Ein selbstbestimmter Pin-up-Look
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Ausgerechnet Billie Eilish posiert in knapper Korsage auf dem Titel der britischen Vogue. Mit dem Pin-up-Look wehrt sich die bisher stets weite Kleidung tragende Sängerin gegen Erwartungen an sie, glaubt die Kulturwissenschaftlerin Freya Herrmann.
Die Musikerin Billie Eilish ist Cover-Model für die Juni-Ausgabe der britischen Vogue – und zeigt sich auf dem Titel überraschend freizügig: Statt Schlabberlook, auf den die 19-jährige Sängerin bisher konsequent setzte, trägt sie hier nur eine Korsage, unter der Spitzenunterwäsche hervorblitzt, Lackhandschuhe und einen hautengen Rock. In nur sechs Minuten bekam das Foto auf Eilishs Instagram-Profil mehr als zehn Millionen Likes. Laut der Fanseite "Billie Eilish Charts" ist das ein neuer Rekord.
Das Foto stellt eine Zäsur dar, denn zuvor zeigte sich Eilish in der Öffentlichkeit stets in weiter Kleidung. Die junge Musikerin wollte Diskussionen über ihre Figur oder ihr Gewicht verhindern. Im vergangenen Jahr hatte sie sich außerdem mit einem kurzen Videoclip gegen all jene gewehrt, die meinen, ihren Körper kommentieren und beurteilen zu müssen.
Inspiriert von Betty Brosmer
Mit ihren auffälligen Oversized-Looks habe Billie Eilish bisher mit der Inszenierung weiblicher Popstars gebrochen, sagt die Kulturwissenschaftlerin und Kostümbildnerin Freya Herrman, die zusammen mit Vera Klocke den Podcast "Fashion the Gaze" über Mode, Politik und Inszenierungen macht.
Nun, so Herrmann, inszeniere sich Eilish dagegen als "Vintage inspired Pin-up-Star". Als Referenz nenne die Musikerin selbst Betty Brosmer, eine Bodybuilderin und Pin-up-Model.
Billie Eilishs Selbstinszenierung sei ein "superaktiver Umgang" mit dem Blick auf die Sängerin, findet die Kulturwissenschaftlerin. Ihr Look auf dem Vogue-Titel funktioniere auf gewisse Art ähnlich wie ihre Oversized-Outfits, findet die Kulturwissenschaftlerin: Auch hier werde keine Natürlichkeit behauptet.
Hauptsache selbstbestimmt
Herrmann weist darauf hin, dass die Sängerin ihren Post des Coverfotos mit den Worten "Danke Vogue, dass ihr meine Vision respektiert habt" kommentiert hat. "Damit bezeichnet sie sich selbst als Urheberin dieser Inszenierung", erklärt die Kulturwissenschaftlerin.
Nachdem Paparazzi-Bilder von Billie Eilish im Tanktop aufgetaucht waren und die Sängerin Opfer von Bodyshaming wurde, hatte sie kommuniziert, dass für sie nur eine selbstbestimmte Inszenierung infrage komme. Das sei bei ihren jungen Fans aus der Generation Z sehr gut angekommen.
Dass Eilish sich nun so sexy inszeniere, nachdem sie sich der Sexualisierung ihres Körpers bislang durch den Schlabberlook entzogen habe, werde ihren Fans nicht aufstoßen, glaubt Herrmann.
In Korsage gegen Vereinnahmungen
Billie Eilish wurde schon zu einer Ikone der Body-Positivity-Bewegung erklärt. Dass sie nun in einer Korsage posiert, also in einem Kleidungsstück, das die Körper von Frauen gemaßregelt hat, zeigt für Herrmann, dass die Musikerin einfach das machen möchte, wonach ihr sei:
"Das offenbart, dass sie nicht zur Verfügung steht für diesen Blick auf sie, der immer wieder Forderungen stellt oder ein bestimmtes Bild von ihr erwartet."
(jfr)