"Bibel ist lustig"
In der Bibel ist zwar viel von der frohen Botschaft die Rede, aber ob Jesus auch gelacht hat, ist nicht überliefert. Entsprechend schwer taten sich die christlichen Kirchen lange Zeit mit dem Humor. Doch allmählich scheint sich auch hier ein neuer Trend durchzusetzen.
"Ich mach Workshops mit Pfarrern, da gibt es ein großes Bedürfnis zu lachen. Wenn die Teilnehmer ankommen, sagen sie: Die Arbeit macht Spaß, Bibel ist lustig, ich möchte das vermitteln. Eine Pfarrerin sagte: Ich hab mir zur Aufgabe als Predigerin gesetzt, Menschen einmal im Gottesdienst zum Lachen bringen. Nicht pädagogisch, sondern möchte ich Freude an froher Botschaft vermitteln. Das fällt schwer. Es gibt Jahrhunderte an Tradition, nicht zu lachen, das sind schwere Aufgaben."
Gisela Matthiae ist Pfarrerin, promovierte Theologin und – Clownin. Um Jesu Willen geht sie mit roter Nase in Gemeindegottesdienste und nimmt die Bibel wörtlich. Das biblische Gleichnis von der kleinen Menge Sauerteig etwa, die eine große Menge Teig durchmischt, wird dann zur Mehlschlacht mit einem Kochlöffel, der größer ist als sie.
"Ich spiel gern im Gottesdienst, als Predigt, oder bei Gemeindeveranstaltungen, da ist nicht so direkte Botschaft drin, die Leute sind erstaunt, dass man in Kirche mit Mehl hantiert, dass sie selbst was machen müssen, es passiert viel, ist Bewegung im Kirchenraum, es gibt nicht eine klare Deutung, sondern ganz viele Aspekte und viele Möglichkeiten zu assoziieren. Leute nehmen das an, oder blocken ab, weil sie es ganz fürchterlich finden, im Gottesdienst sowas zu machen."
Über viele Jahrhunderte der christlichen Kirchengeschichte wäre eine Spaßmacherin in der Kirche nicht vom Kirchenvorstand angeheuert worden, sondern mit Schimpf und Schande aus dem Gotteshaus gejagt worden, so Religionswissenschaftler Harald-Alexander Korp.
"Humor gibt es in allen Religionen, aber der christliche Humor tut sich am subtilsten. Das liegt schlicht daran, dass das Martyrium Jesu auf Humor wie Hypothek lastet. Schon verständlich, dass sagt, angesichts Kreuzigung Jesu macht man einfach nicht so leicht Späße. Das geht so weit, dass behauptet wird, dass christliche Mönche dem Islam den Humor eine Zeitlang im Mittelalter ausgetrieben haben, weil christliche Mönche muslimische Gläubige beeinflusst haben, auf jeden Fall im MA des Christentums Lachen und Humor nicht angesagt waren."
Ist das nur finstere Vergangenheit? Das Spektrum beim Umgang mit Humor ist beim Christentum auf jeden Fall breiter als bei anderen Weltreligionen.
"Im Neuen Testament wird nicht gelacht, es gibt keine Stelle, wo ein Lachen Jesu übermittelt wird, von der Freude Jesu natürlich sehr viel gesprochen, NT heißt die Frohe Botschaft, aber ein Lachen wird nicht überliefert, da kann man schon fragen, warum, wurde es unterdrückt, nicht überliefert, denn dass Jesus nicht gelacht haben soll, ist ja absurd."
Der biblische Befund ist eindeutig: Jesus Christus weint, wütet, schimpft, erbarmt sich und liebt. Nur lachen – lachen tut er nicht. Religionswissenschaftler Korp, der sich Humor in den Religionen zum Thema gemacht hat, ist angesichts dieser Leerstelle misstrauisch. Schließlich gab es schon früh Vorschläge zu ihrer Schließung. Sie wurden von der Amtskirche abgelehnt.
"Interessanterweise gibt es einen Text, in dem von Jesu Lachen berichtet wird, aber der ist nicht in der Bibel. Ist Schrift, die 1950 in Nag Hammadi gefunden wurde, das ist in Ägypten, da wurden sehr alte Schriften der Gnosis, das war Geheimlehre im dritten Jahrhundert, da gab es die Apokalypse des Petrus, dort wird von einem Lachen Jesu gesprochen."
