Weiterbildung

So funktioniert Bildungsurlaub

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Rechte für Beschäftigte: Hinter dem Bildungsurlaub steckt die Idee des lebenslangen Lernens. © imago / imagebroker / Oleksandr Latkun
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen haben Anspruch auf Bildungsurlaub. Eine bezahlte Extrazeit, die der Weiterbildung dient. Sie wird aber nur von 3,5 Prozent der Berechtigten genutzt. Dabei ist es gar nicht so kompliziert, daran zu kommen.
Sightseeing mit Sprachkurs in England, Yoga in Gelsenkirchen oder eine Studienreise über die deutsch-europäische Geschichte nach Budapest – für all das gibt es zusätzlich Urlaub: Bildungsurlaub. Das Gehalt läuft dabei wie bei einem normalen Urlaub auch weiter.

Was ist ein Bildungsurlaub?

Dahinter steckt die Idee des lebenslangen Lernens. Beschäftigte, die ihre Ausbildung längst abgeschlossen haben, können die zusätzlichen arbeitsfreien Tage zur Weiterbildung nutzen. Allerdings nutzt kaum jemand dieses Angebot.
Je nach Bundesland heißt es Bildungsurlaub, Bildungsfreistellung oder Bildungszeit. Außerdem gelten je nach Bundesland andere Regeln. Außer in Bayern und Sachsen haben Beschäftigte überall in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch auf eine Freistellung von der Arbeit für die Teilnahme an Weiterbildungen. Fast überall sind es fünf Tage pro Jahr für Vollzeitbeschäftigte.
Mehr als 46 Millionen Menschen sind laut Statistischem Bundesamt in Deutschland erwerbstätig. Nach einer aktuellen Schätzung des Ifo-Instituts nehmen bundesweit aber nur durchschnittlich 3,5 Prozent der Beschäftigten, die einen Anspruch haben, den Bildungsurlaub.
Laut dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sind es sogar noch weniger. So sind zwar 77 Prozent der Beschäftigten an Fortbildungen interessiert, aber nur ein bis zwei Prozent nehmen Bildungsurlaub. Dabei gibt es gar keine großen Hürden, um berechtigt zu sein oder einen Antrag zu stellen.

Urlaub und Bildungsurlaub: Was ist der Unterschied?

Auch wenn in Bildungsurlaub das Wort Urlaub drinsteckt, sind das keine fünf Tage Extraurlaub zum Spaß, unterstreicht Pascal Ecker. Er ist der Miteigentümer der Onlineplattform bildungsurlaub.de. Auf der Seite können sich Interessierte aus mehr als 10.000 Veranstaltungen von mehr als 300 anerkannten Bildungsträgern das passende aussuchen.
Inhaltlich muss der Bildungsurlaub nicht direkt mit dem Beruf zusammenhängen. Es ist auch möglich, sich ganz neuen Themen zu widmen.
„Das könnte etwas sein wie der Einfluss des Klimawandels oder Sprachen, Führung, IT oder Stressbewältigung“, erklärt Ecker. Darüber hinaus gibt es viele auf bestimmte Berufsgruppen oder Branchen zugeschnittene Angebote, wie für Erzieher oder Elektriker.

Welche Unterschiede gibt es in den Bundesländern?

In den meisten Bundesländern können die Ansprüche aus zwei Jahren zusammengelegt werden, sodass man zehn Tage am Stück hat. In manchen Bundesländern braucht es dafür einen Extraantrag. Wichtig ist, die ausgewählte Veranstaltung muss als Bildungsurlaub anerkannt sein, betont Pascal Ecker.
"Es gibt in Baden-Württemberg und NRW eine Anerkennung von Veranstaltern", so Ecker. "In allen anderen Bundesländern, die Bildungsurlaub haben, werden einzelne Veranstaltungen anerkannt."

Antworten zu weiteren Fragen auf bilundungsrlaub.de oder beim Deutschen Gewerkschaftsbund.

Außerdem können in Brandenburg einzelne Tage genommen werden, während in Hessen mindestens drei Tage zusammengelegt werden müssen. In NRW darf der Bildungsurlaub maximal 500 Kilometer Luftlinie von der Landesgrenze entfernt sein, andere Bundesländer haben keine Regeln für Entfernungen.
„Sie können mit der 500-Kilometer-Grenze in NRW kein Sprachkurs auf Hawaii machen, aber durchaus im südlichen England“, sagt Ecker von der Onlineplattform bildungsurlaub.de.

Darf der Arbeitgeber beim Bildungsurlaub mitreden?

Auf die Wahl des Kurses hat der Arbeitgeber keinen Einfluss. Es besteht aber eine Einschränkung, erläutert Petra Fleuth vom Bildungswerk Stenden in Düsseldorf. Laut einem Grundsatzurteil sollte der Arbeitgeber einen Mindestnutzen vom Bildungsurlaub haben. "Deshalb mischen sich viele Arbeitgeber auch in die inhaltliche Auswahl ein, obwohl sie das eigentlich vom Gesetz her nicht dürften", so Fleuth.
Experten und Expertinnen raten, keine Scheu vor Diskussionen mit dem Chef oder der Chefin zu haben. Denn Bildungsurlaub sei kein nice to have. "Es ist ein gesetzlicher Anspruch, der Arbeitnehmenden zusteht", unterstreicht Pascal Ecker.

So beantragt man Bildungsurlaub

Sobald man einen passenden Kurs gefunden hat, nimmt man Kontakt mit dem Anbieter auf und reserviert einen Platz. Dann erhält man ein Dokument mit allen wichtigen Daten. Das wird zusammen mit dem Antrag für den Bildungsurlaub beim Arbeitgeber eingereicht.
Wichtig ist: Alle Fristen müssen eingehalten werden, erläutert Pascal Ecker. In Nordrhein-Westfahlen müsse das z.B. sechs Wochen vor Beginn der Veranstaltung passieren.
Arbeitgeber dürfen Anträge auf Bildungsurlaub übrigens nur in wenigen Ausnahmefällen, wie aus terminlichen Gründen, ablehnen, erklärt Petra Fleuth. „Das können saisonale Gründe wie das Weihnachtsgeschäft oder die Hauptferienzeit in den Sommerferien sein, wenn viele Kolleginnen und Kollegen Urlaub haben. Dann kann der Arbeitgeber sagen, der Zeitpunkt passt nicht.“
Während des Bildungsurlaubs läuft das Gehalt weiter, die Kosten für den Kurs, muss der Beschäftigte aber meist selbst zahlen. „Es gibt kostenlose Bildungsurlaub, Seminare oder auch sehr günstige. Das geht hoch bis zu teuren Management- und Führungstrainings, die dann durchaus vierstellig kosten. Im Schnitt kostet ein Bildungsurlaub circa 500 Euro“, sagt Pascal Ecker.

Arbeitsplatzwechsel: Was passiert mit meinem Bildungsurlaub?

Bei einem Arbeitsplatzwechsel verfällt der Bildungsurlaub nicht. Es muss aber eine Frist beachtet werden. So gilt in den meisten Bundesländern bei einem neuen Beschäftigungsverhältnis eine "Mindestbeschäftigungsdauer", Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen können erst nach sechs oder neun Monaten Bildungsurlaub nehmen.
Wenn man beim alten Arbeitgeber einen Anspruch bereits zugesprochen bekommen hat, muss ein neuer Arbeitgeber diesen aber nicht anerkennen. Außerdem muss der neue Arbeitgeber darüber informiert werden, wenn man im laufenden Jahr schon einen Bildungsurlaub hatte.

jad
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