William Minke: No Way Home/ Volksbühne 2004-2017
Kerber Verlag, 2017
200 Seiten, 30 Euro
Der Mythos Volksbühne in Bildern
Alexander Scheer auf dem Dach der Volkbühne tanzend, Christoph Schlingensief auf seiner Hochzeit - und Schauspieler, die betrunken unter Tischen liegen: Mit seinem Bildband "No Way Home" blickt William Minke die Kulissen der Berliner Volksbühne.
Eine andere Art von Theaterfotografie: So privat und exzessiv feiernd wie auf den Bildern von William Minke hat man die Mitarbeiter der Volksbühne noch selten gesehen. Alexander Scheer tanzt auf dem Dach des Hauses. Christoph Schlingensief ist auf seiner Hochzeit zu sehen. Dazu: Namenlose Schauspieler, die betrunken unter Tischen liegen.
William Minke, der 13 Jahre lang an der Volksbühne gearbeitet hat, fotografierte eigentlich nur nebenher. Jetzt sind 150 seiner Aufnahmen in dem Bildband "No Way Home - Volksbühne 2004 bis 2017" versammelt.
Schauspiel-Star Martin Wuttke und der Fotograf Minke waren bei Deutschlandfunk Kultur in einem Doppelgespräch zu Gast. Er sei nicht als Fotograf an die Motive herangegangen, erzählt Minke. Viele der Aufnahme seien situativ bei den Produktionen entstanden:
"Im Nachhinein, beim Editieren habe ich dann natürlich geguckt, dass ich dann vor allem Wert auf die Momente lege, die mein Verhältnis zur Volksbühne und zu den Leuten, die meine Freunde geworden sind, zeigen. Und nicht so viele Bühnensituationen. Ich habe eigentlich versucht, die Szenenfotos herauszunehmen, von denen es ja auch nicht viele gab."
Schauspiel-Star Martin Wuttke und der Fotograf Minke waren bei Deutschlandfunk Kultur in einem Doppelgespräch zu Gast. Er sei nicht als Fotograf an die Motive herangegangen, erzählt Minke. Viele der Aufnahme seien situativ bei den Produktionen entstanden:
"Im Nachhinein, beim Editieren habe ich dann natürlich geguckt, dass ich dann vor allem Wert auf die Momente lege, die mein Verhältnis zur Volksbühne und zu den Leuten, die meine Freunde geworden sind, zeigen. Und nicht so viele Bühnensituationen. Ich habe eigentlich versucht, die Szenenfotos herauszunehmen, von denen es ja auch nicht viele gab."
"An der Volksbühne wurde nicht nur gearbeitet, dort wurde auch gelebt"
Es sei ein sehr persönliches Buch, sagt Martin Wuttke über die Aufnahmen:
"Es ist kein Buch, das jetzt den Anspruch hat, die Volksbühne zu dokumentieren, was man meinen könnte, wenn auf dem Titel steht 'Volksbühne 2004 – 2017'. Es geht nicht darum, diesen Zeitraum zu covern. Ganz viele Leute, die an der Volksbühne arbeiten, fehlen. Es ist nicht komplett."
"Es ist kein Buch, das jetzt den Anspruch hat, die Volksbühne zu dokumentieren, was man meinen könnte, wenn auf dem Titel steht 'Volksbühne 2004 – 2017'. Es geht nicht darum, diesen Zeitraum zu covern. Ganz viele Leute, die an der Volksbühne arbeiten, fehlen. Es ist nicht komplett."
An der Volksbühne wurde nicht nur gearbeitet, dort wurde auch gelebt – das zeigten Minkes Fotografien, meint Wuttke über den speziellen Geist dieses Theaters. Die Arbeit sei immer eng verbunden gewesen mit dem gemeinsamen Leben:
"Es gibt so einen Begriff, mit dem wir uns mal beschäftigt haben in einer Aufführung, die René Pollesch gemacht hat: Heterotopie im Gegensatz zu einer Utopie, die man also im Jenseits, an einem anderen Ort vermutet. Das zeigt eigentlich die Volksbühne als einen Ort der Heterotopien, wo alles Mögliche stattfinden konnte. Also: Wo ein Leben stattfinden konnte, das auch die unterschiedlichsten Ausformungen hat. Wozu eben auch die Gegenstände, der Raum selber und das Gebäude der Volksbühne gehört. Der Ort konnte noch viel mehr sein als nur ein Theater."
"Es gibt so einen Begriff, mit dem wir uns mal beschäftigt haben in einer Aufführung, die René Pollesch gemacht hat: Heterotopie im Gegensatz zu einer Utopie, die man also im Jenseits, an einem anderen Ort vermutet. Das zeigt eigentlich die Volksbühne als einen Ort der Heterotopien, wo alles Mögliche stattfinden konnte. Also: Wo ein Leben stattfinden konnte, das auch die unterschiedlichsten Ausformungen hat. Wozu eben auch die Gegenstände, der Raum selber und das Gebäude der Volksbühne gehört. Der Ort konnte noch viel mehr sein als nur ein Theater."
Geist der Volksbühne: "Akzeptanz einer großen Unähnlichkeit"
Um den Geist der Volksbühne wirklich zu verstehen, müsse man wohl längere Zeit dabei gewesen sein, meint Wuttke unter Bezug auf die jetzt zu Ende gehende Ära von Frank Castorf:
"Das ist nicht so ein Club oder so etwas, die sich unter einem Emblem vereinigt haben. Sondern es ist eine sehr heterogene Gruppe mit Leuten, die unterschiedlichste Interessen haben. Und das Besondere an der Volksbühne ist vielleicht die Akzeptanz dessen, dass der Andere einem sehr unähnlich ist. Im Allgemeinen bauen Menschen ja Verbindungen auf Ähnlichkeiten auf. Hier besteht der Zusammenhang auf der Akzeptanz einer großen Unähnlichkeit. Und das muss man ertragen können. Und dafür muss man eine Leidenschaft haben."
"Das ist nicht so ein Club oder so etwas, die sich unter einem Emblem vereinigt haben. Sondern es ist eine sehr heterogene Gruppe mit Leuten, die unterschiedlichste Interessen haben. Und das Besondere an der Volksbühne ist vielleicht die Akzeptanz dessen, dass der Andere einem sehr unähnlich ist. Im Allgemeinen bauen Menschen ja Verbindungen auf Ähnlichkeiten auf. Hier besteht der Zusammenhang auf der Akzeptanz einer großen Unähnlichkeit. Und das muss man ertragen können. Und dafür muss man eine Leidenschaft haben."
"So ein Theater findet sich nicht wieder"
Insofern gehe es jetzt nicht um einen "sentimentalen Abschied" von etwas, das "immer nur kuschelig und schön gewesen ist", stellte Wuttke heraus:
"Sondern das ist ein Abschied von einem enormen Batzen Arbeit, von aufregenden Begegnungen. Und man weiß einfach: Das wird man nicht wieder finden. Das kann man auch nicht transportieren. Man kann auch nicht sagen: Das findet sich am nächsten Theater wieder. Das wird einfach nicht der Fall sein. Und ich kenne kein Theater der Welt, dass das aushalten kann oder will. " (ue)
"Sondern das ist ein Abschied von einem enormen Batzen Arbeit, von aufregenden Begegnungen. Und man weiß einfach: Das wird man nicht wieder finden. Das kann man auch nicht transportieren. Man kann auch nicht sagen: Das findet sich am nächsten Theater wieder. Das wird einfach nicht der Fall sein. Und ich kenne kein Theater der Welt, dass das aushalten kann oder will. " (ue)