Jesus lacht nur außerhalb des kirchlich anerkannten Kanons – Uwe Swarat unterrichtet angehende Pfarrer der evangelischen Freikirche der Baptisten in systematischer Theologie. Er füllt die Leerstelle im Umkehrschluss:
"Das muss nicht heißen, dass er es nicht gemacht hätte, ich stelle mir Jesus, so wie er als Person im NT geschildert wird, als sehr gelösten Menschen vor, bei aller Ernsthaftigkeit als sehr fröhlichen Menschen vor. Bin sehr sicher, dass im Kreise seiner Jünger sie auch vieles miteinander lachend geteilt haben. Muss aber nicht berichtet worden sein."
Denn man muss nicht eine Leidenschaft für Clowns haben, um zu merken: Ein bitterernster Jesus gewinnt die Herzen der Gläubigen nicht. Schon gar nicht in der heutigen Zeit, in der in der christlichen Theologie nicht mehr die Angst vor Verdammnis und die Sehnsucht nach Erlösung im Vordergrund stehen. Bis Ausgang des Mittelalters pflegte man zum Ausgleich wenigstens im Ostergottesdienst den Brauch des Osterlachens: der Pfarrer brachte die Gemeinde durch gezielten Einsatz von Witzen zum Lachen. So sollte Freude über die Auferstehung symbolisiert werden.
"Dass bei Lachen und Humor eine Leerstelle ist, bedeutet nicht, dass gering geschätzt würde, sondern dass dieser Punkt für die Frage des Gottesverhältnisses nicht von entscheidender Bedeutung ist. Denn es gibt ja Menschen, die von ihrem Naturell her humorvoller veranlagt sind als andere. Glaube kann helfen, dass aus manchen Verspannungen und Verkrampfungen herauskommt, aber Menschen, die eher zum Pessimismus neigen, werden nicht lustig werden wie andere Leute. Müssen sie auch nicht. Deswegen ist das die Frage der natürlichen Unterschiedenheit der Menschen, zu der es in der Bibel keine Vorschrift gibt, so zu werden wie andere, ein besonders lustiger Mensch oder so. Das ist man oder man ist es nicht."
Aber das Verhältnis zum Humor hing und hängt für den Christen noch von mehr als der naturgegebenen Begabung zu Lachen und Leichtigkeit ab. Eine wichtige Rolle spielte lange die Konfessionszugehörigkeit.
"Gott hat kein Gefallen an der Traurigkeit des Geistes, sondern will, dass wir in ihm sollen fröhlich sein. Darum hat er auch seinen Sohn nicht gesandt, dass er uns betrübe, sondern fröhlich mache."
So klang es bei Martin Luther. Die Calvinisten dagegen, obwohl aus der gleichen reformatorischen Tradition stammend, verbreiteten über Jahrhunderte äußerte Strenge. Heiterkeit galt ebenso als Tand wie sinnliche Eindrücke im Gottesdienst. Katholiken dagegen gelten als lebensfroher und humorvoller, immer noch. Martin Knechtges, Referent an der katholischen Akademie Berlin, sucht nach Gründen.
"Es scheint mir so zu sein, als ob Katholiken nicht guten oder besseren Grund haben zu lachen oder humorvoll zu sein, sondern scheint eher zu sein, dass die in einem Milieu verortet sind, das etwas lustiger ist. Kann man ganz oberflächlich Dinge tun – den Katholiken fehlt, auch wenn manchmal fleißig sind, das protestantische Arbeitsethos, macht das vielleicht lustiger. Sie stehen unterm Gesetz, aber vielleicht anders als vielleicht Muslime, es gibt die berühmte Beichte, mit der manches wieder grade zu biegen scheint – also auf ner ganz kulturalistischen Ebene könnte es sein, dass die katholische Ritualisierung des Glaubens, die katholische Form Glauben zu verstehen, dass die ne Tür weit aufmacht, in vielen Dingen humorvoll mit dem Leben umzugehen."
Vielleicht ist auch auf einem geradezu klassischen Gebiet des religiösen Humors katholischerseits die Fallhöhe einfach höher: beim Scherz über das religiöse Bodenpersonal nämlich. Wohl jede Religion kennt das mal spöttische, mal freundliche Lachen über die Vorbilder im Glauben, die so leicht aus ihrer Rolle fallen. Im Katholizismus ist ihre Rolle qua Amt besonders stark und nah bei Gott angesiedelt – entsprechend tief kann der Sturz ausfallen.
