Bildung in der Coronakrise

"Die Schule fehlt als sozialer Lebensraum"

08:43 Minuten
Ein Schuljunge muß im Klassenzimmer alleine nachsitzen und streckt sich vor Müdigkeit (historischer Holzschnitt von 1880)
Gähnende Lehre statt gähnende Leere: Zurück in die Schule, heißt es nach der ersten Corona-Welle. Nur das "Wie?" ist noch umstritten. © imago images / imagebroker
Kai Maaz im Gespräch mit Axel Rahmlow |
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In den kommenden Wochen sollen die Schulen wieder öffnen. Zurück zur Normalität? Nicht wirklich, sagt Bildungsforscher Kai Maaz. Er sieht noch große Herausforderungen, auch in der Digitalisierung des Unterrichts.
Nach zwei Monaten Corona-Notbetrieb sollen die Schülerinnen und Schüler in den nächsten Wochen wieder langsam zurück in die Klassenzimmer. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Stefanie Hubig (SPD), hält eine Rückkehr zum Normalbetrieb in den Schulen in allen Bundesländern nach den Sommerferien für möglich. Ob mit oder ohne Abstandsregeln, das ist umstritten.
Aber von Normalität will Kai Maaz, Direktor des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung in Frankfurt am Main, lieber nicht sprechen: "Wir werden eine Reihe von Herausforderungen haben, die in diesem Schulhalbjahr entstanden sind und im neuen Schuljahr aufgearbeitet werden müssen."
Trotzdem findet er es wichtig, die Schulen möglichst wieder zu öffnen, wenn man es medizinisch vertreten kann, denn Schulen seien nicht nur Lernort, sondern auch sozialer Lebensraum. "Diese sozialen Möglichkeiten des Austausches, des Lernens, des Sich-Abarbeitens, des Ausprobierens - diese zentrale Funktion von Schule hat gefehlt."

Pandemie als Brennglas für digitale Defizite

Was die Digitalisierung des Unterrichts angeht, sei in den vergangenen Monaten "sehr viel passiert", sagt Maaz. Es gebe auch viele Lehrkräfte mit "hoher Expertise" in dem Bereich.
"Jetzt geht es darum, diese Expertise zu schärfen und zu überlegen: Kann man Standards einführen? Wo brauchen Lehrkräfte welche Weiterbildungsangebote, um für das neue Schuljahr vorbereitet zu sein?", so Maaz. "Aber das ist nicht eine Herausforderung, die aus der aktuellen Situation resultiert, hier wirkt die Pandemie eher wie ein Brennglas und hat darauf aufmerksam gemacht: Wir haben hier ein Defizit und wir müssen dieses angehen."
Maaz hält nicht viel von der Forderung, vorläufig nur Kernfächer wie Deutsch und Mathematik zu unterrichten. In weiterführenden Schulen sei das schwierig, weil man zum einen die Begabungen und Neigungen von Schülern berücksichtigen müsse, zum anderen seien "politische Bildung, Demokratiepädagogik oder Bildung für nachhaltige Entwicklung extrem wichtig und sollte damit auch im Fächerkanon vertreten sein".
(leg)
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