Bilder, die sprachlos machen
In der prächtigen Villa der Barnes Foundation hängen 2500 erstklassige Malereien, deren Wert auf bis zu 70 Milliarden Dollar geschätzt wird. Jetzt wird die Sammlung gegen den Willen ihres Gründers umquartiert.
In Merion, einem wohlhabenden Vorort von Philadelphia, gehen die Grünanlagen der prächtigen Villen nahtlos ineinander über. Niemand schottet sich ab - außer die Barnes Foundation, die in einem neoklassizistischen Schlösschen an der North Latchs Lane residiert.
Es ist neun Uhr morgens, vor dem Pförtnerhäuschen warten Dutzende Autos. Die Barnes Foundation zählt zu den wichtigsten Kunstsammlungen der Welt. Dennoch lässt sie maximal 400 Besucher in der Woche zu. Ohne Voranmeldung läuft gar nichts. Unser Gründer, der Augenarzt Albert Barnes, wollte das so, erzählt der Stiftungs-Sprecher Andre Steward:
"Barnes glaubte, dass er das Leben der Menschen verbessern konnte, indem er ihr künstlerisches Sehverständnis förderte. Er betrachtete seine Sammlung nicht als Museum, sondern als Schule. Seit den 1920er Jahren haben hier hunderte Menschen eine Ausbildung durchlaufen: Studenten, Maler, Hausfrauen."
Es gibt keine vergleichbare Bildungsstätte: In den 24 Räumen der Barnes Foundation hängen 180 Renoirs, 70 Cezannes und mehr Matisses als in allen Pariser Museen zusammen. Aber nicht nur die schier überwältigende Summe der Bilder macht sprachlos. Dokter Barnes hat sich auch jeweils die besten Arbeiten der Künstler ausgesucht, betont die Kuratorin Martha Lucy.
"Er gehörte zu den ersten Amerikanern, die wirklich moderne Kunst kauften, deshalb konnte er wählerisch sein. Er sammelte auch Werke von Picasso oder Soutine, die zu diesem Zeitpunkt selbst vom Museum of Modern Art in New York noch als zu innovativ oder schwierig empfunden wurden."
Einzigartig ist auch die Anordnung der Bildersammlung. Doktor Barnes mischte Stile und Epochen wild durcheinander. Auch flankierte er seine Bilderensembles mit einfachen Gebrauchsgegenständen. Die Kuratorin Lucy hat die Logik des eigenwilligen Kunstsammlers entschlüsselt.
"Für Barnes zählt alleine der visuelle Aspekt. Er hängte einen El Greco neben einen Cézanne, um die farblichen Korrespondenzen in diesen Werken zu betonen. Auch formale Beziehungen faszinierten ihn, etwa wie die Schwünge einer Türklinke den Pinselstrichen eines Renoir ähneln."
Ein Leben für die Kunst: Doktor Barnes hing so sehr an seiner unorthodoxen Sammlung, dass er sie in dieser Form auf ewig gesichert wissen wollte. Er beschränkte in seinem Testament nicht nur die Besucherzahlen, sondern verfügte auch, dass keine der Arbeiten je umgehängt oder ausgeliehen werden darf. Trotzdem wird demnächst alles ins Stadtzentrum von Philadelphia umquartiert.
Derek Gillman ist schon dort. Der Stiftungsdirektor wird nicht müde zu betonen, dass die Barnes Foundation fast an den Bestimmungen ihres Gründers zerbrochen wäre. Er hat weder Mühe noch Gerichtskosten gescheut, um den letzten Willen des Doktor Barnes außer Kraft setzen zu lassen. Und er ist überzeugt, Gutes getan zu haben.
"Anders als in Europa wird Kunst in den USA nicht vom Staat unterstützt. Die Bedingungen, unter denen wir in Merion operieren mussten, waren so strikt, dass kein Gönner etwas springen lassen wollte."
Für die Umsiedlung war das fehlende Geld indessen schnell da. Das neue Gebäude der Barnes Foundation ist fast fertig, 150 Millionen Dollar wird es kosten. Auch die Stadt Philadelphia zahlt mit, sie hofft auf einen Kunsttouristenboom. Ein Unding findet der Maler und Kritiker Jay Raymond. Es geht um Eigeninteressen und sonst nichts, sagt er.
"Für mich sind all diese Leute Vandalen. Es wäre billiger gewesen, die Barnes Foundation in ihrer ursprünglichen Umgebung zu erhalten – stattdessen fällt sie Prestigedenken und Geschäftskalkülen zum Opfer."