"Je weniger direkt die Beziehung Mensch-Gott, je mehr Personal dazwischen, je mehr Macht, desto wichtiger wird das. Darin würde, wenn man es positiv formuliert, die große Hoffnung stecken, dass katholische Christen gut in der Lage sind, mit den Menschlichkeiten des Bodenpersonals umzugehen, indem sie sich humoristisch abgrenzen, die Macht, die in moralischen Ansprüchen an Katholiken früher drinsteckte, heute noch subtil drinsteckt, sich davon auch immer wieder freischälen können – wäre zu hoffen."
Das fröhliche Kirchenjahr 46:
"Es war in einem Dorf in der Nähe von Köln, da sprach der Herr Pfarrer am Sonntag nach dem Aschermittwoch auf dem Kirchplatz den nicht gerade wegen nüchternen Lebenswandels berühmten Herrn Lennenbrink an und sagte zur Verwunderung aller, die es hörten:
'Wie freut es mich, Herr Lennenbrink, dass Sie ein neues Leben beginnen wollen.'
'Ich – wieso?' stammelte der Angeredete.
'Nun, ich war sehr glücklich, als ich Sie am Aschermittwoch in der Frühmesse gesehen habe.'
'Ach so', murmelte Herr Lennenbrink, 'da war ich also auch?'"
Knechtges: "Auf der anderen Seite, wenn man den Begriff der Gemeinschaft ernst nimmt, besteht auch Gefahr. Die einen lachen, die anderen nicht, das ist was extrem trennendes, grad auf der Ebene , wie kann Priester mit Sorgen, die in Amt auch hat, wie schnell rückt der raus, weil sich humoristisch über Klerus ausgelassen wird, da steckt auch das Risiko drin, das ist die dunkle Seite des sich Lustigmachens. Humor ist auch ne Waffe, in der Hinsicht."
Die konfessionelle Humorgrenze allerdings ist nicht in Stein gemeißelt, erlebt Religionswissenschaftler Harald-Alexander Korp.
"Heute mache ich die Erfahrung, dass evangelische Pfarrer eher offen sind, während ich in katholischen Richtungen mit meinem Thema eher auf Granit gebissen habe."
Über Religion wird in der Öffentlichkeit mit neuer Ernsthaftigkeit gesprochen. Glauben und Kirche sind Gegenstand ernstgemeinter Debatten, nicht nur von Satire. Wie dabei mit dem Leichten, Uneindeutigen, Humorvollen in den Kirchen selbst umgegangen werden kann, ist Gegenstand neuer Debatten. Man möchte einladend wirken, aber nicht banal, selbstbewusst, aber nicht fundamentalistisch – ein durchaus schwieriger Spagat. Kein wahrer Humor ohne Ernsthaftigkeit des Glaubens oder kein Glauben, ohne mit dem Humor ernst zu machen – der evangelisch-freikirchliche Professor und die ebenfalls evangelische Kirchenclownin können exemplarisch für das Ringen um Prioritäten stehen.
"Humor ist mehr eine Lebenshaltung als dass man was bewitzelt. Spötterei ist auch nicht notwendiger Bestandteil Humor, wenn man auf Leute trifft, denen nichts heilig ist, die über alles spotten, dann würden sie kaum echte Christen sein können. Denke, dass Humor oder Sinn fürs Komische mit einer Ernsthaftigkeit für Sinn des Lebens und Betrachtung letzter Fragen gut zusammengehört und fast nur damit. Wenn man diese Ernsthaftigkeit nicht hat, kann man nicht wirklich humorvoll sein."
"Der Clown ist heilig, weil ihm nichts heilig ist. Ich finde den christlichen Glauben reichlich verrückt. Das ganze Geschehen am Kreuz – nicht umsonst ist das ein Skandalon, es passt nicht in die Welt, dass Gott scheitert, und daraus Gutes erwachsen soll, finde sehr clowneskes Motiv."
"Das würde ja Gott ja auf ein bestimmtes Muster festlegen und würde schon von daher danebengreifen, dass es als wesentliches Verständnis von Gott hat, dass er eine Art Clown sei, das hat keinen Anhalt in biblischer Offenbarung."
