"Better Call Saul"

Ein Spin-Off, das "Breaking Bad" in den Schatten stellt

07:50 Minuten
Ein Mann im Anzug sitzt in einem Büro, im Hintergrund stehen Kisten.
Bob Odenkirk als Saul Goodman - die Geschichte eines Anwalts, der unaufhörlich über die eigenen Füße stolpert, aber immer wieder aufsteht. © Netflix/Michele K. Short
Von Matthias Dell |
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Die fünfte Staffel von "Better Call Saul" geht zu Ende. Für unseren Kritiker Matthias Dell ist die Serie eine Offenbarung der Langsamkeit. Keine andere Serie koste erzählerische Umwege und Abschweifungen so aus.
Die fünfte Staffel von "Better Call Saul" auf Netflix geht zu Ende, und das Ziel ist immer noch nicht erreicht. Das Spin-Off von "Breaking Bad" erzählt die Vorgeschichte der Anwaltsfigur Saul Goodman aka Jimmy McGill (gespielt von Bob Odenkirk). Und verfolgt damit seit fünf Jahren den wohl längsten Suspense der Filmgeschichte – wann wird "Better Call Saul" in "Breaking Bad" ankommen, wann Saul Goodman (wie sich die Figur ab dieser Staffel nennt)? Wann wird der schmierig-clevere Anwalt auf Walter White treffen, den Chemielehrer, der sich zum Chef eines Drogen-Imperiums aufschwingen will?
Ein Charakteristikum von "Better Call Saul" ist Langsamkeit. Wo das Ziel feststeht, wird der Weg dahin interessant – und wohl keine andere Serie kostet erzählerische Umwege und Abschweifungen so aus wie "Better Call Saul". Durch die Langsamkeit bekommen gewisse Ereignisse eine größere Wucht. In dieser Staffel ist es die traumatische Erfahrung, die Saul Goodman in der Wüste macht. "Die Geschichte ist noch nicht vorbei", erklärt ihm sein Retter Mike Ehrmanntraut danach, als Saul/Jimmy die Gewalt, die Gefahr, den Irrsinn zu verarbeiten versucht, in den er sich begeben hat. Und beschreibt damit zugleich das poetologische Programm der Serie.

Ein Spin-Off mit Eigenleben

Auf diese Weise entfaltet "Better Call Saul" ein Eigenleben. Es geht nicht nur um einen Anbau an "Breaking Bad", das ganze Haus wird neu entworfen: Wie bei Walter White handelt die Geschichte von Saul Goodman/Jimmy McGill davon, wie man vom rechten Weg abkommt. Nur haben sich die Koordinaten geändert: An die Stelle des alten, weißen Mannes, der mit seinem Bedeutungsverlust nicht umgehen kann (Walter White) und deshalb die Halbwelt in Schutt und Asche legt, tritt eine flamboyante Figur, die von unten kommt. Was sich auch an der Rolle von Jimmys Frau Kim Wexler (Rhea Seahorn) zeigt.
Nicht selten räumen Spin-Offs auf, bringen Geschichten zu Ende, die liegen geblieben sind entlang der Fan-Erwartungen (wie es im Fall von "Breaking Bad" mit dem Film "El Camino" der Fall war, der die Geschichte von Whites Kompagnon Jesse Pinkman, gespielt von Aaron Paul, zu Ende erzählte).
Im Fall von "Better Call Saul" ist es anders – die Zeit, die die Serie sich nimmt, lässt "Breaking Bad" ziemlich alt aussehen. Auch weil, wie an jedem Staffelbeginn, Saul Goodman/Jimmy McGill beziehungsweise der Bäckerei-Filialist Gene, wie die Post-"Breaking Bad"-Identität des Anwalts in Omaha, Nebraska mittlerweile heißt, erkannt wird von einem Taxifahrer. Der verlangt von Saul/Jimmy/Gene, seinen alten Werbespruch zu sagen: "Better Call Saul". Um nach dem dritten, zögerlichen Versuch zu befinden: "Etwas eingerostet, aber das wird besser beim nächsten Mal."
Nimmt man diesen Hinweis ernst, könnte es mit "Better Call Saul" theoretisch auch nach "Breaking Bad" noch weitergehen.
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