"Die Geschichte lebt hier"
Das Lorraine Motel in Memphis ging in die Geschichte ein: Hier wurde am 3. April 1968 Martin Luther King erschossen. Mittlerweile ist es der Mittelpunkt des Nationalen Bürgerrechtsmuseums, das die US-amerikanische Geschichte aus schwarzer Sicht erzählt.
Es war der Abend des 3. April 1968. Dr. Martin Luther King, jr., Pastor, Bürgerrechtskämpfer, Friedensnobelpreisträger, war nach Memphis im Bundesstaat Tennessee gekommen, um die schwarzen Müllarbeiter bei ihrem Streik zu unterstützen. Wie meist war seine Rede zugleich eine Predigt, voller Bilder. Schließlich sprach er über die Morddrohungen, die er, wie so oft zuvor, erhalten hatte. Und fand prophetische Worte:
"Ich weiß nicht, was geschehen wird. Vor uns stehen schwere Tage. Aber ich mache mir um mich keine Sorgen, denn ich habe den Gipfel des Berges erklommen. Wie jeder andere hätte ich gern ein langes Leben. Aber das beschäftigt mich nicht. Ich möchte Gottes Willen tun, und er hat mir erlaubt, den Berg zu erklimmen und das gelobte Land zu sehen. Vielleicht werde ich es nicht gemeinsam mit Euch erreichen, aber heute Abend möchte ich, dass Ihr wisst, dass wir als Volk das gelobte Land erreichen werden. Und deshalb bin ich glücklich heute. Deshalb bin ich nicht besorgt, deshalb fürchte ich keinen Menschen, denn ich habe die Herrlichkeit der Ankunft des Herrn gesehen."
Terri Freeman: "So weit ich von Zeitzeugen gehört habe, war es nicht das erste Mal, dass er eine Rede wie diese hielt. Das Bild, dass er das gelobte Land nicht gemeinsam mit seinen Leuten erreichen würde, hat er in Memphis nicht zum ersten Mal gebraucht. Aber die Menschen, die ihm nahe standen, sagten später, dass das Gefühl, die Stimmung an diesem Abend, anders als sonst gewesen sei."
Terri Freeman ist die Präsidentin des American Civil Rights Museum in Memphis, dessen Herz das Lorraine Motel ist. In diesem Motel im schwarzen Ghetto von Memphis, in dem in den 50er- und 60er-Jahren fast nur schwarze Reisende abstiegen, übernachtete Martin Luther King am 3. April 1968 mit seinen Mitstreitern.
Terri Freeman ist die Präsidentin des American Civil Rights Museum in Memphis, dessen Herz das Lorraine Motel ist. In diesem Motel im schwarzen Ghetto von Memphis, in dem in den 50er- und 60er-Jahren fast nur schwarze Reisende abstiegen, übernachtete Martin Luther King am 3. April 1968 mit seinen Mitstreitern.
Das Lorraine Motel - ein "heiliger Ort"
Das Lorraine Motel mit Kings Zimmer 306 wurde in den Neubau des von der Ford Motor Company gesponserten Nationalen Bürgerrechtsmuseums in Memphis integriert und ist heute genau so zu besichtigen, wie es zu Kings Zeiten aussah. Von außen wirkt es noch immer so, als würde es jeder Zeit Gäste empfangen. Ein typisches, amerikanischen Motel – breit und flach, nur zwei Stockwerke hoch, die Parkplätze direkt vor den Zimmern im Erdgeschoss. Die Zimmertüren sind türkis gestrichen, in den Zimmern breite Betten, weiße Lackmöbel, Röhrenfernseher. Nichts Besonderes – und doch:
"Es gibt heilige Orte. Orte, an denen wir uns an die erinnern, die den größten Preis für unsere Freiheit gezahlt haben. Hier sind Sie an einem solchen Ort."
"In unserer Geschichte haben Menschen afrikanischer Herkunft, haben Menschen wie Martin Luther King, für Freiheit und Gleichberechtigung gekämpft und sind dafür gestorben. Das Nationale Bürgerrechtsmuseum erzählt die Geschichte dieses Kampfes. Die Geschichte lebt hier."
"In den 70er-Jahren erkannten engagierte Bürger der Stadt, dass Menschen nach Memphis kamen, nur um sich das Motel anzusehen und dass es erhalten werden sollte. Das Motel war damals in schlechtem Zustand, war pleite und das Grundstück sollte versteigert werden. Sie haben dann den Staat Tennessee davon überzeugt, das Motel zu kaufen und es der Stadt zu Bildungs- und historischen Zwecken zu überlassen. Man gründete die Lorraine-Motel-Stiftung, die das Museum schließlich 1991 eröffnete. 2002 wurde es zum ersten Mal renoviert und das Haus gegenüber, von dem die Schüsse auf King abgegeben worden waren, hinzugefügt. Die letzte Überarbeitung der Ausstellung erfolgte 2014."