Aus dem katholischen Gesang- und Gebetsbuch "Gotteslob":
"Schenke mir eine gute Verdauung,
Herr, und auch etwas zum Verdauen.
Schenke mir Gesundheit des Leibes,
mit dem nötigen Sinn dafür,
ihn möglichst gut zu erhalten. (…)
Herr schenke mir Sinn für Humor,
gib mir die Gnade,
einen Scherz zu verstehen,
damit ich ein wenig Glück kenne
im Leben und anderen davon mitteile."
Gisela Matthiae ist Pfarrerin, promovierte Theologin und – Clownin. Um Jesu Willen geht sie mit roter Nase in Gemeindegottesdienste und nimmt die Bibel wörtlich. Das biblische Gleichnis von der kleinen Menge Sauerteig etwa, die eine große Menge Teig durchmischt, wird dann zur Mehlschlacht mit einem Kochlöffel, der größer ist als sie.
"Ich spiel gern im Gottesdienst, als Predigt, oder bei Gemeindeveranstaltungen, da ist nicht so direkte Botschaft drin, die Leute sind erstaunt, dass man in Kirche mit Mehl hantiert, dass sie selbst was machen müssen, es passiert viel, ist Bewegung im Kirchenraum, es gibt nicht eine klare Deutung, sondern ganz viele Aspekte und viele Möglichkeiten zu assoziieren. Leute nehmen das an, oder blocken ab, weil sie es ganz fürchterlich finden, im Gottesdienst sowas zu machen."
Über viele Jahrhunderte der christlichen Kirchengeschichte wäre eine Spaßmacherin in der Kirche nicht vom Kirchenvorstand angeheuert worden, sondern mit Schimpf und Schande aus dem Gotteshaus gejagt worden, so Religionswissenschaftler Harald-Alexander Korp.
"Humor gibt es in allen Religionen, aber der christliche Humor tut sich am subtilsten. Das liegt schlicht daran, dass das Martyrium Jesu auf Humor wie Hypothek lastet. Schon verständlich, dass sagt, angesichts Kreuzigung Jesu macht man einfach nicht so leicht Späße. Das geht so weit, dass behauptet wird, dass christliche Mönche dem Islam den Humor eine Zeitlang im Mittelalter ausgetrieben haben, weil christliche Mönche muslimische Gläubige beeinflusst haben, auf jeden Fall im MA des Christentums Lachen und Humor nicht angesagt waren."
Ist das nur finstere Vergangenheit? Das Spektrum beim Umgang mit Humor ist beim Christentum auf jeden Fall breiter als bei anderen Weltreligionen.
"Im Neuen Testament wird nicht gelacht, es gibt keine Stelle, wo ein Lachen Jesu übermittelt wird, von der Freude Jesu natürlich sehr viel gesprochen, NT heißt die Frohe Botschaft, aber ein Lachen wird nicht überliefert, da kann man schon fragen, warum, wurde es unterdrückt, nicht überliefert, denn dass Jesus nicht gelacht haben soll, ist ja absurd."
Der biblische Befund ist eindeutig: Jesus Christus weint, wütet, schimpft, erbarmt sich und liebt. Nur lachen – lachen tut er nicht. Religionswissenschaftler Korp, der sich Humor in den Religionen zum Thema gemacht hat, ist angesichts dieser Leerstelle misstrauisch. Schließlich gab es schon früh Vorschläge zu ihrer Schließung. Sie wurden von der Amtskirche abgelehnt.
"Interessanterweise gibt es einen Text, in dem von Jesu Lachen berichtet wird, aber der ist nicht in der Bibel. Ist Schrift, die 1950 in Nag Hammadi gefunden wurde, das ist in Ägypten, da wurden sehr alte Schriften der Gnosis, das war Geheimlehre im dritten Jahrhundert, da gab es die Apokalypse des Petrus, dort wird von einem Lachen Jesu gesprochen."
Jesus lacht nur außerhalb des kirchlich anerkannten Kanons – Uwe Swarat unterrichtet angehende Pfarrer der evangelischen Freikirche der Baptisten in systematischer Theologie. Er füllt die Leerstelle im Umkehrschluss:
"Das muss nicht heißen, dass er es nicht gemacht hätte, ich stelle mir Jesus, so wie er als Person im NT geschildert wird, als sehr gelösten Menschen vor, bei aller Ernsthaftigkeit als sehr fröhlichen Menschen vor. Bin sehr sicher, dass im Kreise seiner Jünger sie auch vieles miteinander lachend geteilt haben. Muss aber nicht berichtet worden sein."
