Versöhnungsgeste und Buhrufe
Zehntausende nahmen heute in Soweto bei Johannesburg Abschied von Südafrikas Nationalhelden Nelson Mandela. Fast 100 Staats- und Regierungschef erwiesen ihre Ehre. Es gab eine Versöhnungsgeste zwischen US-Präsident Obama und Kubas Regierungschef Castro. Südafrikas amtierender Präsident Zuma wurde ausgebuht.
Eine Geste der Versöhnung gab es auf der heutigen Gedenkfeier für Nelson Mandela in Johannesburg. US-Präsident Barack Obama und sein kubanischer Kollege Raúl Castro schüttelten einander am Rande der Zeremonie die Hände. Obama wolle dies als Zeichen seines guten Willens verstanden wissen, sich Feinden der USA anzunähern, sagte ein US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP.
In seiner Rede im Stadion von Soweto bei Johannesburg kritisierte Obama jedoch kurz darauf, es gebe in der Welt weiterhin "zu viele Staatsmänner, die sich mit dem Freiheitskampf von Nelson Mandela solidarisch zeigen, aber in ihren eigenen Ländern keine Opposition dulden".
Die Feier für den am Donnerstag im Alter von 95 Jahren gestorbenen südafrikanischen Nationalhelden, den "Vater der Nation", fand ganz in der Nähe von Mandelas ehemaliger Heimat, dem Township Soweto, statt. Hier hielt er nach 27 Jahren im Gefängnis 1990 vor 100.000 jubelnden Menschen eine flammende Rede für die Demokratie.
Regen als Zeichen der Anerkennung der Ahnen
Es regnete in Strömen, doch "viele Südafrikaner sagten, das halte sie nicht ab, Nelson Mandela die letzte Ehre zu erweisen, er habe für sie viel mehr geopfert als nur einen Vormittag im strömenden Regen", berichtete Leonie March im Deutschlandradio Kultur. Außerdem sei Regen dem traditionellen Glauben nach ein gutes Omen, ein Zeichen für den Segen und die Anerkennung der Ahnen. Die Besucher der Trauerfeier tanzten und sangen stundenlang. Wegen des Wetters waren dennoch deutlich weniger Menschen gekommen als erwartet - das 95 000 Zuschauer fassende Stadion war nur zur Hälfte gefüllt.
Der politischer Ziehsohn von Mandela und Vizepräsident des regierenden ANC, Cyril Ramaphosa, hielt einleitende Wort und moderierte die Veranstaltung "Wir sind heute hier, um Madiba zu sagen, dass er sich endlich ausruhen kann. Sein langer Weg ist vorbei, aber unserer beginnt erst", sagte er.
"Diese Vielfalt hätte Mandela gefallen", so ein Sprecher der Familie. "Südafrika hat einen Helden verloren, die Welt einen Mentor", so UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.
Nach Angaben der südafrikanischen Regierung hatten fast 100 Staats- und Regierungschefs und Minister ihre Teilnahme angekündigt. Barack Obama stellte Mandela in eine Reihe mit Mahatma Gandhi, Martin Luther King Jr. und Abraham Lincoln. "Er verstand, dass Ideen nicht von Gefängnismauern eingesperrt oder von der Kugel eines Scharfschützen ausgelöscht werden können."
Buhrufe für Südafrikas Präsident Zuma
Viele verließen nach der umjubelten Rede von US-Präsident Barack Obama das Stadion. Die Ansprache von Südafrikas Präsident Jacob Zuma warteten sie nicht ab. Zuvor hatte die Masse Zuma ausgebuht.
Auch jenseits dieser großen Feierlichkeiten und der Pilgerorte, wie Nelson Mandelas Haus in Johannesburg, wird Nelson Mandelas gedacht, so Leonie March. "Ich habe selbst in kleineren Orten etliche Porträtfotos von Mandela gesehen, vor denen die Menschen Blumen niedergelegt haben. Dort kommt es immer wieder zu Begegnungen zwischen den Südafrikanern. Diese Annäherung seiner Landsleute wäre Mandela viel viel wichtiger gewesen, als all die salbungsvollen Worte von Prominenten und Politikern in den letzten Tagen".
Mandelas Geist sei in diesen Tagen deutlich spürbar, "Südafrika scheint momentan alle Probleme, die das Land sonst zeichnen, zu vergessen." Die Menschen seien einander sehr zugewandt.
Der Historiker Paul Nolte sieht in ihm einen Helden, der typisch sei für unsere Zeit. Nicht seine Stärke, sondern das Eingestehen von Schwäche werde verehrt, sagte er im Interview im Deutschlandradio Kultur.
Nächstenliebe und Versöhnung: Mandela hat seinen Unterdrückern die Hand gereicht - das wird immer wieder als eine seiner größten Leistungen herausgestrichen. Was Deutschland mit diesem Vermächtnis anfangen kann, darüber spricht der Theologe und Philosoph Richard Schröder im Ortszeit-Gespräch im Deutschlandradio Kultur. Mandelas Idee der Wahrheitskommission bewertet Schröder im Zusammenhang mit den damaligen südafrikanischen Umständen als genial, denn "immer wenn eine Diktatur viel Blut an den Händen hat, dann ist eigentlich die justizielle Aufarbeitung zumal nach dem Ende der Diktatur fast unmöglich". So hätte trotz des Widerstands der Behörden die Schuld ausgesprochen werden können.
cwu mit dpa, afp und ap