Das Museum erzählt amerikanische Geschichte konsequent aus schwarzer Sicht. Es ist ein modernes amerikanisches Museum, setzt auf großflächige Bilder und Installationen, historische Originaltöne, Videos, Oral History, interaktive Medien und verhältnismäßig wenige Ausstellungsstücke. Die Ausstellung führt durch vier Jahrhunderte; sie beginnt 1619 mit der Sklaverei, die erst zweieinhalb Jahrhunderte später mit dem amerikanischen Bürgerkrieg endete. Sie erzählt die Geschichte der Rekonstruktion der amerikanischen Südstaaten, der Rassentrennung im Süden und der daraus resultierenden alltäglichen Demütigung der Schwarzen. Sie erzählt vom gewaltlosen Widerstand der 1950er- und 60er-Jahre, den Märtyrern der Bewegung, unter denen auch Weiße waren, den Märschen und Versammlungen und schließlich den großen Erfolgen, als unter Präsident Lyndon B. Johnson die rechtliche Gleichstellung der Schwarzen auch im Süden erreicht wurde. Der Rundgang endet im Lorraine Motel und bietet einen Blick in die Zimmer 306 und 307, in denen King und seine Leute untergebracht waren. 2014 wurde der Ausstellung auch eine Abteilung über die Black Panther Party hinzugefügt, die damals wie heute umstritten ist. Die jungen schwarzen Kämpfer der Panthers hatten sich bewaffnet, was Martin Luther King missbilligte. Die Panthers aber pochten, wie die Weißen, auf das Recht der Amerikaner, Waffen zu tragen. Vor allem aber kämpften sie für ein besseres Leben der Schwarzen in den Ghettos des Nordens.
Als King starb, war er erst 39 Jahre alt
Terri Freeman: "Ich denke, wenn man sich diesen Teil der Ausstellung ansieht, lernt man eine Menge über die Black Panther Party, der es wirklich darum gegangen war, die Menschen anzuleiten, sich selbst zu helfen. Die Black Panthers wollten allen armen Menschen helfen. Die Hautfarbe kümmerte sie nicht. Es war ihnen egal, ob die Leute schwarz, weiß, orange, grün oder lila waren. Sie wollten sie dazu bringen, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen und nicht von einer Regierung abhängig zu sein, die sich wenig um sie zu scheren schien."
Ähnlich sah es Martin Luther King in den letzten Jahren seines Lebens. Er war, obwohl selbst noch sehr jung, der weltweit respektierte Führer der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Er war erst 26 Jahre alt, als er 1955 diese Rolle spontan und aufgrund seiner enormen Ausstrahlung übernahm. Neun Jahre später unterzeichnete Präsident Johnson den Civil Rights Act, ein Jahr später ein neues Wahlgesetz: die Gleichstellung der Schwarzen vor dem Gesetz war erreicht. Das Ziel jedoch noch lange nicht.
Ähnlich sah es Martin Luther King in den letzten Jahren seines Lebens. Er war, obwohl selbst noch sehr jung, der weltweit respektierte Führer der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Er war erst 26 Jahre alt, als er 1955 diese Rolle spontan und aufgrund seiner enormen Ausstrahlung übernahm. Neun Jahre später unterzeichnete Präsident Johnson den Civil Rights Act, ein Jahr später ein neues Wahlgesetz: die Gleichstellung der Schwarzen vor dem Gesetz war erreicht. Das Ziel jedoch noch lange nicht.
"King hatte erkannt, dass trotz dieser Erfolge die Rassentrennung in den USA de facto weiter bestand. Als er in den Norden kam, stellte er fest, dass es den Schwarzen dort kaum besser ging als den Schwarzen im Süden, nur dass es dort größere Rechtssicherheit gab. Aber wenn man es sich nicht leisten kann, dort zu leben, wo man leben möchte, wenn die Kinder auf schlechte Schulen gehen müssen, wenn man keinen Job findet, wenn junge Leute sich deshalb auf der Straße herumtreiben und kriminell werden, dann haben wir noch gar nichts erreicht. Das war für viele Weiße eine bedrohliche Botschaft, nachdem sie sich darin gesonnt hatten, für die Schwarzen die Gleichberechtigung und das Wahlrecht mit erkämpft zu haben. Aber für die wirtschaftliche Situation galt das nicht."
King war erst 39 Jahre alt, als er starb. Jedes Jahr im Januar gedenken die USA seiner an einem Nationalfeiertag, eine Ehre, die sonst nur George Washington zuteil wird. In Atlanta, Kings Heimatstadt, bewahrt das King Center sein Andenken und würdigt seine historische Leistung. Wie auch in Memphis, wo man den Besuchern aus aller Welt aber vor allem zeigen will, dass es auch eine schwarze amerikanische Geschichte gibt. Terri Freeman:
"Sie können in das Museum kommen und nur 45 Minuten bleiben oder vier Stunden. Aber Sie werden immer verstehen, worum es hier geht und Sie werden immer berührt sein."