Big Joanie: "Back Home“

Riot Grrrls mit Soul-Vibe

07:33 Minuten
Auf dem Schwarz-Weiß-Foto sind drei schwarze Frauen zu sehen. Sie haben alle lange Haare, die Frau rechts hellblond. Die Frau in der Mitte trägt eine Brille.
Schwarz, feministisch und auf Heimatsuche: Die Musikerinnen der Londoner Punk-Band Big Joanie haben alle familäre Wurzeln in der Karibik oder in Afrika. © AjamuX
Von Christine Franz |
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Gitarre, Bass, Schlagzeug und Black Feminism: Big Joanie ist inzwischen eine der heißesten Bands in Londons DIY-Szene. Bis dahin war es ein langer Weg. Doch das neue Album wird das All-Female-Punk-Trio nun auf große Bühnen führen.
„Manche Leute meinen ja, weil wir Frauen sind, schwarze Frauen, können wir Punk gar nicht verstehen. Sie glauben, dass wir das Genre nicht wirklich durchdringen können und nur an der Oberfläche kratzen", sagt Chardine Taylor-Stone, Schlagzeugerin von Big Joanie. "Dabei sind wir mit der Szene aufgewachsen. Und Punk ist heute eines ganz bestimmt nicht mehr: Typen, die drei Akkorde spielen und auf der Bühne rumschreien.“

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„Black Feminist Punk“ nennen Big Joanie aus London ihren Sound. Und der steht natürlich auch für eine Haltung. Zusammengetan hat sich die Band vor fast zehn Jahren im Underground von Brixton – aus purer Frustration, erinnert sich Sängerin und Gitarristin Stephanie Phillips.

Schwarz, feministisch und Punk

„Es gab einfach keine Räume, in denen man gleichzeitig schwarze Feministin und Punk sein konnte. Aber ich dachte immer, ich kann doch unmöglich die einzige sein, die sich als Außenseiterin in der Punk-Szene fühlt. Bestimmt gibt es noch andere Frauen, denen es genauso geht. Deshalb wollte ich eine eigene Band gründen. Die Szene war damals noch total homogen und fast ausschließlich weiß. Das wurde auch nicht hinterfragt.“

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Seit ihren Anfängen 2013 hat sich einiges verändert. Die Szene ist diverser geworden, auch weil Big Joanie mit befreundeten Bands eigene Konzertreihen wie das Decolonize Fest gegründet haben, ein Festival für Punks of Colour.

Empowernde Punk-Ereignisse

Aber Big Joanie sind nicht nur Aktivistinnen. Sie sind gerade auch eine der wichtigsten Live-Bands der Londoner DIY-Szene. Ihre Konzerte sind empowernde Punk-Ereignisse, ihre Bühnenpräsenz hat eine Strahlkraft, die man bei Club-Konzerten selten so sieht.
Das hat sich auch in Musikerkreisen herumgesprochen. Zum Beispiel bis zu so bekannten Leuten wie den Riot Grrrl-Legenden Bikini Kill und Sleater-Kinney, die die Band mit auf Tour nahmen. Und zu Thurston Moore von Sonic Youth, der ihr neues Album „Back Home“ gerade auf seinem Label Daydream Library Series herausgebracht hat.

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Dass Big Joanie auf „Back Home“ in ihren Texten nie plakativ-politisch werden, ist durchaus beabsichtigt.

Heimatsuche im Brexit-Britain

Im Subtext geht es in allen Songs um das eine, verbindende Thema. Und das könnte allgemeingültiger nicht sein, nicht nur im Brexit-Britain des Jahres 2022.
„Das Thema, das alle Songs verbindet, ist ‚Heimat‘: Eine Heimat zu haben, nach Hause zu kommen und einen Platz in der Welt zu finden", erklärt Stephanie Phillips. Wir kommen alle drei aus Familien, die ursprünglich aus der Karibik und aus Afrika kommen. In unseren Communities ist der Begriff 'nach Hause gehen' fest verankert – also dahin zurück, wo die Wurzeln sind. Aber was bedeutet 'Heimat' und 'zu Hause' eigentlich, wenn man zwar hier geboren wurde, aber weder hier noch dort wirklich zu Hause ist?“

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Musikalisch wagen sich Big Joanie auf ihrem neuen, zweiten Album „Back Home“ weit aus der Punk-Komfortzone heraus. Und das steht ihnen ziemlich gut. Riot Grrrl mit Soul-Einschlag könnte man das nennen, manchmal geht es sogar Richtung New Wave. Für die Band, die bisher auf Platte vor allem nah an ihrem kantig-rauen Live-Sound bleiben wollte, ein ganz neues Experimentierfeld.
„Wir erweitern auf diesem Album unser Verständnis davon, was Punk eigentlich musikalisch bedeutet", sagt Bassistin Estella Adeyeri. "Es gibt keine Genre-Grenzen mehr. Hier bringen wir alle unsere Einflüsse zusammen.“ Und Bandkollegin Chardine Taylor-Stone ergänzt: „Ich glaube, auf 'Back Home' finden wir gerade unseren Sound.“
Der neue Big Joanie-Sound klingt wild, catchy, feministisch und optimistisch. Eine große Empfehlung für alle Punk-Pessimisten und Riot Grrrl-Wiederentdecker. Eine grandiose Platte, die Big Joanie auf die großen Bühnen bringen wird.
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