Bunte Traumwelten für Erwachsene
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Jimmy Liao ist ein Bilderbuchkünstler aus Taiwan. Seine melancholischen Werke werden in Asien vor allem von Erwachsenen gelesen. Aktuell ist er auf Lesereise in Deutschland unterwegs und begeistert mit seinen Comics.
Sein erstes Buch war eigentlich ein Abschiedsgeschenk. Jimmy Liao erkrankte mit vierzig Jahren, 1998, an Leukämie und überlebte nur knapp. Das Buch "The secrets in the woods" widmete er seiner Tochter. Sie sollte es als Erwachsene lesen.
Nach der Krankheit wagte der ehemalige Werbefilmer einen radikalen künstlerischen Neuanfang. Schon vor dem Befund hatte er seine Arbeit in der Werbebranche gekündigt: "Ich konnte einfach mit meinen alten Illustrationen nichts mehr anfangen. Durch die Krankheit bin ich sehr sensibel geworden. Und dann habe ich angefangen, völlig neue Bilder zu malen."
Nach der Krankheit wagte der ehemalige Werbefilmer einen radikalen künstlerischen Neuanfang. Schon vor dem Befund hatte er seine Arbeit in der Werbebranche gekündigt: "Ich konnte einfach mit meinen alten Illustrationen nichts mehr anfangen. Durch die Krankheit bin ich sehr sensibel geworden. Und dann habe ich angefangen, völlig neue Bilder zu malen."
In kraftvollem, flächigem Acryl malt Jimmy Liao realistisch gezeichnete Traumwelten. "Ich versuche zwischen den Bildern eine Verbindung herzustellen. Und daraus entwickele ich eine Geschichte. Also, erst das Bild dann die Geschichte", sagt Liao. "Ich liebe Bilderbücher über alles! Auch Bilderbücher für Kinder. Aber die Themen, die ich ausdrücken möchte, die Sujets, die sprengen einfach den Rahmen, was eben für Kinder möglich ist."
Bilderbücher für Erwachsene
Er wollte unbedingt Geschichten im engen Zusammenspiel von Bild und Text zu erzählen. Jimmy Liao entwickelte das Format "Bilderbücher für Erwachsene". Vor zwanzig Jahren war das auch im asiatischen Raum ein absolutes Novum. "Aber weil ich dachte, ich sterbe ohnehin, war mir das völlig egal!"
Auch auf dem deutschen Buchmarkt gibt es im Bereich "künstlerisches Bilderbuch" Veröffentlichungen, die sich an ein erwachsenes Publikum richten. Doch sie sind zunächst für Kinder konzipiert. Jimmy Liao macht bei seinen Publikationen schon äußerlich klar: Diese Bücher sind für Erwachsene.
"Ich habe dann mit dem Verlag besprochen: Wir setzen auf kleine Buchformate und verdoppeln die Seitenzahl gegenüber normalen Bilderbüchern."
60 Bücher hat der heute 60-Jährige bisher veröffentlicht – nur fünf davon sind für Kinder. Dabei sind Kinder und Jugendliche seine Protagonisten. Abgeschnitten von der Welt der Erwachsenen leiden sie unter Vereinsamung. In "Sternennacht" heißt es:
"Mein Papa telefoniert ständig, und jedes Gespräch klingt sehr wichtig. Aber ich weiß sowieso nicht, was ich mit ihm reden soll, und ihm geht es wahrscheinlich auch so."
Dafür können Mädchen und Jungen Kontakt zu surrealen Gefühlswelten aufnehmen. Diese erschließen sich den Lesern ausschließlich über die Bilder.
Die Geschichten handeln von Tod, Krankheit oder Abschied
"Mein Vater ist gestorben, einige Jahre später meine Mutter. Taiwan wurde immer wieder von Erdbeben heimgesucht", sagt Jimmy Liao. "Mich deprimieren auch die Nachrichten, die Kriege, natürlich auch die politische Situationen von Taiwan."
Gibt es Trost? Im Buch "Das Kino des Lebens" findet ein kleines Mädchen sich fast jeden Tag gemeinsam mit seinem Vater in einem dunklen Kinosaal wieder. Dort versucht sie zu vergessen, was die hellen Tage überschattet: Den Tod der Mutter. Immer wieder sieht man auf den Buchseiten einen Kinosaal in Totale, aus der Perspektive der Leinwand. Und in den Zuschauergesichtern spiegeln sich die Filmgeschichten wieder.
Wenn das Licht angeht, bleiben der trauernde Vater und seine Tochter noch eine Weile in ihren Kinosessel sitzen. Später tragen die Filmgeschichten sie durch den Tag, durch das Leben. Jimmy Liao, ein begeisterter Kinogänger, blättert in "Das Kino des Lebens" und zeigt auf Filmplakate, die er in diesem Buch verarbeitet hat.
Gibt es Trost? Im Buch "Das Kino des Lebens" findet ein kleines Mädchen sich fast jeden Tag gemeinsam mit seinem Vater in einem dunklen Kinosaal wieder. Dort versucht sie zu vergessen, was die hellen Tage überschattet: Den Tod der Mutter. Immer wieder sieht man auf den Buchseiten einen Kinosaal in Totale, aus der Perspektive der Leinwand. Und in den Zuschauergesichtern spiegeln sich die Filmgeschichten wieder.
Wenn das Licht angeht, bleiben der trauernde Vater und seine Tochter noch eine Weile in ihren Kinosessel sitzen. Später tragen die Filmgeschichten sie durch den Tag, durch das Leben. Jimmy Liao, ein begeisterter Kinogänger, blättert in "Das Kino des Lebens" und zeigt auf Filmplakate, die er in diesem Buch verarbeitet hat.
Jimmy Liao geht häufig ins Kino, vor allem die Filme aus seiner Heimat Taiwan haben ihn geprägt. Dabei scheinen die Illustrationen, angefangen bei den Gesichter, der westlichen Welt zu entstammen.
Vincent van Gogh als Inspiration
Und wenn man das Buch "Der Klang der Farbe" aufschlägt, weiß man genau, von wem er sich inspiriert fühlt. Das Sonnengelb im Buch "Der Klang der Farben", das von einem blinden Mädchen erzählt, die sich bei einer U-Bahnfahrt die Stadt erschließt, erinnern an den niederländischen Künstler - und auch der schwarzblaue Nachthimmel mit den kreisrund gelb getupften Himmelskörpern auf dem Cover von "Die Sternennacht".
"Van Gogh – in seinen düstersten Zeiten hat er mit den prächtigsten, intensivsten Farben gemalt. Da war er schon kurz vor dem Tode. Offenbar gibt es da keinen Widerspruch zwischen kräftigen, wunderschönen Farben und einem melancholischen Seelenzustand."