalkscheune zusammenkamen. "Leben im Netz" hieß die erste Ausgabe der re:publica – die damals noch viel intimer daher kam, denn auch Blogs waren noch privater als heute. Die Bandbreite der Themen, über die im Netz geschrieben wurde, war allerdings bereits groß. Beste Voraussetzung für die Metamorphose hin zu einer Gesellschaftskonferenz, sagt die Netzaktivistin Anke Domscheit-Berg.
"Was mit der Zeit aufgefallen ist, ist dass dort eben Leute hingekommen sind, denen das Digitale als solches sehr wichtig war. Und eben nicht bloß der Blog im Internet. Sondern alles mögliche andere eben auch. Und so mäanderte das in ganz viele Richtungen, so dass es eine Technologie- und Zukunfts- und digitalen Gesellschaftskonferenz ist mit ganz vielen Aspekten."
Einführungsvorträge, Visualisierungen und Workshops
Die aber immer einen gemeinsamen Nenner haben: die Frage, wie kann das Internet die Gesellschaft bunter, gerechter, transparenter – also demokratischer machen? Alles, was thematisch da hinein passt, hat auch Platz auf der re:publica.
"Na wir haben jetzt gehört, es gibt 'ne neue Sexdebatte, es gibt 'ne Debatte darüber, wie die sozialen Netzwerke mit Nacktheit umgehen."
"Dann hat man aber auch so ganz ernste Themen wie Staatstrojaner, NSU-Ermittlungen. Man hat sehr philosophische Debatten auch zwischendrin, dann sehr technische Debatten. Also es verschränken sich tatsächlich alle möglichen gesellschaftlichen Bereiche von Wirtschaft über Kultur, über Umwelt und Ökologie."
"Zukunft der Arbeit ist ein Thema."
Die re:publica richtet sich an alle, die sich mit der Digitalisierung auseinandersetzen wollen – Anfänger wie Fortgeschrittene. Einführungsvorträge, Visualisierungen und auch Workshops sollen es jedem leicht machen, in die digitale Welt einzutauchen. Doch so, wie das Internet immer mehr den Alltag in Beschlag nimmt, so wächst auch die re:publica – für die man aufgrund ihrer Größe fast schon eine Gebrauchsanweisung benötigt. Eine gute Vorbereitung jedenfalls sei die halbe Miete, sagt Netzaktivistin Anke Domscheit-Berg.
"Das würde ich jedem empfehlen. Dass man sich eine Miniliste macht, wo man chronologisch sortiert, was will ich wann wo sehen, schon mal vorbereitet und mitnimmt. Das große Programm ist einfach viel zu groß. Meine Erfahrung ist, dass man sich höchstens an die Hälfte seiner eigenen Liste hält. Weil man einfach außerhalb der Vorträge super interessante Menschen trifft, Dinge ausprobiert oder einfach mal 'ne kleine Pause braucht. Aber so 'ne Liste zu haben vorher, das ist schon ganz toll."
Denn andernfalls kann man sich auf der re:publica schnell verlieren. Genauso, wie im Internet.