"Es geht um den Silberstreifen am Horizont"
Die Singer-Songwriterin Lyla Foy ist noch ein Geheimtipp. Dabei klingt ihre Musik zwar melancholisch, aber auch nach großem Pop. "Bigger Brighter" hat die Londonerin mit ihrem Freund aufgenommen, doch im Verlauf der Entstehung trennte sich das Paar.
Man muss das Leise und Brüchige schon mögen, um mit "Suckermoon", dem Einstieg zu Lyla Foys neuem Album, zurechtzukommen. Ganz so Lana del Rey-mäßig und stilvoll gebrochen geht es jedoch nicht lange weiter. Lyla Foy, die im Interview viel lacht, ist vor allem Fan groß gedachter, flirrender Popmusik, wie man unter anderem im Titelstück "Bigger Brighter" erfährt. Mit etwas Fantasie könnte man fast glauben, der Indie-Version von Madonna zu lauschen.
"Ich mochte dieses Bild: größer, heller! Mein Album hat einen traurigen Unterton, ein melancholisches Grundgefühl. Aber – nicht alles ist Verhängnis und Finsternis und ich wollte das im Titel herausstreichen. Dass aus etwas Traurigem Gutes entstehen kann, das Freude macht. Ich mag es, die Dinge so zu betrachten. Es geht um den Silberstreifen am Horizont. Jeder meiner Titel hat diesen silbernen Streifen."
Und nun die philosophische Frage: Was genau ist das Gute, das aus dem Traurigen erwächst?
"Es ist das, was als nächstes kommt. Das Schreiben von Musik ist für mich etwas sehr Kathartisches. Wenn ich etwas Positives aus traurigen Dingen wie Trennungen herausziehen kann, dann dass ich Impulse für neue Songs erhalte. Auch für zwei Menschen in einer Beziehung kann es positiv sein, weiterzuziehen. Vielleicht gibt es für beide eine hellere Zukunft, wenn man zuvor gemeinsam an einem dunklen Ort gelebt hat…"
Songwriting während der Produktion
Lyla Foy kam Ende der 80er in London zur Welt. Ihre Mutter Lehrerin, der Vater Maler und Fotograf. Zwar lernte sie Instrumente wie Gitarre und Saxofon, der echte musikalische Kick kam jedoch erst, als sie das Songwriting entdeckte. Früher spielte Foy in Bands: Gitarre und Bass, doch mit Mitte 20 erkannte sie, dass ihr intimere kreative Entscheidungen mehr Spaß bereiten. Foys Songs entstehen meist erst während der Produktion. Ihr Hauptinstrument ist das kleine Tonstudio, das sie fast überall mit sich herumträgt, um große Gefühle in ebensolche Klänge zu verpacken.
Das Stück "We’re Different" ist ein gutes Beispiel für die Ambivalenz im musikalischen Kosmos der Lyla Foy. Textlich ist das Stück das wohl deutlichste Trennungs-Statement gegenüber Ex-Freund und Album-Kollaborateur Oli Deacin. Musikalisch jedoch hört man einen finger schnippenden, ja fast souligen Groove.
"Bigger Brighter", Foys zweites Album nach dem Debüt "Mirrors In The Sky" von 2014, ist vor allem ein Album der schönen Stimmen. Die meisten davon übrigens weiblich, gefühlvoll, verträumt. Manchmal klingt die Sängerin exaltiert wie Kate Bush, sphärisch ambitioniert wie die Cocteau Twins und dann plötzlich wie die weibliche Version des melancholischen Pop-Dandys Bryan Ferry.
Drei Frauen und ein Mann in der neuen Band
Nachdem Foy früher vor allem mit Männern auf der Bühne stand, besteht ihre neuste Band aus drei Frauen und nur einem Mann am Schlagzeug.
"Ja, es fühlt sich anders an. Ich mag beides. Früher habe ich es geliebt, mit Männern zu spielen. Ich mochte es, ein bisschen anders zu sein als sie. Es gibt eine Art mit Männern zu kommunizieren, dabei muss man nicht ganz so sensibel sein. Mit Frauen zu arbeiten, ist immer eine sehr emotionale Angelegenheit. Es ist großartig, aber wo ein männliches Bandmitglied klar sagen würde: das ist großer Mist, müssen Frauen sehr aufpassen, wie sie sich ausdrücken, wie sie mit ihren Bandkollegen umgehen. Andererseits – mit der Sensibilität geht auch eine großartige Intuition einher, eine Weichheit. Wir hören einander wirklich zu."
Anfang 2019 will Lyla Foy ihre intime und doch groß gedachte Popmusik auch auf deutsche Bühnen bringen. Bis dahin kann man die Silberstreifen ihres melancholischen Pops auf dem Album "Bigger Brighter" funkeln hören.