Denn man muss nicht eine Leidenschaft für Clowns haben, um zu merken: Ein bitterernster Jesus gewinnt die Herzen der Gläubigen nicht. Schon gar nicht in der heutigen Zeit, in der in der christlichen Theologie nicht mehr die Angst vor Verdammnis und die Sehnsucht nach Erlösung im Vordergrund stehen. Bis Ausgang des Mittelalters pflegte man zum Ausgleich wenigstens im Ostergottesdienst den Brauch des Osterlachens: der Pfarrer brachte die Gemeinde durch gezielten Einsatz von Witzen zum Lachen. So sollte Freude über die Auferstehung symbolisiert werden.
"Dass bei Lachen und Humor eine Leerstelle ist, bedeutet nicht, dass gering geschätzt würde, sondern dass dieser Punkt für die Frage des Gottesverhältnisses nicht von entscheidender Bedeutung ist. Denn es gibt ja Menschen, die von ihrem Naturell her humorvoller veranlagt sind als andere. Glaube kann helfen, dass aus manchen Verspannungen und Verkrampfungen herauskommt, aber Menschen, die eher zum Pessimismus neigen, werden nicht lustig werden wie andere Leute. Müssen sie auch nicht. Deswegen ist das die Frage der natürlichen Unterschiedenheit der Menschen, zu der es in der Bibel keine Vorschrift gibt, so zu werden wie andere, ein besonders lustiger Mensch oder so. Das ist man oder man ist es nicht."
Aber das Verhältnis zum Humor hing und hängt für den Christen noch von mehr als der naturgegebenen Begabung zu Lachen und Leichtigkeit ab. Eine wichtige Rolle spielte lange die Konfessionszugehörigkeit.
"Gott hat kein Gefallen an der Traurigkeit des Geistes, sondern will, dass wir in ihm sollen fröhlich sein. Darum hat er auch seinen Sohn nicht gesandt, dass er uns betrübe, sondern fröhlich mache."
So klang es bei Martin Luther. Die Calvinisten dagegen, obwohl aus der gleichen reformatorischen Tradition stammend, verbreiteten über Jahrhunderte äußerte Strenge. Heiterkeit galt ebenso als Tand wie sinnliche Eindrücke im Gottesdienst. Katholiken dagegen gelten als lebensfroher und humorvoller, immer noch. Martin Knechtges, Referent an der katholischen Akademie Berlin, sucht nach Gründen.
"Es scheint mir so zu sein, als ob Katholiken nicht guten oder besseren Grund haben zu lachen oder humorvoll zu sein, sondern scheint eher zu sein, dass die in einem Milieu verortet sind, das etwas lustiger ist. Kann man ganz oberflächlich Dinge tun – den Katholiken fehlt, auch wenn manchmal fleißig sind, das protestantische Arbeitsethos, macht das vielleicht lustiger. Sie stehen unterm Gesetz, aber vielleicht anders als vielleicht Muslime, es gibt die berühmte Beichte, mit der manches wieder grade zu biegen scheint – also auf ner ganz kulturalistischen Ebene könnte es sein, dass die katholische Ritualisierung des Glaubens, die katholische Form Glauben zu verstehen, dass die ne Tür weit aufmacht, in vielen Dingen humorvoll mit dem Leben umzugehen."
Vielleicht ist auch auf einem geradezu klassischen Gebiet des religiösen Humors katholischerseits die Fallhöhe einfach höher: beim Scherz über das religiöse Bodenpersonal nämlich. Wohl jede Religion kennt das mal spöttische, mal freundliche Lachen über die Vorbilder im Glauben, die so leicht aus ihrer Rolle fallen. Im Katholizismus ist ihre Rolle qua Amt besonders stark und nah bei Gott angesiedelt – entsprechend tief kann der Sturz ausfallen.
"Je weniger direkt die Beziehung Mensch-Gott, je mehr Personal dazwischen, je mehr Macht, desto wichtiger wird das. Darin würde, wenn man es positiv formuliert, die große Hoffnung stecken, dass katholische Christen gut in der Lage sind, mit den Menschlichkeiten des Bodenpersonals umzugehen, indem sie sich humoristisch abgrenzen, die Macht, die in moralischen Ansprüchen an Katholiken früher drinsteckte, heute noch subtil drinsteckt, sich davon auch immer wieder freischälen können – wäre zu hoffen."
