Blind Date mit dem zukünftigen Chef
Auf dem "Absolventenkongress" in Köln lädt ein Discounter zum Bewerbungsgespräch im Dunkeln: in einer Blackbox. Ob dieses Verfahren wirklich mehr Neutralität bietet? "Ich finde, das bleibt ein frommer Wunsch", sagt der Philosoph Gunter Gebauer.
Sie sieht ein wenig wie eine überdimensionierte Zigarettenschachtel mit Türen aus: Anstelle der Warnhinweise steht allerdings "Finde deinen Traumjob beim Interview in the Dark!" drauf.
In die Blackbox lädt der Discounter Aldi auf dem Absolventenkongress in Köln zum Bewerbungsgespräch. Ziel dieses "Blind Dates": Mehr Objektivität gegenüber dem Bewerber. Äußerlichkeiten wie Kleidung, Frisur, Hautfarbe oder auch Körpergewicht sollen möglichst keine Rolle mehr spielen. Was zählt, ist die Qualifikation.
Die Stimme verrät viel
Denn auch Personalchefs sind vor Vorurteilen nicht gefeit. So steigt bei anonymisierten schriftlichen Bewerbungsverfahren die Chance für Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund, zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden.
Doch kann ein solches "anonymisiertes" Verfahren auch beim Bewerbungsgespräch funktionieren? - "Ich finde, das bleibt ein frommer Wunsch", sagt der Philosoph Gunter Gebauer. Zwar fallen sichtbare Informationen über den Bewerber weg. Aber die Stimme und damit viele andere Informationen werden trotz allem vermittelt: Wie sich derjenige ausdrücke, ob er einen Dialekt habe und natürlich, wovon er spricht. "Da hat man sehr schnell ein Bild von dem anderen."
Personalchefs auf der Suche nach Gleichgesinnten
Studien hätten gezeigt, so Gebauer, dass Personalchefs letztlich – wenn auch unterbewusst – immer auf der Suche nach jemanden seien, "der ihnen sehr nahe steht". Gerade bei Top-Jobs gehe es deswegen nicht nur um die reine berufliche Qualifikation, sondern darum, "welche Interessen, welchen Blick auf die Welt derjenige hat". Und dies würde sich auch in der Blackbox mitteilen.
(lk)