Bettina Baltschev: "Am Rande der Glückseligkeit"
Berenberg, Berlin 2021
280 Seiten, 25 Euro
Am Strand sind alle gleich
10:49 Minuten
Acht europäische Strände, acht Geschichten. In "Am Rand der Glückseligkeit" erzählt Bettina Baltschev entlang der Küsten von sozialen Gefügen, Grenzen und dem Militär. Es geht um die Klassengesellschaft und um Freiheit.
Bettina Baltschev lebt in Leipzig und ist in der DDR aufgewachsen. Exotische Strände kannte sie dort nur aus Büchern:
"Man sucht eben in der Literatur die Strände und reist mit diesen Büchern in den Süden. Natürlich habe ich lange gedacht, wer weiß, ob ich jemals in meinem Leben da überhaupt hinreisen kann. Doch dann ist es anders gekommen, als wir alle dachten."
Strände wirken für uns so anziehend, weil wir an sie unsere Sehnsüchte projizieren und sie auch idealisieren, vermutet Baltschev. Außerdem seien sie ein Ort, an dem alle Klassen aufeinendertreffen und wo man sich fern des Alltags bewegen kann.
Für die Autorin zeigen Strände auch die Entwicklung der Menschheit. Früher habe es sich um einen Unort gehandelt, eine Grenze zwischen Gebieten, wo im Meer Gefahren lauern. Sie seien ein Ort, den wir uns erst kulturell erobern mussten.
Der Strand als Außengrenze
Doch Strände können immer noch Grenzen sein. So sei zum Beispiel Hiddensee als Außengrenze der DDR wie der Eiserne Vorhang mit Konsequenzen geschützt worden. Eine moderne Parallele dazu ist in Baltschevs neuen Buch "Am Rand der Glückseligkeit" die griechische Insel Lesbos.
"Dieser Strand hat sich in einen politischen Strandort verwandelt. Aber nicht, weil irgendeine Regierung das festgelegt hat, sondern weil dieser Strand der Strand war, wo sehr viele Geflüchtete ankamen und immer noch ankommen. Der Strand wird von Menschen erobert, die eigentlich auch einen Sehnsuchtsort suchen – genauso wie die Menschen, die sich eigentlich am Strand erholen wollen. So kommt da eine ganz merkwürdige Ambivalenz ins Spiel", so Baltschev.
(hte)