Bild- und Essayband "Brüste"

Auf der Suche nach Befreiung

07:54 Minuten
Zwei Törtchen stehen nebeneinander. Sie erinnern an weibliche Brüste.
Brüste nur als Mittel der Verführung? So würden es viele Frauen jedenfalls empfinden, sagt die Journalistin Cecile Calla. © unsplash / Annie Spratt
Cecile Calla im Gespräch mit Marietta Schwarz |
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Die Vulva als Ort der Lust spielt zur Zeit in der feministischen Debatte eine zentrale Rolle. Die weiblichen Brüste seien da fast vergessen, meint die französische Philosophin Camille Froidevaux-Metterie. Sie widmet ihnen einen Bild- und Essayband.
Brüste sind der Inbegriff der Weiblichkeit – als Geschlechtsmerkmale, als erogene Zone, als Apparat der Mutter. Aber auch in der feministischen Debatte waren und sind die weiblichen Brüste immer wieder Thema: als Ausdruck von Emanzipation und sexueller Befreiung.
Die französische Philosophin Camille Froidevaux-Metterie hat vor Kurzem einen Essayband mit Fotografien veröffentlicht, die Brüste in ihren unterschiedlichsten Formen zeigen: klein und groß, hängend oder spitz.

So einzigartig wie Gesichter

"Die Brüste der Frauen sind einzigartig. Sie sind ja wie Gesichter, sind sehr unterschiedlich, und dementsprechend sind auch die Erfahrungen sehr unterschiedlich, die Frauen machen", sagt die Journalistin Cecile Calla, die sich den Bildband genauer angesehen und mit der Autorin darüber gesprochen hat. Wie Frauen zu den eigenen Brüsten stehen, hänge auch von dem jeweiligen Bild von Weiblichkeit und dem Verhältnis zum eigenen Körper ab. Schließlich werde dieser Körperteil "sozusagen als Inbegriff der Weiblichkeit empfunden".

Die Vulva und die weibliche Lust

In der zurückliegenden Emanzipationsgeschichte spielte die Brust immer wieder eine zentrale Rolle – beispielsweise in den 70er-Jahren, als Frauen sich mit freiem Oberkörper präsentierten. In der heutigen feministischen Debatte käme sie allerdings kaum mehr vor, meint Camille Froidevaux-Metterie in ihrem Essayband.
Die Philosophin habe festgestellt, "dass – obwohl dieses Organ alle weiblichen Herausforderungen bündelt – es eher eine untergeordnete Rolle gespielt hat", sagt Calla. Es sei viel über Menstruation und weibliche Lust gesprochen und veröffentlicht worden. Über die Brust kaum etwas.
"Der Fokus hat sich einfach weiter nach unten verlegt. Es gibt ja unzählige Bücher, Diskussionen, Performances und Projekte, damit man über die Vulva, überhaupt über die weibliche Lust spricht und dieses Tabu bricht."

Die Brust als Verlockung, nicht als Ort der Lust

Das Buch von Camille Froidevaux-Metterie widmet sich der weiblichen Brust in Hinblick auf unterschiedlichste Aspekte: So gibt es ein ganzes Kapitel über die Erotik der Brust und welche sexuelle Lust Frauen mit ihren Brüsten erleben. "Da war ich etwas erstaunt, dass die meisten Frauen es offensichtlich so erleben, dass ihr Busen nur zu Verlockung da ist, nur um den männlichen Blick zu locken", sagt Calla. Beim Sex würden diese eine weniger entscheidende Rolle spielen. Die unterschiedliche Erfahrung mit der eigenen Brust habe aber durchaus auch mit sexueller Orientierung zu tun. So widmen lesbische Paare dem Busen oft mehr Aufmerksamkeit als im heterosexuellen Sex, so Calla.
(lkn)

Camille Froidevaux-Metterie: "Seins. En quête d'une libération"
Anamosa, 224 Seiten, 20 Euro

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