Bei Nazi-Bildern hört der Spaß auf
Auch Satire hat Grenzen, sagt der Berliner Senat. Er fordert eine Unterlassungserklärung von den Machern des Blogs "Metronaut.de". In einer karikierenden Werbekampagne für die Berliner Olympia-Bewerbung hatten sie Nazi-Symbole verwendet.
Ursache für den Streit ist ein Artikel, der auf dem Spaßguerilla-Blog "Metronaut.de" erschien. Der Beitrag berichtete im Ton eines gewöhnlichen Zeitungsartikels über eine angebliche Veranstaltung, auf der das Land Berlin angeblich neue Plakate für seine Olympiabewerbung vorgestellt hatte. "Metronaut.de" zeigte diese angeblichen Olympiaplakate - allesamt basieren sie auf Propagandamotiven der Nationalsozialisten, die die Blogger sich zusammen gegoogelt hatten und von denen sie annehmen, dass es sich um Original-Nazi-Propaganda handelt. Diese Bilder heroischer Soldaten und Sportler versahen die Blogger mit Logo und Slogan der aktuellen Berliner Olympiabewerbung: "Wir wollen die Spiele."
"1936 war das große Propaganda-Event des Dritten Reichs, das darf man nicht losgelöst sehen - zumal dann auch noch Spielstätten da sind, die dann auch noch mal genutzt werden wie das Olympiastadion."
…sagt der Autor des Texts, ein Mann mit dem Pseudonym John F. Nebel. In seinem Bericht über die angebliche Vorstellung der Plakate legte er Stefan Thies, dem Sprecher der Berliner Olympia-Kampagne, verfremdete Zitate in den Mund, etwa: "Berlin war damals ein Magnet für Menschen überall auf der Welt – und gab der Sehnsucht nach Olympia einen realen Ort." Diese verfälschten Zitate, die falsche Behauptung, es handele sich um offizielle Olympiabewerbungsplakate und die falsche Behauptung, der Sprecher habe sich zu diesen Plakaten geäußert - all das wollte das Land Berlin so nicht stehen lassen, schickte "Metronaut.de" eine Abmahnung und fordert, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Bernhard Schodrowski, Sprecher der Berliner Landesregierung:
"Das können wir nicht durchgehen lassen, weil es tatsächlich wahrheitswidrige Behauptungen sind. Und gegen die sind wir pressrechtlich vorgegangen."
"Das ist Satire, das lassen wir uns nicht wegnehmen"
"Metronaut.de" hatte den Beitrag zunächst entschärft, dann aber wieder in seiner strittigen Fassung online gestellt - nur der Name des Olympiasprechers taucht nicht mehr auf. Autor John F. Nebel hatte sich mit Anwälten beraten:
"Dann haben wir uns entschieden, das kann wieder rauf. Die Plakate können auf jeden Fall rauf und da stehen wir auch zu, das ist legitim, das ist Satire und das lassen wir uns nicht wegnehmen."
Sind Text und Plakate tatsächlich Satire und als solche auch erkennbar gewesen? Dann wäre eine ganze Menge erlaubt, denn Satire darf fast alles.
"Man hätte es deutlicher kennzeichnen müssen als Satire."
… sagt der Sprecher des Berliner Senats. Für den satirischen Charakter des Blogposts sprechen die absurden Behauptungen im Text, die bizarren Plakatmotive und das Wort "Satire" unter dem Text. Dieses Wort "Satire" war sehr klein und blass, aber zahlreiche Kommentare unter dem Text erkennen den Beitrag als Satire.
Die Persönlichkeitsrechte des Pressesprechers
Doch auch Satire findet ihre Grenzen, wo sie andere Güter ähnlichen Rangs verletzt. So könnte der Text die Persönlichkeitsrechte des Pressesprechers der Olympiabewerbung verletzt haben, schreibt der Anwalt Robert Golz in seinem Blog:
"Als ein das Unrechtsregime des Nationalsozialismus Verharmlosender dargestellt zu werden, würde jedenfalls einen schweren Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen, dem die Satire als Kunstform wohl zu weichen hätte."
Zwar taucht der Name des Sprechers der Berliner Olympiakampagne bei "Metronaut.de" nicht mehr auf, für das Land Berlin ist der Fall aber noch lange nicht erledigt:
"Uns geht's in erster Linie um die erste Veröffentlichung vom letzten Freitag. Gegen die gehen wir vor. Und für diese Veröffentlichung erwarten wir die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung. Das ist bisher nicht erfolgt. Das heißt, wir sind dabei, mit juristischen Schritten dafür zu sorgen, dass die erfolgt. Wir wollen, dass diese Unterlassungserklärung abgegeben wird."
Das wollen die "Metronauten" jedoch auf keinen Fall, sagen sie. Ende offen.