Die schwächsten Schüler werden am stärksten belastet
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Freiwillige Bildungsangebote für Schüler in den Ferien sollen coronabedingte Wissenslücken schließen. Das ist die Idee hinter dem "Aufholpaket" des Bundes. Nur wird es nicht die erreichen, die es nötig haben, sagt der Bildungsforscher Marcel Helbig.
Mit einem zwei Milliarden Euro schweren "Aufholpaket" will der Bund Kindern und Jugendlichen in den Ferien einerseits Freizeitmöglichkeiten schaffen, andererseits ihnen mit Förderangeboten ermöglichen, pandemiebedingte Lernrückstände aufzuholen.
Gegen schöne Freizeitangebote hat der Bildungsforscher Marcel Helbig vom Wissenschaftszentrum Berlin nichts einzuwenden. Die Bildungsmaßnahmen hält er dagegen für "widersinnig". Denn gerade die Schüler, die sie am nötigsten hätten, werden nach Helbigs Einschätzung von solchen Programmen nicht erreicht:
"Es sind sehr demotivierte Schüler, die uns im Homeschooling quasi verloren gegangen sind, und die jetzt dazu zu bringen, an diesen freiwilligen Programmen teilzunehmen, ist totaler Quatsch", sagt der Bildungssoziologe.
"Am Ende sind es dann die mittelguten Schüler aus mittleren und oberen Schichten, die daran teilnehmen, die denken, irgendwelche Rückstände zu haben, und die vielleicht auch objektiv welche haben."
Insofern würden hier die Kinder mit den größten Lernrückständen erneut am stärksten belastet, so Helbig weiter.
Zudem stelle sich die Frage, wo eigentlich das pädagogische Personal für diese Ferien-Bildungsangebote herkommen solle: "Am Ende wird es ein großes Hauen und Stechen um die wenigen pädagogischen Fachkräfte geben, die es da irgendwo gibt."
Besser das Schuljahr verlängern
Besser wäre es Helbig zufolge gewesen, man hätte das aktuelle Schuljahr um ein halbes Jahr verlängert. Dazu sei aber derzeit noch niemand bereit. Immerhin wolle Mecklenburg-Vorpommern den ersten Monat des neuen Schuljahres dazu nutzen, um den Schulstoff des letzten Schuljahres aufzuholen und zu verfestigen.
"Ein Monat ist viel zu wenig, aber das ist für mich der richtige Ansatz, dass man sagt: Wir müssen erst mal durchschnaufen, wir müssen erst mal gucken, was ist überhaupt bei den Schülern da, und das müssen wir aufholen", so Helbig.
"Und wenn das drei oder vier Monate im nächsten Schuljahr dauert, dann dauert es eben so lange."
(uko)