Berliner Bildungspolitikerin sattelt um
„Ihr habt vom Schulalltag keine Ahnung“ – diesen Vorwurf müssen sich Bildungspolitiker oft von Eltern, Schülern und Lehrern anhören. © Imago / Rolf Poss
Quereinstieg ins Klassenzimmer
05:13 Minuten
Die Berliner Bildungspolitikerin Maja Lasić hat ihre politische Karriere beendet und arbeitet heute als Lehrerin an einer Brennpunktschule im Bezirk Wedding. Ihr gefällt die neue Herausforderung und der Bezug zur Unterrichtspraxis.
Gleich beginnt der Chemieunterricht, Maja Lasić schließt die Tür zum Vorbereitungsraum auf. In der Mitte des Zimmers übereinandergestapelte Akten, Schulbücher, Unterrichtsmaterialien, die auf einem großen Haufen liegen. „Das Chaos kommt daher, dass eigentlich hier ein großer Schrank war, der uns kürzlich zusammengebrochen ist", sagt Lasić .
Die Schule sei marode, sagt die frisch gebackene Lehrerin über ihren neuen Arbeitsplatz im Berliner Stadteil Wedding. Auf der Sanierungsliste der Bildungsverwaltung wird die Ernst-Reuter-Schule in der Abteilung „Großschadensfall“ geführt. „In unseren Experimentierräumen funktioniert das Gas nicht, in der Hälfte der Räume haben wir keinen Strom, die meisten unserer Smartboards machen Probleme, wir haben keinen Computerwart, der sie instandsetzen würde", beschreibt Lasić die Zustände. Die Ernst-Reuter-Schule sei ein Paradebeispiel dafür, womit man als Lehrkraft im Alltag zu kämpfen habe.
„Ihr habt vom Schulalltag keine Ahnung“
„Ihr habt vom Schulalltag keine Ahnung“ – diesen Vorwurf müssen sich Bildungspolitiker oft von Eltern, Schülern und Lehrern anhören, wenn – wieder einmal – etwas Praxisfernes im Parlament beschlossen wurde. Schluss damit, sagte sich die Berliner Bildungspolitikerin Maja Lasić. Die Sozialdemokratin, eigentlich für das Amt der Bildungssenatorin gehandelt, verpasste vergangenen Herbst den Wiedereinzug ins Parlament. Jetzt arbeitet sie als Quereinsteigerin in einer Brennpunktschule.
Mindestens 25 Millionen Euro sollen Teil-Abriss und Neubau der Schule kosten. Die gute Laune lässt sich Lasić davon nicht verderben. Probleme spornen die langjährige bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion nur an. Deshalb hat sich die Quereinsteigerin auch für eine Brennpunktschule entschieden.
Mit ihren beiden Mangelfächern Biologie und Chemie hätte sie überall anfangen können, doch ein Milieu mit braven Bildungsbürgerkindern war ihr zu langweilig. „Unsere Schüler sind vielfältig, wir haben fast hundert Prozent Kinder nicht-deutscher Herkunft, einen hohen Anteil Kinder aus dem Transferleistungsbezug, und dennoch sind wir eine Schule, die zum Abitur führt, und damit alle Wege eröffnet, und das finde ich äußerst spannend“, so Lasić .
Eingewandert aus Bosnien
Als Teenager floh Lasić mit ihren Eltern vor dem Bosnienkrieg nach Deutschland, machte ihr Abitur, studierte Biologie, promovierte in Biochemie. Es folgte zwei Jahre lang ein Job in der Pharmaindustrie. Dann der Wechsel in die Pädagogik – für die Bildungsinitiative „Teach first“ arbeitete sie an einer Berliner Hauptschule.
„Mich hat der Einsatz an einer Weddinger Hauptschule damals politisiert", sagt Lasić im Rückblick. Sie tritt in die SPD ein, arbeitet für einen sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten, wird direkt ins Abgeordnetenhaus gewählt und macht sich schnell einen Namen als Bildungspolitikerin, die weiß, wovon sie redet. Immer öfter fällt ihr Name, wenn es darum geht, das Amt der Berliner Bildungssenatorin neu zu besetzen.
Abschied von der Politik
Aber die Wahlsiegerin Franziska Giffey entscheidet sich stattdessen für die 64-jährige langjährige Schulleiterin Astrid-Sabine Busse. Das Angebot, Staatssekretärin zu werden, schlägt Lasić aus. „Man dreht zwar an den großen Schrauben, man ist aber ganz weit weg von den Menschen, für die man das Ganze macht.“
Deshalb entscheidet sie sich nach ihrer Wahlniederlage – das Direktmandat holte eine Grüne – für den Quereinstieg ins Schulamt. Die Ernst-Reuter-Schule liegt in ihrem früheren Wahlkreis. „Von allen Schulen fand ich diese hier am spannendsten", sagt die Ex-Politikerin. "Wir verändern unsere Pädagogik, schauen, wie wir die Schüler am besten fördern können." Da passiere viel und sie habe Teil davon sein wollen.
Deshalb entscheidet sie sich nach ihrer Wahlniederlage – das Direktmandat holte eine Grüne – für den Quereinstieg ins Schulamt. Die Ernst-Reuter-Schule liegt in ihrem früheren Wahlkreis. „Von allen Schulen fand ich diese hier am spannendsten", sagt die Ex-Politikerin. "Wir verändern unsere Pädagogik, schauen, wie wir die Schüler am besten fördern können." Da passiere viel und sie habe Teil davon sein wollen.