Der französische Maler Matisse hat die Barnes Foundation einmal als den einzig vernünftigen Platz bezeichnet, um Kunst in den USA zu sehen. Ihr neues Zuhause konfrontiert die Besucher unweigerlich mit der unangenehmen Frage, was es bedeutet, wenn das letzte Wort eines Testamentsverfassers schlicht übergangen wird.
Es ist neun Uhr morgens, vor dem Pförtnerhäuschen warten Dutzende Autos. Die Barnes Foundation zählt zu den wichtigsten Kunstsammlungen der Welt. Dennoch lässt sie maximal 400 Besucher in der Woche zu. Ohne Voranmeldung läuft gar nichts. Unser Gründer, der Augenarzt Albert Barnes, wollte das so, erzählt der Stiftungs-Sprecher Andre Steward:
"Barnes glaubte, dass er das Leben der Menschen verbessern konnte, indem er ihr künstlerisches Sehverständnis förderte. Er betrachtete seine Sammlung nicht als Museum, sondern als Schule. Seit den 1920er Jahren haben hier hunderte Menschen eine Ausbildung durchlaufen: Studenten, Maler, Hausfrauen."
Es gibt keine vergleichbare Bildungsstätte: In den 24 Räumen der Barnes Foundation hängen 180 Renoirs, 70 Cezannes und mehr Matisses als in allen Pariser Museen zusammen. Aber nicht nur die schier überwältigende Summe der Bilder macht sprachlos. Dokter Barnes hat sich auch jeweils die besten Arbeiten der Künstler ausgesucht, betont die Kuratorin Martha Lucy.
"Er gehörte zu den ersten Amerikanern, die wirklich moderne Kunst kauften, deshalb konnte er wählerisch sein. Er sammelte auch Werke von Picasso oder Soutine, die zu diesem Zeitpunkt selbst vom Museum of Modern Art in New York noch als zu innovativ oder schwierig empfunden wurden."
Einzigartig ist auch die Anordnung der Bildersammlung. Doktor Barnes mischte Stile und Epochen wild durcheinander. Auch flankierte er seine Bilderensembles mit einfachen Gebrauchsgegenständen. Die Kuratorin Lucy hat die Logik des eigenwilligen Kunstsammlers entschlüsselt.
"Für Barnes zählt alleine der visuelle Aspekt. Er hängte einen El Greco neben einen Cézanne, um die farblichen Korrespondenzen in diesen Werken zu betonen. Auch formale Beziehungen faszinierten ihn, etwa wie die Schwünge einer Türklinke den Pinselstrichen eines Renoir ähneln."
Ein Leben für die Kunst: Doktor Barnes hing so sehr an seiner unorthodoxen Sammlung, dass er sie in dieser Form auf ewig gesichert wissen wollte. Er beschränkte in seinem Testament nicht nur die Besucherzahlen, sondern verfügte auch, dass keine der Arbeiten je umgehängt oder ausgeliehen werden darf. Trotzdem wird demnächst alles ins Stadtzentrum von Philadelphia umquartiert.
Derek Gillman ist schon dort. Der Stiftungsdirektor wird nicht müde zu betonen, dass die Barnes Foundation fast an den Bestimmungen ihres Gründers zerbrochen wäre. Er hat weder Mühe noch Gerichtskosten gescheut, um den letzten Willen des Doktor Barnes außer Kraft setzen zu lassen. Und er ist überzeugt, Gutes getan zu haben.
"Anders als in Europa wird Kunst in den USA nicht vom Staat unterstützt. Die Bedingungen, unter denen wir in Merion operieren mussten, waren so strikt, dass kein Gönner etwas springen lassen wollte."
Für die Umsiedlung war das fehlende Geld indessen schnell da. Das neue Gebäude der Barnes Foundation ist fast fertig, 150 Millionen Dollar wird es kosten. Auch die Stadt Philadelphia zahlt mit, sie hofft auf einen Kunsttouristenboom. Ein Unding findet der Maler und Kritiker Jay Raymond. Es geht um Eigeninteressen und sonst nichts, sagt er.
"Für mich sind all diese Leute Vandalen. Es wäre billiger gewesen, die Barnes Foundation in ihrer ursprünglichen Umgebung zu erhalten – stattdessen fällt sie Prestigedenken und Geschäftskalkülen zum Opfer."
Der französische Maler Matisse hat die Barnes Foundation einmal als den einzig vernünftigen Platz bezeichnet, um Kunst in den USA zu sehen. Ihr neues Zuhause konfrontiert die Besucher unweigerlich mit der unangenehmen Frage, was es bedeutet, wenn das letzte Wort eines Testamentsverfassers schlicht übergangen wird.