Bildband

Monster im Großformat

"Die sieben Todsünden" von Hieronymus Bosch
"Die sieben Todsünden" von Hieronymus Bosch © dpa / pa / Moya
Von Eva Hepper |
Reptilschwänzige Teufel, glubschäugige Ungeheuer: Dieser Band versammelt die bizarren Bilder des 1450 geborenen niederländischen Malers Hieronymus Bosch - in opulenter Größe und in herausragender Druckqualität.
Eine grausig anzusehende Truppe hat sich im Rücken des Heiligen aufgebaut: Ein Rüstung tragendes Fabelwesen sitzt dort auf einem gänseähnlichen Reittier. Neben ihm kriechen diverse Monster mit weit aufgerissenen Mäulern umher, und an einem Ast, der aus einer roten Frucht erwächst, hängt ein graues Männchen in einem Flechtkorb, eine Waffe mit martialischer Klinge über seinem Haupt schwingend.
"Die Versuchung des heiligen Antonius" zählt zu den berühmtesten und meist kopierten Gemälden des niederländischen Malers Hieronymus Bosch. Erstmals tauchen in diesem Triptychon aus dem Jahr 1502 unzählige der fantastischen Mischwesen auf, die heute geradezu als Markenzeichen des Künstlers gelten.
Tatsächlich bilden die eingangs beschriebenen Geschöpfe nur eine kleine Randgruppe auf dem gigantischen Bild. Wer sie sehen will, musste bisher nach Lissabon reisen oder mit Abbildungen vorlieb nehmen, die den wimmelnden Wesen im Einzelnen kaum gerecht werden konnten. Nun jedoch lassen sich solch geniale Bildfindungen mit einem 40 mal 30 Zentimeter großen und vier Zentimeter dicken Prachtband auch auf dem Sofa studieren.
Der Bildband zeigt sämtliche Werke von Hieronymus Bosch
Die von dem Bosch-Experten Stefan Fischer zusammengestellte Publikation zeigt mit 20 Gemälden und acht Zeichnungen, die dem Künstler heute relativ zweifelsfrei zugeschrieben werden, das vollständige Werk des Malers. Diese übersichtliche Zahl erlaubt dem Autor, jedes einzelne Werk über viele Seiten hinweg in Wort und Bild vorzustellen.
"Die Versuchung des heiligen Antonius" etwa zelebriert Fischer mit nicht weniger als 20 Abbildungen. Sie reichen von der eine Doppelseite füllenden Gesamtansicht des Triptychons über die Abbildungen von Schlüsselszenen bis hin zu Detailansichten der verschiedensten Fantasiewesen. Da sich manche Seiten zudem aufklappen lassen, sind Boschs Kreaturen fast in Postergröße zu studieren. Die Maserung reptilschwänziger Teufel, die trompetenartigen Nasen vogelähnlicher Geschöpfe, die Glubschaugen fischartiger Ungeheuer – all das erscheint hier fast beängstigend detailliert; zumal die Druckqualität durchweg herausragend ist.
Ein fulminantes Buch
Wie die Wesen einzuordnen sind, welche Symbolik ihnen etwa innewohnt, und was das Besondere jedes einzelnen Werkes Hieronymus Boschs ausmacht, erläutert Stefan Fischer in seinen die Bilder begleitenden und zum Teil auch interpretierenden Texten. Doch der Autor leistet noch mehr: Er beschreibt etwa, wie der um 1450 im niederländischen s’-Hertogenbosch als Jheronimus van Aken geborene Künstler zu seinen Motiven fand, aus welchen Text- und Bildquellen er schöpfte, welche Wirkung seine Bilder entfalteten, wer seine Auftraggeber waren, wie sich sein Ruf weit über die Landesgrenzen hinaus verbreitete und nicht zuletzt – soweit die Quellen dies zulassen –, wie Hieronymus Bosch gelebt hat.
Doch, ohne die Qualität der Texte zu schmälern, es sind die Bilder – und insbesondere die klug ausgewählten Detailansichten –, die diesen fulminanten Band zum Erlebnis machen.

Stefan Fischer: Hieronymus Bosch. Das vollständige Werk
Taschen Verlag 2013
306 Seiten, 99,99 Euro

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