Das fröhliche Kirchenjahr 46:
"Es war in einem Dorf in der Nähe von Köln, da sprach der Herr Pfarrer am Sonntag nach dem Aschermittwoch auf dem Kirchplatz den nicht gerade wegen nüchternen Lebenswandels berühmten Herrn Lennenbrink an und sagte zur Verwunderung aller, die es hörten:
'Wie freut es mich, Herr Lennenbrink, dass Sie ein neues Leben beginnen wollen.'
'Ich – wieso?' stammelte der Angeredete.
'Nun, ich war sehr glücklich, als ich Sie am Aschermittwoch in der Frühmesse gesehen habe.'
'Ach so', murmelte Herr Lennenbrink, 'da war ich also auch?'"
Knechtges: "Auf der anderen Seite, wenn man den Begriff der Gemeinschaft ernst nimmt, besteht auch Gefahr. Die einen lachen, die anderen nicht, das ist was extrem trennendes, grad auf der Ebene , wie kann Priester mit Sorgen, die in Amt auch hat, wie schnell rückt der raus, weil sich humoristisch über Klerus ausgelassen wird, da steckt auch das Risiko drin, das ist die dunkle Seite des sich Lustigmachens. Humor ist auch ne Waffe, in der Hinsicht."
Die konfessionelle Humorgrenze allerdings ist nicht in Stein gemeißelt, erlebt Religionswissenschaftler Harald-Alexander Korp.
"Heute mache ich die Erfahrung, dass evangelische Pfarrer eher offen sind, während ich in katholischen Richtungen mit meinem Thema eher auf Granit gebissen habe."
Über Religion wird in der Öffentlichkeit mit neuer Ernsthaftigkeit gesprochen. Glauben und Kirche sind Gegenstand ernstgemeinter Debatten, nicht nur von Satire. Wie dabei mit dem Leichten, Uneindeutigen, Humorvollen in den Kirchen selbst umgegangen werden kann, ist Gegenstand neuer Debatten. Man möchte einladend wirken, aber nicht banal, selbstbewusst, aber nicht fundamentalistisch – ein durchaus schwieriger Spagat. Kein wahrer Humor ohne Ernsthaftigkeit des Glaubens oder kein Glauben, ohne mit dem Humor ernst zu machen – der evangelisch-freikirchliche Professor und die ebenfalls evangelische Kirchenclownin können exemplarisch für das Ringen um Prioritäten stehen.
"Humor ist mehr eine Lebenshaltung als dass man was bewitzelt. Spötterei ist auch nicht notwendiger Bestandteil Humor, wenn man auf Leute trifft, denen nichts heilig ist, die über alles spotten, dann würden sie kaum echte Christen sein können. Denke, dass Humor oder Sinn fürs Komische mit einer Ernsthaftigkeit für Sinn des Lebens und Betrachtung letzter Fragen gut zusammengehört und fast nur damit. Wenn man diese Ernsthaftigkeit nicht hat, kann man nicht wirklich humorvoll sein."
"Der Clown ist heilig, weil ihm nichts heilig ist. Ich finde den christlichen Glauben reichlich verrückt. Das ganze Geschehen am Kreuz – nicht umsonst ist das ein Skandalon, es passt nicht in die Welt, dass Gott scheitert, und daraus Gutes erwachsen soll, finde sehr clowneskes Motiv."
"Das würde ja Gott ja auf ein bestimmtes Muster festlegen und würde schon von daher danebengreifen, dass es als wesentliches Verständnis von Gott hat, dass er eine Art Clown sei, das hat keinen Anhalt in biblischer Offenbarung."
Aus dem katholischen Gesang- und Gebetsbuch "Gotteslob":
"Schenke mir eine gute Verdauung,
Herr, und auch etwas zum Verdauen.
Schenke mir Gesundheit des Leibes,
mit dem nötigen Sinn dafür,
ihn möglichst gut zu erhalten. (…)
Herr schenke mir Sinn für Humor,
gib mir die Gnade,
einen Scherz zu verstehen,
damit ich ein wenig Glück kenne
im Leben und anderen davon mitteile."